Das Herz der Savanne - Afrika-Roman
verzog angewidert das Gesicht.
Willem bemerkte es trotzdem. »Negeressen«, erklärte er mit schriller Stimme und deutete mit der Gabel auf seinen verschmierten Teller. »Das hier ist Negeressen. Kein Wunder, dass du den Mund verziehst. Es wird Zeit, sich die beiden alten schwarzen Weiber mal vorzuknöpfen.«
Mama Elo, die gerade die selbst gemachte Limonade brachte, hatte seine Worte gehört. Ängstlich sah sie zu Rose. Diese nickte ihr aufmunternd zu. »Du siehst schön aus in dem neuen Kleid. Es steht dir gut.«
Mama Elo lächelte. »Danke.«
»Davon wird der Fraß hier auch nicht besser. Er schmeckt nicht, ganz gleich, in welchem Kleid die Alte ihn bereitet! Ein weißer Mann will Kartoffeln und Gemüse. Richtiges Gemüse. Nicht diese Pampe. Und Fleisch. Dicke, saftige Steaks, kross gebraten von außen, in der Mitte blutig.«
Rose legte ihr Besteck zur Seite. Ihr reichte es. »Bei uns wird gegessen, was auf den Tisch kommt. Wenn es dir nicht schmeckt, kannst du gern nach Gobabis ins Hotel fahren und dir bestellen, was du magst. Allerdings musst du dort bezahlen. Hier nicht.«
Willem wischte mit der Hand durch die Luft. »Ich arbeite hier; ich habe aus lauter Gutmütigkeit und Familiensinn die Aufgaben des Verwalters übernommen, solange diese Farm ohne Verwalter ist.«
Ruth sah Willem verblüfft an. »Du mimst jetzt tatsächlich hier den Verwalter? Ohne mich zu fragen?«
»Irgendwer muss es ja tun. Irgendein Mann muss sich dafür finden.«
Ruth fasste es nicht. Willem strahlte bei alldem eine Selbstgerechtigkeit aus, die ihr beinahe die Sprache raubte. »Gut. Wie viele Säcke Kraftfutter hast du bestellt? Und wann kommt der Laster, der die Mutterschafe zur Auktion bringen soll? Sind wir überhaupt schon angemeldet? Hast du kontrolliert, welche der Mutterschafe besamt sind?« Ruths Stimme klang sogar für ihre eigenen Ohren schrill.
Willem schob seinen Teller zurück. »Ich sagte, ich bin Verwalter, kein Landarbeiter. Den Laster werde ich bestellen, sobald du mir sagst, wo. Ob die Viecher einen dicken Wanst kriegen oder nicht, sollen die Farmarbeiter mir sagen. Oder der Viehdoktor.«
»Gut ...« Ruth nickte und aß langsam weiter. So langsam, dass das Essen auf dem Weg vom Teller zu ihrem Mund kalt wurde. Nur so ließ sich der Aufruhr in ihrem Inneren besänftigen. Am Anfang hatte sie es für Großmannssucht gehalten und hatte Willem den Verwalter spielen lassen, weil sie ihn zum einen nicht ernst nahm und zum anderen mit sich selbst ins Reine kommen musste. Jetzt wurde ihr klar, dass Willem tatsächlich dabei war, das Zepter auf Salden’s Hill an sich zu reißen. Dann erst, nach dem letzten Bissen, tupfte sie sich mit der Serviette den Mund ab. »Wer hat dich eigentlich als Verwalter bestellt, Willem? Die Besitzerin der Farm war es jedenfalls nicht.«
»Ich sehe selbst, wo Not am Mann ist.«
Corinne meldete sich überraschend schüchtern zu Wort. Fast bittend wandte sie sich an Ruth: »Lass ihn. Er ist ein Mann aus der Stadt. Ein Geschäftsmann, verstehst du? Er zieht die Sachen anders auf als einer vom Land. Wir sollten ihm dankbar sein, dass er sich kümmert. Außerdem braucht Willem etwas zu tun.«
Der Mann, der angeblich etwas zu tun brauchte, fuhr herum, stieß die Gabel in die Richtung seiner Frau. »Du dumme Pute!«, fuhr er sie an. »Meinst du wirklich, ich bin aus Langeweile hier? In der Stadt warten Geschäfte. Wichtige Geschäfte. Und statt mich darum zu kümmern, sorge ich mich um die Familie, in der alles drunter und drüber geht, wenn ich mal nicht aufpasse.«
Corinne duckte sich, als wäre jedes einzelne Wort ein Schlag in ihr Gesicht. »Verzeih«, murmelte sie. »Du hast ja recht. Selbstverständlich hast du recht. Wie undankbar und gedankenlos von mir. Du reißt dir die Knochen auf, um uns zu helfen, bist selbstlos und großzügig.«
»Hmm«, brummte Willem.
Ruth sah der Szene mit großen Augen zu. Auf einmal begriff sie, dass es hier gar nicht um die Farm ging, sondern um etwas ganz anderes. Aber um was?
Rose hatte unterdessen ungestört weitergegessen. Nun legte sie ihr Besteck auf den Teller, tupfte sich mit der Serviette den Mund ab. »Ich möchte dich nach dem Sundowner sprechen, Ruth. Am besten in meinem Büro.«
Ruth nickte.
Willem merkte auf. »Geht es um Angelegenheiten der Farm? Sollte ich bei dem Gespräch nicht besser dabei sein?«
Rose schüttelte den Kopf. »Ein Gespräch zwischen Mutter und Tochter. Das ist alles.«
Siebenundzwanzigstes Kapitel
W ie soll es
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