Das Herz Der Woelfin
sie die Tür wieder geschlossen hatte, kleidete sie sich flink an.
*
Als Ylfa in Begleitung der Magd Begga die Halle betrat, wurde ihre Frage nach dem Verbleib des Grafen beantwortet. Zwei Frauen, eine von ihnen in Ylfas Alter mit einem langen, braunen Zopf und eine ältere Frau mit hochgesteckten Zöpfen und matronenhafter Figur standen in der Mitte der Halle und diskutierten heftig mit dem Hofmeister, der kein besonders glückliches Gesicht machte.
„Was soll das heißen, er ist auf die Jagd gegangen? Davon hat er gestern Abend gar nichts erwähnt!“, klagte die ältere Matrone, die offenbar Gräfin Elenor sein musste, die Hände in die ausladenden Hüften gestemmt.
„Nun. Ich kann dazu auch nichts weiter sagen, Gräfin Elenor. Der Herr hat heute in aller Frühe Anweisungen gegeben, alles für eine Jagd vorzubereiten und ist dann wenig später aufgebrochen. Es steht mir nicht zu, seine Entscheidungen infrage zu stellen.“
„Aber er weiß doch, dass wir hier sind. Wie kann er da einfach wegreiten?“, keifte die Jüngere, bei der es sich um Jungfer Genofeva handeln musste.
Theodulph erblickte Ylfa und Begga und atmete erleichtert auf. Gräfin Elenor und Genofeva, die seinen Blick bemerkt hatten, drehten sich um und erbleichten. Genofeva schlug sich die Hand vor den Mund, um einen Schrei zu unterdrücken.
„Eine Riesin!“
„Keine Angst Gräfin. Das ist nur Ylfa. Eine Leibeigene“, erklärte Theodulph. „Gut, dass du kommst“, sagte er an Ylfa gewandt. „Der Herr hat mich beauftragt, dich zu Humbert zu bringen, damit er dich begleitet.“
Ylfa und Begga waren näher getreten. Ylfa war sich der entsetzten Blicke der beiden Frauen voll bewusst und maß Genofeva mit einem kühlen Blick.
„Der Herr Graf ist zur Jagd geritten und möchte sich mit dir zum Frühmahl im Feld treffen. Humbert wird dich hinbringen.“
Ylfa zog eine Augenbraue hoch.
„Hat er denn keine Angst, ich könnte zu fliehen versuchen?“
Der Hofmeister grinste.
„Der Herr wusste, dass du das sagen würdest, und lässt ausrichten, dass du nicht vergessen sollst, dass sich deine Männer noch immer in seiner Gewalt befinden.“
ign Eine L Gräfin Elenor und Genofeva folgten der Unterhaltung mit offenkundiger Missbilligung und Ylfa genoss jede Sekunde davon. Sie hätte diese braunhaarige Schönheit am liebsten mit ihren Händen erdrosselt. Diese Schlange war gekommen, sich Fulk zu angeln, und Ylfa hatte entschieden etwas dagegen einzuwenden.
„Nun ja“, sagte Ylfa langsam. „Ich hatte es fast vergessen. Das muss daran liegen, dass ich heute Nacht kaum Schlaf bekommen habe. Der Herr kann ja so fordernd sein“, seufzte sie und lächelte Genofeva honigsüß an.
Theodulph grinste.
Genofeva stieß einen wütenden Schrei aus und wollte schon Ylfa an die Kehle springen, wurde jedoch von ihrer Mutter zurückgehalten.
„Bist du von Sinnen“, zischte sie ihrer Tochter leise ins Ohr. „Diese Barbarin wiegt doppelt so viel, wie du, und sie sieht aus, als hätte sie schon einige Menschenleben auf dem Gewissen. Willst du ihr nächstes Opfer werden?“
„Wenn es dem Herrn schon wieder nach meiner Gesellschaft gelüstet, dann werde ich wohl um meiner armen Männer willen gehen müssen“, seufzte Ylfa theatralisch und erfreute sich an dem offenen Hass, der in Genofevas grünen Augen aufblitzte.
„Dann folge mir“, sagte Theodulph und ließ die beiden vor Wut schäumenden Frauen einfach in der Halle stehen.
*
Es war ein kühler Morgen, doch sobald die Sonne durch die Wolken blitzte, war es gleich bedeutend wärmer. Der Wind schob die dicken Wolken vor sich her und es sah so aus, als würde es bald aufklaren. Ylfa fühlte sich wunderbar, endlich wieder ein wenig Freiheit zu schnuppern. Natürlich hatte sie nicht vor, zu fliehen. Und das nicht nur ihrer Männer wegen. Sie hätte Fulk um nichts in der Welt verlassen. Schon gar nicht jetzt, wo diese Schlange Genofeva aufgetaucht war. Nach der gestrigen Nacht war es Ylfa klar geworden, dass sie Fulk liebte. Sie brauchte ihn und es erfüllte sie mit Freude, dass es ihm scheinbar auch so erging. Warum sonst hätte er veranlasst, dass man sie zu ihm ins Feld brachte. Er hätte auch diese Genofeva mit zur Jagd nehmen können, doch er hatte ihr, Ylfa, den Vorzug gegeben.
„Wir sind gleich da“, sagte Humbert und lenkte sein Pferd vom Weg ab, um querfeldein zu reiten.
Ylfa lenkte ihren braunen Wallach hinterher. Sie war keine geübte Reiterin, doch sie fühlte sich auf dem
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