Das Herz Des Daemons
zuerst mit etwas wusch, das sich wie Öl anfühlte, und dann noch einmal mit Wasser und Seife. Endlich tupfte sie es ab, behutsam, vorsichtig. Er biss die Zähne zusammen. Es fühlte sich noch immer an, als berühre sie rohes Fleisch.
»Besser?« Sie zog sich ein Stück weiter zurück. Die Qual in seinen Augen war noch immer da. Aber das Brennen und Jucken seiner Haut war nicht mehr ganz so unerträglich.
Sein »Ja« klang wie ein Aufatmen. Ihr »Gott sei Dank« nicht minder.
Einen Moment war es still, dann klickte es mehrmals und ein letztes Brummen erfüllte den Raum. Wärme strich über ihn hinweg. »Hier drin ist es kalt.« In ihrer Stimme war ein Zögern. Dann trat sie erneut ganz nah zu ihm. »Lassen Sie mich nach Ihren anderen Verletzungen sehen.«
Behutsam strichen ihre Finger über seine Stirn, die Schläfe. Er zuckte zusammen.
»Es tut mir leid.« Ihre Berührung wanderte weiter, zum Kiefer hinunter, in seinen Kragen. Sie schnappte nach Luft, knöpfte hastig sein Hemd auf, zog es ihm aus der Hose, über die Schultern. Mit fest geschlossenen Augen saß er da und ließ sie gewähren. In seinem Oberkiefer wurde das Pochen wieder stärker. Ihre Hand brachte ihn dazu, sich ganz leicht vorzubeugen.
»O mein Gott.« Blankes Entsetzen sprach aus ihrem Ton. Ihre Fingerspitzen glitten über seine Haut im Nacken, auf den Schultern, dem Rücken, nach vorne über die zum Teil gebrochenen Rippen, die Brust; folgten den Linien der Wunden, die sich weigerten weiterzuheilen, wie sie es am Anfang so schnell getan hatten; legten sich über Quetschungen und blaue Flecke, deren Farben sich seither nicht mehr verändert hatten; tasteten über seine Schulter, das Genick hinauf, wo der eine Wirbel sich falsch anfühlte; nahm seine Hand in ihre, die Linke, an der die beiden äußeren Finger krumm und steif waren, weil die Knochen zusammengewachsen waren, ehe er genug Kraft gehabt hatte, sie zu richten.
»Das war nicht alles dieser Kerl eben. - Wer hat Ihnen das angetan?«
Sekundenlang hing ihre Frage zwischen ihnen. Langsam schüttelte er schließlich den Kopf
Eine Gasse. Das Stahlskelett eines Autos. Ketten. Knüppel. Sechs Kerle. Ein siebter. Im Hintergrund. In einem Anzug.
Erinnerungsfetzen.
Mehr
nicht.
Ohne
Zusammenhang.
Er zog die Schultern hoch. Und dabei hatte sie sein Bein noch nicht gesehen. Offenbar war ihr sein Kopfschütteln Antwort genug. Zumindest bohrte sie nicht weiter. Aber sie stand immer noch viel zu dicht bei ihm. Das Feuer in seinen Eingeweiden kroch immer mehr in seine Adern.
»Sie haben ...« Er räusperte sich. »... haben gesagt, ich könnte ... duschen ... bei Ihnen.« Seine Stimme klang entsetzlich rau. Jedes Wort kratzte in seiner Kehle. Sie machte einen kleinen Schritt zurück. »Ich weiß
nicht, ob ... Vielleicht wäre ein Bad ... Nicht dass Sie in der Dusche zusammenbrechen.«
Er erinnerte sich an das wohlige Gefühl von warmem Wasser, das über seine Haut rann; die Vorstellung, darin zu liegen, weckte eine ganz andere Erinnerung: kaltes Wasser, das über ihn hinwegströmte, das Atmen unmöglich machte.
»Duschen. Bitte.« Als sie schwieg, tastete er blind in ihre Richtung. Die Augen zu öffnen wagte er nicht.
»Bitte.« Sie fing seine Hand auf, hielt sie ganz kurz in ihren. Ihr Griff war warm, sanft, führte sie zum Waschbeckenrand zurück.
»Also gut. - Können Sie aufstehen, dann helfe ich Ihnen beimAusziehen.«
»Ich kann mich allein ...«
Ein scharfes Schnauben unterbrach ihn. »Sie wollen sich bücken? Mit Ihrem Rücken? Den Rippen? Und der Verletzung im Nacken? Es ist ein Wunder, dass Sie sich überhaupt noch bewegen können.« Für eine Sekunde zögert sie, holte langsam Atem. »Aber wenn es Ihnen unangenehm ist ... Ich meine, wir kennen uns nicht ... Dann
...
ein
Handtuch.«
Triumphierendes
Fingerschnippen.
»W-was!«
»Grans Handtücher sind mehr als groß.« Offenbar war sie der Auffassung, dass ihm das als Erklärung genügen müsste. Im nächsten Moment war ihre Hand an seinem Knöchel und sie zog ihm Schuhe und Socken aus. Wenn sie tatsächlich vor ihm kauerte, konnte ihr der lange Riss in dem einen Hosenbein nicht mehr entgehen. Bildete er es sich ein oder zupfte sie tatsächlich gerade an eben der Stelle? Gleich darauf berührte sie seinen Arm, in einer wortlosen Aufforderung aufzustehen. Schwerfällig gehorchte er, doch als sie sich am Bund seiner Hose zu schaffen machte, schob er ihre Hände beiseite.
»Ich ... Es tut mir leid«, murmelte sie.
»Schon
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