Das Herz der Savanne - Afrika-Roman
hier weitergehen?«, fragte Rose.
Sie saß an ihrem Schreibtisch, Ruth in dem gepolsterten Stuhl davor.
»Was meinst du damit?«
»Nun, in einem hat Willem recht. Wir haben keinen Verwalter.«
»Den hatten wir auch früher nicht. Ich dulde nicht, dass sich Willem hier in alles einmischt. Da mag Corinne noch sosehr bitten.«
»Stimmt. Du hast alles allein gemacht. Aber nun ist die Farm gewachsen, wir haben eine Käserei, und du hast Sally, die ihre Mutter auch hin und wieder braucht.«
Es war das erste Mal, dass Rose ihre Tochter als Sallys Mutter bezeichnet hatte.
»Also? Hast du Pläne?«
»Wie sollte ich? Ich weiß doch nicht, wie es mit Horatio weitergeht. Ich will nur nicht, dass Willem meinen Arbeitern sagt, was sie zu tun haben.«
»Hast du etwas von Horatio gehört?«
Ruth schluckte. »Nichts. Gar nichts. Er antwortet nicht auf meine Briefe.«
»Hmm«, machte Rose und griff über den Schreibtisch nach der Hand ihrer Tochter. »Hast du einmal überlegt, was wäre, wenn er nicht wiederkäme?«
Ganz sanft hatte sie gesprochen, und doch brach Ruth bei diesen Worten in Tränen aus. Rose ließ sie eine Weile weinen, ehe sie sagte: »Es kann sein, dass er zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wird. Willem hat mit Horatios Anwalt gesprochen. Es gibt wohl so etwas wie Beweise.«
»Ich weiß, mir hat Willem das alles auch erzählt«, schluchzte Ruth. »Aber ich weiß ebenso, dass er die Dinge, die ihm vorgeworfen werden, nicht getan hat.«
»Du weißt das, ich weiß das. Aber es nützt nichts, und auch das wissen wir.«
Ruth nickte, knüllte ein Taschentuch in ihren Händen.
Rose wechselte behutsam das Thema. »Es ist nicht alles schlecht. Die Käserei läuft gut. Wir haben nicht nur Bestellungen aus Swakopmund und Gobabis, nein, es kam sogar eine Anfrage aus Windhoek. Bist du mit Robert Outwater zufrieden?«
»Er arbeitet gut. Seine Käse sind hervorragend. Und er scheint mit den Auftraggebern gut auszukommen. Seit er jede Woche zum Hansa-Hotel fährt, haben sich die Bestellungen verdoppelt. Er hat sogar schon davon gesprochen, dass auch andere Hotels unsere Produkte haben wollen.«
»Tja, aber sicher weiß er auch, dass er gut ist. Es wird nicht mehr lange dauern, bis die Ersten kommen, um ihn abzuwerben. Du weißt, Nathan Miller will eine große Molkerei bauen. Er leckt sich alle zehn Finger nach Outwater. Wir müssen uns etwas ausdenken, um ihn zu halten.«
Ruth nickte, sagte kein Wort.
Langsam verlor Rose die Geduld. »Hast du keine Idee?«
Ruth schüttelte den Kopf.
»Das dachte ich mir. Aber ich habe eine. Wir wäre es, wenn wir Outwater übergangsweise zum Verwalter machen?«
Ruth sah auf. »Und Willem? Wie willst du ihn loswerden? Er ist eine Zecke.«
»Das stimmt leider. Auch ich traue ihm nicht. Nicht von zwölf Uhr bis mittags. Du etwa?«
»Natürlich nicht. Aber er ist Corinnes Mann.«
»Ja. Und Salden’s Hill ist deine Farm. Du triffst die Entscheidungen.« Rose stand auf, öffnete das Sideboard und holte eine Flasche Whiskey heraus. »Willst du?«
»Ja.«
Die beiden Frauen nippten an ihren Gläsern. Dann ergriff Rose wieder das Wort: »Ruth, ich weiß, du hast es im Augenblick nicht leicht. Trotzdem läuft die Farm weiter. Wenn du nicht aufpasst, hat sich Willem hier eingenistet. Und Corinne, na, du weißt ja, wie sie ist. Willst du das?«
»Natürlich nicht.« Ruth stellte ihr Glas mit einem leisen Knall auf dem Tisch ab. »Mutter, was hast du vor?«
Rose goss sich einen zweiten Whiskey ein, ehe sie sagte: »Ich glaube wirklich, wir sollten zusehen, dass Willem von hier verschwindet. Er verunsichert die Leute, er hat keine Ahnung, gibt blödsinnige Anweisungen und redet uns im Pub von Gobabis um Kopf und Kragen.«
»Und wie willst du das anstellen?«
Rose zuckte mit den Schultern. »Das weiß ich tatsächlich noch nicht. Aber bald. Sehr bald schon. Und Outwater bleibt nur, wenn wir ihm etwas bieten.«
»Ich weiß nicht«, erwiderte Ruth. »Ich weiß im Augenblick überhaupt nichts. Wenigstens ist Santo zurück. Ich habe ihn heute bei der alten Viehhütte getroffen.«
»Santo?«
»Ja. Er war in der Wüste. Dort haben ihm die Ahnen gesagt, er solle den Vergewaltiger seiner Tochter finden, erst dann dürfe er in die Gemeinschaft der Nama und zu Thala zurück.«
»Interessant«, entgegnete Rose. »Sehr interessant.« Sie trank ihr Glas aus, dann fragte sie: »Hast du dir eigentlich mal überlegt, wem es nützt, dass die Zuchtstiere tot sind?«
»Nein. Wieso?«
»In der
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