Das Herz der Ozeane - Honky Tonk Pirates ; Bd. 5
ihm die Wahrheit!«
Doch Hannah schrie ihm ihren Hass ins Gesicht: »Ha! Die willst du nicht hören. Die erträgst du nicht, Kleiner. Ja, Kleiner! Denn du wirst nie so gut sein wie Nat! Nat ist Pirat. Er ist ein Käpten. Er hat schon ein Schiff und du bist ein …!«
»Nein!«
Will umfasste den Griff des Messers mit beiden Händen.
Da rief sie noch einmal. »Nein! Hört sofort auf!«
Will fuhr herum und das, was er sah, wollte und konnte er nicht glauben: Da kam eine zweite Hannah direkt auf ihn zu. Und sie sprang durch die Brandung und über die Felsen, aus Richtung der Hütte, aus der auch Will gekommen war.
»Hört sofort auf!«, wiederholte sie zornig und die andere Hannah stimmte ihr zu.
»Ja, genau! Hör auf! Lauf weg und versteck dich! Bleibe der Pimpf, der du die ganze Zeit warst.« Sie stand langsam auf und zeigte verächtlich auf die neu erschienene Hannah. »Sie ist die Hexe, Will. Sie will, dass du scheiterst. Los, töte den Kerl, der alles kaputt machen will. Töte den Teufel!« Sie ging auf ihn zu. »Das, was ich gerade getan hab, war nur ein Test. Ich wollte dir zeigen, wer dein wahrer Feind ist. Töte ihn Will, dann ist der Weg frei. Frei für uns beide.«
Sie nahm Wills Hände und drückte die Messerklinge gegen Nats Hals.
»Ich bitte dich, Will!«, flehte die neue Hannah.
»Hör nicht auf sie!« Die erste Hannah erhöhte den Duck, mit dem sie Will zwingen wollte zu töten. »Wo war sie, als du in der Hütte aufgewacht bist, wenn sie die Richtige ist? Du warst doch allein. Oder nein, Jay-Nice war bei dir, die Hexe. Will, hörst du! Denn ich war schon hier. Ich hab hier seit Tagen auf dich gewartet.« Sie blickte in seine zweifelnden Augen und presste die Klinge gegen Nats Hals. »Tu es, Will, tu es!«
»Nein! Bitte nicht!« Die neue Hannah zerbiss ihre Lippe. »Will, merkst du denn nicht, wer die Wahrheit sagt? Wie kann sie wissen, wer bei dir war, wenn sie selbst hier war, in dieser Bucht?«
»Das stimmt!«, lachte die erste und verwandelte sich im selben Augenblick in die alte hässliche Hexe. »Doch jetzt ist es dafür leider zu spät. Nat wird jetzt sterben!«
Sie stemmte ihr ganzes Gewicht auf Wills Hände, doch der riss sich los. Er schleuderte die Alte gegen die kantigen Felsen und blaffte sie an. »Nein. Das wird er nicht.«
»Ach ja!«, keuchte sie. »Das sehe ich anders. Schau ihn doch an.«
Will zögerte kurz. Er bekam große Angst und als er sich endlich traute, den Blick wieder zu senken, sah er in Nats entsetztes Gesicht. Ja, und dann sah er das Blut zwischen Nats Fingern hervorquellen, mit denen der seinen Hals umfasst hielt.
»Nein!«, schrie Will. »Nein! Das wollte ich nicht!«. Er warf einen verzweifelten Blick zur Hexe: »Was hast du getan?«
Doch die Hexe war weg und Will hörte, wie Hannah, seine Frage wiederholte.
»Will, was hast du getan!«
Da floh der verzweifelte Junge in die Felswand und kletterte so lange an ihr empor, bis er den großen Überhang erreichte. Er sah sich nicht um und deshalb sah er auch nicht, wie Hannah zu Nat ging. Sie kniete sich neben ihn und berührte die verkrampften Finger der blutigen Hand.
»Hey«, sagte sie zärtlich. »Lass mich mal sehen!«
Doch als er ihr endlich gehorchte, schloss sie die Augen. Ihre Angst war so groß. Sie wollte nach Blind Black Soul Whistle nicht auch noch Nat sterben sehen.
»Jetzt komm schon, sag’s mir!«, verlangte der Waldläufer, und weil ihr seine Stimme neuen Mut gab, weil er – verflixt noch mal – reden konnte, überwand sie die Angst. Sie untersuchte die Wunde und strahlte ihn an. »Es ist nur ein Kratzer. Oh, mein Gott! Will, dieser Bastard hat dir das Leben gerettet.«
Sie wollte ihm aufhelfen, doch Nat wehrte sich stöhnend. »Nun, so kann man es sehen!« Er hüstelte bitter und zeigte dann auf die andere Wunde. »Aber nur, weil er beim ersten Mal noch nicht richtig getroffen hat.«
Er blickte Hannah vorwurfsvoll an.
»Du liebst ihn doch! Oder irre ich mich? Jetzt sag’s schon. Sag endlich, was du fühlst.«
Er wollte ihre Hand fassen, doch Hannah wich aus. Sie hob ihren Blick zum Gipfel der Insel, wo sich der Überhang gegen die Wolken abhob.
Dort lag Will flach auf dem Boden und spähte heimlich zu ihr herab. Er sah, wie Nat Hannahs Hand nahm. Er sah, dass sie sie ihm nicht mehr entzog. Er sah, wie sie sich zu Nat zurückdrehte und ahnte ihr Lächeln, mit dem sie ihn ansah. Ja, und mit diesem Lächeln vor seinen Augen schaute er zu, wie Hannah Nat aufhalf. Wie sie zusammen zum
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