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Das Herz der Savanne - Afrika-Roman

Das Herz der Savanne - Afrika-Roman

Titel: Das Herz der Savanne - Afrika-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Stolz und großem Ehrgefühl. »Ich werde Mama Elo sagen, sie soll heute Nacht ein wenig zu essen und zu trinken und eine Decke auf die Veranda stellen.«
    Santo nickte. Danken konnte er ihr nicht, denn es war Gesetz, während der Suche allein für sich zu sorgen.
    »Dann tu, was du tun musst, Santo. Ich freue mich jedenfalls, wenn du zurück auf die Farm kommst und wieder mit uns lebst. Nur eins muss ich noch wissen: Warst du an unserem Waffenschrank? Hast du die Gewehre gestohlen? Hast du die Zuchtstiere der Nachbarn erschossen?«
    Santo schüttelte so heftig den Kopf, dass die Haare flogen. »Nein, Bass. Das habe ich nicht. Ich kann mit Gewehren umgehen, das wissen Sie. Ich habe selbst eins, heimlich. Warum sollte ich eure Gewehre stehlen, wo ich doch selbst eine Waffe habe? Außerdem haben mir die Ahnen verboten, Waffen zu benutzen. ›Benutze deinen Verstand‹, haben sie gesagt. Stiere habe ich auch nicht erschossen. Wessen Stiere eigentlich?«
    »Die Zuchtstiere der Nachbarfarmen. Die Tiere der Millers, Schüsslers, den Stier von Kathi Markworth und noch zwei andere.«
    »Uns Nama sind die Rinder heilig.«
    Santos Atem ging heftig. Ein Mann in seiner Situation log nicht. Log jetzt nicht und niemals mehr. Er hatte ohnehin alles verloren. Warum sollte er noch lügen?
    Ruth legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Ich weiß, Santo. Ich habe auch nie geglaubt, dass du es warst, der die Waffen gestohlen und die Tiere erschossen hat. Ich habe nur gefragt, weil ich alle fragen muss. Und ich denke, es ist dir lieber, dass ich frage, anstatt dass Sergeant Lang dich verhört.«
    »Danke, Miss.« Santo war jenseits von Bitte und Danke. Aber er funktionierte noch. Ein Rest dessen, was er einmal gewesen war, war noch vorhanden, wie eine Erinnerung, die allmählich verblasste. Ruth graute vor diesem menschlichen Wrack. Mehr, als es sie vor einem Toten gegraust hätte.
    »Gut, dann gehe ich jetzt.«
    »Ja, Miss. Und wenn Sie Thala sehen, sagen Sie ihr ... Nein, sagen Sie nichts. Auch sie soll erst von mir hören, wenn meine Aufgabe erledigt ist.«
    Aber was wirst du dann tun?, fragte sich Ruth in Gedanken. Wirst du wirklich zurückgehen in dein Dorf und zu den Deinen? Kannst du das denn noch? Leben, meine ich. Kannst du noch leben?
    Sie nickte, hob die Hand, sagte beiläufig: »Nachts, auf der Veranda«, dann holte sie ihr Pferd und ritt zurück auf die Farm.
    Unterwegs spürte sie, wie die Starre sich löste. Langsam kehrte das Leben in sie zurück. Sie konnte ihre Füße wieder fühlen, die Hände, ihr Herz. Santo. Er wusste, was zu tun war, die Ahnen hatten es ihm gesagt. Ruth beneidete ihn um diese Aufgabe, diesen Auftrag, obwohl ihr Vorarbeiter bei Gott nicht zu beneiden war. Wie gern hätte sie jemanden gehabt, der ihr sagen würde, was sie zu tun hatte. Aber da war niemand. Sie musste sich auf ihren eigenen Verstand verlassen. Und auf ihr Herz. Aber wenigstens das wusste sie jetzt. Und also kehrte sie ein bisschen froher, ein wenig zuversichtlicher heim, als sie weggeritten war.
    Sie stieg vor dem Stall vom Pferd, band es an, rieb es mit Stroh trocken und war dabei so in Gedanken, dass sie Robert Outwater nicht hörte, der aus der Käserei herüberkam.
    Er stand mit einem Mal neben ihr, kraulte dem Pferd die Ohren. »Wie geht es dir?«, fragte er.
    Ruth fuhr auf. »Dir?«
    Er lachte leise. »Gut. Dann eben Ihnen . Wie geht es Ihnen, Bass?«
    »Danke. Ich hoffe, in der Käserei ist alles in Ordnung? Ich war lange nicht da.«
    »Vielleicht kommen Sie mal wieder.« Der Satz war beinahe geflüstert, und doch spürte Ruth, wie ihr die Röte in die Wangen schoss. Sie ließ die Hand mit dem Stroh sinken.
    »Hören Sie«, sprach sie. »Was da passiert ist in der Milchkammer, es hat nichts zu bedeuten. Rein gar nichts, nicht das Geringste. Am besten ist es, wir vergessen, dass da jemals etwas war. Ich war durcheinander, verwirrt, eigentlich nicht recht bei Sinnen. Es war ein Versehen.« Sie hatte gesagt, was gesagt werden musste, und wandte sich wieder dem Pferd zu.
    »Wirklich?«, hörte sie Robert Outwater hinter ihrem Rücken fragen. »Hatte es wirklich nichts zu bedeuten? Schade. Mir hat es nämlich etwas bedeutet. Sehr viel sogar, Ruth.«
    Zum Abendessen traf sich die Familie wie stets im Salon. Mama Elo hatte Gnu-Steaks gebraten, dazu gab es eingelegten Kürbis und Maisbrei.
    Willem hatte sich die Ärmel hochgekrempelt und hieb mit der Gabel in den Maisbrei, als gelte es, einen Feind zu besiegen. Rose sah ihm kurz zu und

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