Das Herz der Savanne - Afrika-Roman
Outwater?«
Der Mann schaute seine Chefin verständnislos an.
»Gut, du hast recht, ihn kannst du nicht kennen. Er kam erst, als du schon weg warst. Also war es ein weißer Mann, der hier in die Gegend gehört. War es Nath Miller?«
Santo schwieg.
»Du musst keine Angst haben. Alles, was du sagst, bleibt unter uns. Niemand erfährt ein Sterbenswörtchen.«
Plötzlich ertönte aus dem Haus Babygeschrei, kurz darauf hörte Ruth, wie Mama Elo beruhigend auf das Kind einredete.
Santo blickte zu dem Fenster, in dem gerade das Licht angegangen war.
»Das ist deine Enkelin, Santo«, erklärte Ruth. »Sie ist wunderschön. Wir haben sie Sally genannt. Horatio und ich werden ihre Eltern sein.«
»Geht es ihr gut?«, fragte Santo mit brüchiger Stimme.
»Ja, es geht ihr gut. Sie hat alles, was sie braucht. Und sie ist schön, Santo. So schön, wie Ama war.« Ruth sah, dass ihrem Vorarbeiter Tränen über die Wangen liefen. »Wir lieben Sally, als wäre sie unser eigenes Kind«, fuhr sie eilig fort. »Wir würden alles für sie tun. Alles, verstehst du, Santo? Sie soll mit Vater und Mutter aufwachsen. Sie soll niemals darunter leiden, dass sie weder schwarz noch weiß ist. Sie ist wie Horatio und ich. Ama soll stolz auf ihr kleines Mädchen sein, Ama soll mit uns zufrieden sein. Wir lieben sie so, wie du dein Mädchen geliebt hast. Aber wenn Horatio nicht wiederkommt, dann wird sie es schwer haben, deine kleine Enkelin, die deiner Tochter schon jetzt so ähnlich sieht.«
Ruth sah, wie es in Santo arbeitete. Sein Blick hing an dem erleuchteten Fenster, seine Kieferknochen mahlten.
»Willem van Leuwen«, stieß er schließlich hervor. »Er war manchmal im Pontokdorf.«
»Was hat er da gemacht?«, fragte Ruth.
Santos Lippen zitterten. »Er kam nie richtig bis zu uns. Er blieb bei den Bäumen stehen, drüben im Kameldornhain. Manchmal nur kurz, manchmal länger. Dann ging er wieder.«
»Mehr nicht?«
Santo sah zu Boden und schüttelte den Kopf.
»Das ist alles? Nein, Santo, das glaube ich dir nicht. Was ist noch passiert?«
Er sah noch einmal nach oben zu dem Fenster, hinter dem seine Enkelin sich in den Schlaf weinte. »Manchmal winkte er einem unserer Mädchen.«
»Und dann?«
»Wir hatten ihnen gesagt, sie sollen so tun, als würden sie es nicht bemerken.«
»Und dann?«
Santo schwieg.
»Und dann, vermutest du, ist eine von ihnen doch mit ihm gegangen, oder? Und sicher nicht freiwillig.«
Santo antwortete nicht. »Ich muss fort«, sagte er, nahm den Korb und verschwand in der Dunkelheit.
Ruth setzte sich wieder, öffnete eine neue Flasche Bier. Willem war also hinter den schwarzen Mädchen her. Das überraschte sie nicht im Geringsten. War er am Ende gar Sallys Vater? Nein, das war nicht möglich. Er hätte nicht hierherkommen können, ohne dass jemand etwas davon bemerkt hatte. Sally war im März geboren. Im Juni des letzten Jahres musste Ama also schwanger geworden sein, und im letzten Juni waren weder Willem noch Corinne auf Salden’s Hill gewesen. Nicht im Juni und nicht in den Monaten und Jahren davor. Erst als Ruth mit Horatios Hilfe ihre Großmutter gefunden hatte und reich geworden war, waren die van Leuwens hier aufgetaucht.
Nein, dachte Ruth. Willem ist ein Scheißkerl, aber das konnte er nicht gewesen sein. Doch hatte Rose nicht erzählt, er sei mehrfach in Gobabis gewesen?
Ruth trank ihr Bier aus und stand auf. Sie musste wissen, seit wann Willem hier die Gegend unsicher machte. Aber selbst, wenn er hier gewesen war, ohne dass sie es bemerkt hatte, wie sollte er sich ins Pontokdorf geschlichen haben können, ohne dass die Eingeborenen Alarm schlugen?
»Ich fahre heute Abend«, erklärte Ruth am Morgen ihrer Mutter. »Ich fahre, wenn alle anderen schlafen. Dann wissen sie nicht, wann ich wo bin. Außerdem kommt heute der Tierarzt. Ich will ihm die trächtigen Mutterschafe zeigen.«
Rose nickte. »Gut. Aber bleib dabei: zu niemandem ein Wort.«
Draußen hupte ein Auto. »Dr. Litt«, erklärte Ruth. »Ich muss raus.«
Als sie wenig später mit dem Arzt über die Weiden fuhr, fragte sie vorsichtig: »Könnten Sie aus einem Tropfen Blut eine Blutgruppe bestimmen?«
»Klar kann ich das. Das mache ich jeden Tag.«
»Könnten Sie das auch bei einem Menschen?«
»Klar kann ich das. Aber mit Menschenkrankheiten kenne ich mich nicht aus. Es sei denn, einer hätte die Maul- und Klauenseuche.«
Ruth schwieg eine Weile und nahm das Gespräch erst wieder auf, als sie auf der Rückfahrt von der
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