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Das Herz der Savanne - Afrika-Roman

Das Herz der Savanne - Afrika-Roman

Titel: Das Herz der Savanne - Afrika-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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den Schultern. »Mit Leuten eben.«
    »Also mit Leuten von hier. Mit Leuten, die du und ich kennen.«
    »Das kann ich dir wirklich nicht sagen. Mein Geschäft lebt von der Diskretion.«
    Rose holte einen dritten Schein aus ihrer Geldbörse.
    »Lass stecken«, sagte der Wirt. »Von mir erfährst du kein einziges Wort mehr. Ich habe ohnehin schon zu viel gesagt.«
    »Ich werde schweigen, das weißt du. Ohnehin will ich nur das wissen, was meine Familie betrifft. Wer sich hier sonst mit wem trifft, ist mir egal. Also? Ein Hinweis. Nur ein einziger.«
    Der Wirt sah sich um, schloss dann die Tür, die zum Gastraum führte. »Ich kann dir keine Namen nennen. Das verstehst du sicher. Ich sage dir nur, dass es sich nicht immer um die Leute handelt, die du hier ständig antriffst.«
    »Nur ich? Die ich hier nicht treffe?«
    Der Wirt schüttelte den Kopf. »Nein, jeder hier in der Gegend.«
    »Danke«, erwiderte Rose nachdenklich. »Danke dir, jetzt weiß ich, wen und was du meinst ... Wann war er denn das letzte Mal hier, mein Schwiegersohn?«
    Der Wirt kniff die Lippen zusammen.
    Rose lächelte. »Wäre ich eine Lügnerin, wenn ich sagte, er war im letzten Monat hier?«
    Der Wirt schüttelte den Kopf.
    »Würde ich lügen, wenn ich behaupte, er war vor zwei Wochen hier?«
    Der Wirt schüttelte den Kopf.
    »Würde ich auch lügen, wenn ich sage, er war letzte Woche hier?«
    »Ja, das wäre eine Lüge«, erwiderte der Wirt, warf sich den Lappen über die Schulter und verließ eilig den Raum.

Sechsundzwanzigstes Kapitel
    » D u?« Ruth traute ihren Augen nicht, dann aber lachte sie laut auf, breitete die Arme aus und umfing den Mann. »Ich habe dich so vermisst«, sagte sie, schob ihn ein Stück von sich und schlug ihm auf die Schulter. »Ich habe dich so sehr vermisst. Wo warst du?«
    Santo taumelte ein wenig. »Ich war in der Wüste, musste mich reinigen, wie es die Rituale verlangen. Ich durfte nichts essen, nichts trinken, nur sitzen und warten, bis der Geist der Ahnen über mich kommt.«
    Erst jetzt sah Ruth, wie schmal ihr Vorarbeiter geworden war. Sein Gesicht sah aus wie das eines uralten Mannes, obwohl er gerade die vierzig überschritten hatte. Seine Wangen waren nicht nur eingefallen, sondern regelrecht hohl. Dafür zeigten die Augen einen unnatürlichen Glanz. Santos Lippen waren rissig und spröde, seine Kleidung hing in Fetzen an ihm hinab, er war verschwitzt und dreckig. Santo war kein Mann mehr, er war das gelebte Elend, das Leid an sich.
    Ruth schrak zurück. In Santos Augen lag ein Ausdruck, den sie nicht ertragen konnte. Das Leid, dachte sie, dieses unfassbare Leid entfernt ihn von den Menschen, die noch wissen, was Lachen heißt. Kein Wunder, dass er in die Wüste gehen musste.
    »Hier, trink!« Ruth reichte ihm ihre Wasserflasche. Ohne abzusetzen, trank Santo sie aus. »Haben die Ahnen zu dir gesprochen?«, fragte sie behutsam.
    »Ja. Jetzt kann ich aus der Wildnis zurückkehren. Jetzt darf mein Name wieder genannt werden.«
    »Was haben die Ahnen dir gesagt?«
    Santo räusperte sich. »Ich glaube nicht, dass Sie das verstehen, Bass.«
    »Du kannst ja versuchen, es mir zu erklären.«
    Santo nickte, wischte sich mit dem Handrücken über die Lippen. »Sie haben gesagt, dass mir niemand helfen wird. Dass ich mir allein helfen muss.«
    »Und was heißt das?«
    Santo sah zu Boden, zögerte.
    »Komm, sag es mir. Du weißt, dass du mir vertrauen kannst.«
    »Sie haben gesagt, dass ich den Mann finden muss, der meine Tochter geschwängert hat. Erst wenn mir das gelungen ist, können Ama und ich in das Reich der Ahnen einkehren.«
    »Aha. Also Auge um Auge, Zahn um Zahn?«
    Santo schüttelte den Kopf. »Nein. Nicht Auge um Auge. Nur finden soll ich ihn. Die Ahnen werden ihn strafen. Ich selbst darf keine Hand anlegen, sosehr ich es auch möchte. Aber wenn ich ihn gefunden habe, dann kehre ich zurück in mein Dorf und nehme meinen Platz neben Thala wieder ein.«
    »Und bis dahin?«
    Santo hob das Gesicht. Sein brennender Blick versengte Ruth beinahe die Haut. »Ich möchte hierbleiben. Hier, in der Hütte. Hier hat Ama das Kind bekommen. Hier hat sie es wahrscheinlich auch empfangen. Man sagt, dass der Verbrecher zum Ort seiner Tat zurückkommt. Ich werde hier auf ihn warten.«
    Ruth nickte. Sie kannte Santo lange genug, um zu wissen, dass die Worte der Ahnen Gesetz waren. Nichts und niemand würde Santo davon überzeugen, dass es richtiger wäre zu gehen. Er war ein schwarzer Mann mit einem starken schwarzen

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