Das Herz der Savanne - Afrika-Roman
Weide waren. »Was muss ich tun, damit Sie einen Tropfen Menschenblut nach der Blutgruppe untersuchen?«
Der Arzt sah zu ihr hinüber und kniff leicht die Augen zusammen. »Sie müssten mich nur darum bitten.«
»Mehr nicht?«
»Sie werden Gründe haben, dass Sie mit diesem Anliegen nicht zu unserem Dr. Hausmann gehen.«
»Ja«, seufzte Ruth. »Die habe ich wirklich.«
»Ich sage Ihnen aber gleich, dass vierzig Prozent der Menschen dieselbe Blutgruppe haben.«
Schweigend fuhren sie weiter, reichten einander zum Abschied die Hand. »Rufen Sie mich an, wenn Sie mich brauchen, Miss. Ich schätze Ihren Verwalter sehr.«
»Willem van Leuwen?«
Der Tierarzt schüttelte den Kopf. »Ich meinte Ihren Verwalter, nicht den Verwalterhampelmann. Horatio hat mir erzählt, wie die Schwarzen ihre Tiere heilen. Hat mir sehr geholfen, der Mann, obwohl ich derjenige bin, der Tiermedizin studiert hat.« Er lachte rau, dann wandte er sich ab.
»Moment! Was hat er Ihnen für Geheimnisse verraten?«
Der Arzt lachte noch immer. »Ganz einfach! Er hat mir geraten, den Tieren beim Kalben einen Sud aus Mägdesüß zu geben. Das beruhigt sie. Besonders die Schafe. Hat gesagt, seine Mutter hätte das bei der einzigen Ziege, die sie je hatten, so gemacht. Guter Mann, Ihr Verwalter.«
Vor dem Abendessen badete Ruth die kleine Sally. Bisher hatten das Horatio oder Mama Elo gemacht. Die winzigen Fingerchen, deren Nägel man schneiden musste, damit Sally sich nicht das Gesicht zerkratzte. Das winzige Köpfchen, das gehalten werden wollte, sosehr die Kleine auch zappelte und im Wasser strampelte. Der kleine Körper, der sich in ihren Armen wand. Ruth hatte ständig Angst, sie könnte Sally wehtun. Horatio war da viel beherzter, und Mama Elo badete die Kleine, als hätte sie ihr ganzes Leben nichts anderes gemacht, als kleine Kinder zu baden.
Ruth stellte die grüne Plastikbadewanne auf den Küchentisch und füllte sie mit handwarmem Wasser. Dann zog sie Sally aus, drückte das nackte Kindchen an sich, kitzelte ihm den Bauch, bis es aufkreischte, und ließ es dann, während Mama Elo wachsam daneben stand, langsam in das Wasser gleiten. Mit einem Schwamm wusch sie Sally das Köpfchen, den Bauch, die Beinchen und Füße.
»Und jetzt musst du sie umdrehen. Lass sie mit der Brust auf deinem Unterarm liegen. Das wird ihr gefallen«, erklärte Mama Elo.
»Um Gottes willen, ich kann sie doch nicht einfach drehen. Sie wird ertrinken!«
Mama Elo lachte. »Mach es so, wie du es bei einem Lämmchen tun würdest.«
»Sally ist doch kein Schaf.«
»So groß sind die Unterschiede nun auch wieder nicht.« Mama Elo lachte noch immer.
Ruth nahm das nasse, zappelnde Bündel aus dem Wasser, drehte es vor ihrer Brust und ließ es langsam zurück ins Wasser gleiten. Sie fuhr der Kleinen mit dem feuchten Schwamm über den Hinterkopf, während Mama Elo ein Handtuch über einen Stuhl legte und diesen dicht vor den Herd schob, damit Sally ein weiches, warmes Handtuch hatte.
»Da! Mama Elo! Sieh mal. Was ist das? War das schon immer da? Wo kommt das her?« Ruth deutete aufgeregt mit dem Schwamm auf ein erbsgroßes Mal, das sich auf Sallys linker Pobacke befand. »Es sieht aus wie ein Sternchen.«
Mama Elo rückte ihre Brille zurecht. »Das ist ein Muttermal. Nichts, das dir Sorgen bereiten muss. Die meisten Menschen haben irgendwo Muttermale. So was vererbt sich eben.«
»Aber vorher habe ich es nicht gesehen«, beharrte Ruth.
»Das kommt vor in der Natur. Manche Muttermale sind schon bei der Geburt sichtbar, andere erscheinen etwas später. Mach dir keine Sorgen.« Sie lachte erneut ihr tiefes, warmes Lachen. »Du magst dich mit Schafen auskennen wie keine Zweite und auch mit Kälbchen, aber von Säuglingen hast du nicht besonders viel Ahnung.«
Ruth lächelte, wenn auch ein wenig schief. »Kein Wunder. Meine Schwangerschaft hat ja noch nicht einmal eine Stunde gedauert. Nur so lange, wie man für den Weg vom Haus bis zur Viehtreiberhütte braucht.«
Rose taxierte ihre ältere Tochter. »Sag mal, meine Liebe, du trägst den Granatring ja gar nicht, den ich dir zur Geburt deines ersten Kindes geschenkt habe.«
Die Familie saß beim Abendessen. Willem war heute ungewöhnlich still, und auch Corinne sah blass und angespannt aus. Rose dagegen schien die Gelassenheit und der Frohsinn schlechthin zu sein.
Corinne sah unwirsch auf. »Du weißt selbst, dass ein Stein fehlt. Bisher hatte ich kein Geld, mal eben so zu einem Juwelier zu gehen und mir einen neuen
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