Das Herz des Jägers
wenig. Sekunden vergingen, niemand antwortete.
»Schieß auf einen, Da Costa«, sagte Mazibuko.
»Auf welchen, Captain?«
»Fang hier an! Schieß ihm ins Knie! Mach sein Bein kaputt!«
»Klar, Captain.«
Da Costa zog laut den Schlitten der Waffe zurück und drückte den Lauf gegen das Bein.
»Ihr könnt nicht schießen«, sagte eine Stimme von unten.
»Warum nicht?«
»Auch für die SAPS gelten Gesetze.«
Mazibuko lachte. »Schieß, Da Costa.«
Der Schuß war ein Donnerhall in dem kleinen Raum; der Mann stieß einen tiefen, eigenartigen Laut aus. Der Geruch von Schießpulver erfüllte das Zimmer.
|64| »Schlechte Neuigkeiten, ihr Arschlöcher. Wir sind nicht von der Polizei«, sagte Mazibuko. »Ich frage euch noch einmal: Wer ist hier der Ober-Gangsta?«
»Ich«, sagte ein Mann in der Mitte, dessen Gesicht vor Angst gefurcht war.
»Steh auf!«
»Erschießen Sie mich auch?«
»Das kommt ganz drauf an, Gangsta.«
Janina Mentz hatte ihre Transkript-Methode systematisch entwickelt.
Das Ziel bestand darin, Informationen zu sichern, die in diesem Land wie Wasser aus einem Erdwall sickerten, die alten Seilschaften und neuen, ehrgeizigen Wünschen folgten, die im sandigen Boden von Korruption und Habgier verschwanden. Wenn irgend etwas nach Geld roch, kamen die Plünderer aus allen Löchern gekrochen.
Von Anfang an hatte ihre Methode darin bestanden, niemandem vollkommen zu vertrauen.
Rahjev Rajkumar hatte sie in der Verwundbarkeit elektronischer Informationen unterrichtet. Leicht zu kopieren, leicht zu verteilen: Speichermedien aller Art, Zip-Disks, CD-ROMs, FTP, Festplatten, die heutzutage kleiner waren als eine halbe Zigarettenschachtel, E-Mail, Hacking, denn wenn irgendwas irgendwo angeschlossen war, kam man auch rein. Wenn sie in die Datenbanken anderer eindringen konnten, würde früher oder später auch irgendein neugieriger Programmierer von der anderen Seite in ihre Datenbanken gelangen.
Es gab nur eine Möglichkeit, Informationen zu sichern. Eine einzige Kopie, auf Papier: ablegen, kontrollieren, begrenzen.
Deswegen regierte Rajkumar über eine Extra-Abteilung: den Schreibdienst. Vier Frauen, die virtuos mit ihren altmodischen elektrischen IBM-Schreibmaschinen umgingen. Sie ließen in einem einsamen, videoüberwachten Raum im |65| sechsten Stock ihre Finger mit Lichtgeschwindigkeit über die Tasten tanzen. Sie unterschrieben für jede digitale oder magnetische Aufnahme, transkribierten sie und mußten sie dann zusammen mit einem einzelnen Ausdruck auf weißem Papier wieder abgeben. Papier, das weder vergilbte noch vermoderte. Radebe und seine Leute konnten es lesen und dann in der zugangs- und temperatur-überwachten Aktenablage aufbewahren, zusammen mit den magnetischen Bändern. Digitale Aufnahmen wurden gelöscht.
Als das Transkript des Verhörs von Orlando Arendse sie erreichte, siebenundvierzig Minuten, nachdem das Gespräch in Milnerton Ridge stattgefunden hatte, waren Janina die Kernpunkte bereits bekannt.
Transkript des Verhörs von Mr. Orlando Arendse, durchgeführt von A. J. M. Williams, 23. Oktober, 21:55, Milnerton Avenue 55, Milnerton Ridge.
W: Ich vertrete den Staat, Mr. Arendse. Ich habe ein paar Fragen über Mr. Thobela Mpayipheli und eine Miss Monica Kleintjes …
A: Ich arbeite nicht von zu Hause. Kommen Sie morgen früh zu mir ins Büro.
W: Ich kann leider nicht so lange warten, Mr. Arendse.
A: Darf ich Ihren Ausweis sehen?
W: Hier, Mr. Arendse.
A: Lassen Sie den »Mister«, Sie meinen es ja doch nicht so. Auf dieser Karte steht gar nichts. Kommen Sie morgen früh zu mir, besten Dank.
W: Vielleicht sollten Sie …
A: Vielleicht gar nichts. Ich habe jetzt frei, und Sie haben keinen Durchsuchungsbefehl.
W: Doch.
A: Und wo ist der?
W: Hier.
A: Das ist ein Mobiltelefon.
|66| W: Nehmen Sie einfach den Anruf an.
A: Auf Wiedersehen, mein Bruder.
W: Der Gesprächspartner befindet sich in einem Haus in Mitchell’s Plain, das Ihnen gehört.
A: Was?
W: Nehmen Sie den Anruf entgegen.
A: Hallo. Ja … Ja … Die Schweine … Ja … Williams, wer, zum Teufel, sind Sie?
W: Können wir irgendwo in Ruhe reden, Mr. Arendse?
A: Was wollen Sie?
W: Nur einige Informationen.
A: Sagte die Spinne zur Fliege. Kommen Sie, wir setzen uns hinten hin.
W: Besten Dank.
A: Sie haben auf einen meiner Männer geschossen, Williams.
W: Wir wollten Ihre Aufmerksamkeit gewinnen.
A: Sie können nicht einfach auf jemanden schießen. Das ist illegal.
W: Ich bin sicher, daß
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