Das Herz der Savanne - Afrika-Roman
Stein auszusuchen.«
»Hast du den Ring verkauft?«, fragte Rose, noch immer freundlich.
Corinne schüttelte den Kopf. »Warum sollte ich? Er hat ja kein Brot gefressen. Er liegt zu Hause in meinem Schmuckkästchen. Wenn Horatio nicht so ein Dieb wäre, hätte ich den Ring längst hier.«
Ruth wollte auffahren, aber Rose legte ihr eine Hand auf den Arm. »Horatio ist kein Dieb. Das weißt du besser als wir. Du hast ihn doch in dein Haus geschickt, oder nicht? Wurde er nicht genau dabei verhaftet? Nun, du hast dem Anwalt sicherlich mitgeteilt, wie die Sache wirklich war.« Roses letzte Worte waren ein wenig strenger gewesen.
»Nein, habe ich nicht. Warum auch? Willem war ebenfalls der Meinung, dass das nicht notwendig ist. Er hat gesagt, was gesagt werden musste. Zur Verhandlung werden wir sowieso noch einmal gehört.«
»Du hast nichts getan, um meinen Mann zu entlasten?«, entrüstete sich Ruth und knallte ihre Serviette heftig neben den Teller.
»Dein Mann, dass ich nicht lache! Horatio war ein Angestellter auf der Farm hier, mehr nicht, stimmt’s, Willem?«
Willem tupfte sich den Mund ab. »Für Ruth war er vielleicht ein wenig mehr, aber das ist ja nun vorbei. Wir haben Wichtigeres zu tun, als uns um solche Nebensächlichkeiten zu kümmern. Wenn du es genau wissen willst, Ruth: Ich habe Corinne verboten, in dieser Sache irgendetwas zu tun. Dafür haben wir schließlich Gerichte.«
Lange stand Ruth am Weidezaun und sah über das Land, das wie eine grausilberne Fläche vor ihr lag. Ihr Land. Salden’s Hill. Gleich würde sie nach Swakopmund aufbrechen. Und wenn sie wiederkam, würde nichts mehr so sein wie früher.
Ruth verspürte ein wenig Wehmut. Ihr war, als müsste sie Abschied nehmen, Abschied von ihrem bisherigen Leben. Aber wie sollte ihr neues Leben aussehen? Sie wünschte sich von Herzen, dass Horatio ein Teil davon wäre, aber um das zu wissen, musste sie nach Swakopmund fahren. Dass Willem weg musste von Salden’s Hill, dessen war sie sich sicher. Es war ihre Farm, verdammt! Sie hatte hier das Sagen. Corinne konnte er gern mitnehmen. Sie war zwar ihre Schwester, aber – noch einmal verdammt! – dann sollte sie sich gefälligst verhalten wie eine Schwester.
Als Ruth sich dessen bewusst geworden war, ging es ihr schlagartig besser. Am liebsten hätte sie die van Leuwens noch an diesem Abend vor die Tür gesetzt, aber dafür fehlte ihr schlicht die Zeit. Sie würden gehen müssen, sobald sie aus Swakopmund zurückkam.
Sie drehte sich um, sah zu den erleuchteten Fenstern des Hauses, das ihr in der letzten Zeit gar nicht mehr wie ein Zuhause erschienen war. In dem Zimmer, das Corinne jetzt bewohnte, würde sie für Horatio ein Arbeitszimmer einrichten, ein Zimmer nur für ihn allein. Und das kleine Zimmerchen zwischen dem zukünftigen Arbeitszimmer und dem Schlafzimmer würde sie für Sally herrichten. Bald konnte sie allein schlafen, in Hörweite. Sie sollte von Anfang an einen Raum nur für sich haben. Für die Verwalterwohnung mussten endlich neue Möbel gekauft werden, dazu Gardinen und Teppiche in fröhlichen Farben. Ein paar Nama-Schnitzereien könnten den Kaminsims schmücken.
Ruth lächelte, als sie die Wohnung in Gedanken mit wüstenfarbenen Wänden und einer Decke mit afrikanischen Mustern ausstattete.
Beruhigt und sicher, das Richtige zu tun, ging sie zurück zum Haus.
»Wir haben lange nichts von dir gehört.«
»Es geht hier alles langsamer, als ich dachte.«
»Du weißt, was für dich auf dem Spiel steht? Du hast Termine, hast Verpflichtungen.«
»Ja, ja, ich weiß doch. Aber ich kann nicht hexen.«
»Lass dir nicht zu viel Zeit. Unsere Behörde arbeitet gründlich und trifft konsequente Entscheidungen.«
»Willst du mir drohen?«
»Ich? Oh nein, wie sollte ich dir drohen? Hast du vergessen? Wir haben dich bereits in der Hand. Du bist uns auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.«
»Wie ich schon sagte: Es braucht alles seine Zeit.«
»Hast du Hinweise? Zeugen gefunden? Unregelmäßigkeiten aufgedeckt, die wir für unsere Zwecke nutzen könnten?«
»Ich arbeite dran.«
»Hör zu. Wir haben es satt, uns von dir hinhalten zu lassen, mein Lieber. Entweder du lieferst innerhalb einer Woche etwas, mit dem wir was anfangen können, oder wir werden unsererseits tätig.«
»Eine Woche? Viel zu kurz. Das schaffe ich nie.«
»Dein Problem. Du hattest genug Zeit. Für meinen Geschmack hast du uns schon viel zu lang hingehalten.«
»Na, hör mal, immerhin habe ich dir einen
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