Das Herz des Highlanders: Roman (German Edition)
ihr.
»Wer ist er, Grace? Hast du ihn überhaupt schon kennen gelernt?«
»Ich rede nicht darüber.« Sie griff in den Schrank und holte eine Flasche mit Babynahrung heraus. Als sie sich Jonathan zuwandte, stellte sie fest, dass ihm ihre Antwort nicht gefallen hatte. Er wirkte … na ja, entsetzt, weil sie sich ihm nicht anvertrauen wollte.
Seine Augen wurden plötzlich schmal. »Du hast gar nicht vor, ihn abzugeben, stimmt’s? Verdammt, Grace, du bist doch gar nicht in der Lage, allein ein Kind zu erziehen. Du bist Wissenschaftlerin, keine Frau, die ihre Tage damit verbringt, Windeln zu wechseln und Babyspucke wegzuwischen!«
»Ich kann beides zusammen schaffen.«
»Nein, das kannst du nicht. Dazu ist deine Arbeit zu anspruchsvoll.«
»Nein, Jonathan, deine Arbeit ist dazu zu anspruchsvoll. Ich habe gehört, dass es in Kalifornien eine Halbleiterfirma gibt, die jemanden mit meiner Qualifikation sucht. Und bei denen darf man seine Babys mit zur Arbeit bringen.«
Jonathan klappte so ruckartig den Mund zu, dass Grace hörte, wie seine Zähne aufeinander trafen. Er wollte nicht einmal darüber nachdenken, dass sie StarShip Spaceline eventuell verlassen könnte.
Sie ging zurück ins Wohnzimmer, um sich ans Feuer zu setzen und das Baby zu füttern. Ihr Chef blieb in der Küche. Grace wusste, dass sie ihn zum Schweigen gebracht, aber nicht geschlagen hatte. Jonathan war kein Mann, dem etwas misslang;
weder ein fünf Wochen altes Kind noch eine sture Angestellte oder ärgerliche Konkurrenz würde verhindern, dass seine Firma Privatleute in den Weltraum transportierte.
Jonathan Stanhope war ein Überlebenskünstler.
Er würde einfach seine Taktik ändern, um das zu bekommen, was er wollte.
Während Grace das Kind fütterte, dachte sie noch einmal über Jonathans erschreckendes Geständnis nach und was für ein Problem für sie daraus erwuchs. Sie schüttelte den Kopf, weil sie nicht glauben konnte, dass in diesem Moment womöglich Männer auf dem Weg hierher waren, um sie zu entführen.
Ihr erster Gedanke war, nicht nach Virginia zu flüchten, sondern in die Sicherheit von Gu Brath und Greys starke Arme.
Würde sie jedoch nach der bemerkenswerten Szene in seinem Wohnzimmer in Gu Brath noch willkommen sein? Grey würde ihr sicher nicht den Rücken kehren, wenn er wusste, dass sie in Schwierigkeiten war. Aber was würden Callum, Ian und Morgan tun?
Und was war mit Michael? Konnte sie guten Gewissens einen Mann um Hilfe bitten, den sie seines Sohns zu berauben beabsichtigte, auch wenn er das nicht wusste?
Und konnte sie andererseits von ihren hiesigen Problemen schlicht davonlaufen und sich vor dem Versprechen drücken, das sie Mary gegeben hatte, indem sie sich in Jonathans Labor versteckte?
Die einzige Antwort auf alle ihre Fragen lautete nein. Und schließlich setzte sich Graces wissenschaftlicher Verstand durch. Sie würde mit Schötchen und AeroSaqiis Drohung anfangen. Sie hatte einen Computer und eine Satellitenverbindung – und die Möglichkeit, ihr Problem mit Jonathan rasch zu beseitigen. Dann würde sie sich mit den MacKeages auseinander setzen. Sie würde ihre verdammte Seilbahn reparieren, ohne zu verlangen, dass sie Michael halfen, und dann würde sie
Michael helfen, selbst wenn sie persönlich das Eis von jedem einzelnen Bäumchen im Zwölf-Morgen-Feld würde schütteln müssen.
Danach schließlich würde sie sich Greylen MacKeage vorknöpfen und ein kleines Gespräch mit ihm führen zum Thema Verpflichtungen, wer wo hingehörte und was nachbarschaftliche Hilfe war. Und sie würde ihm auch genau erklären, wie dieses … dieses … diese Sache zwischen ihnen weitergehen würde.
Grace legte das satte und mittlerweile schlafende Baby zurück in seine Wiege und machte sich auf den Weg zur Küche, um Problem Nummer eins zu lösen. Sie kümmerte sich nicht um Jonathan, der an der Wand stand und leise mit jemandem am Telefon sprach, sondern nahm ihren Computer von der Anrichte. Sie stellte ihn auf den Küchentisch und schaltete ihn an. Während er hochfuhr, holte sie aus ihrem Schlafzimmer den Koffer mit der Satellitenverbindung und ging hinaus auf die Veranda.
»Was machst du da?«, fragte Jonathan, der jetzt in der Tür stand und sie beobachtete.
»Ich will selbst sehen, was mit Schötchens gesendeten Daten los ist«, antwortete sie, stieg auf eine Bank und hängte die Antenne an einen Haken, der aus dem Dachvorsprung über der Veranda hervorstand. Sicher, dass es diesmal funktionieren
Weitere Kostenlose Bücher