Das Herz des Jägers
Leben. Ich habe Dinge getan …«
|91| »Was für Dinge?«
»Im Namen des Freiheitskampfes. Ich hatte ein anderes Leben. Ich schäme mich nicht. Ich habe getan, wovon ich überzeugt war. Es ist vorbei. Jetzt bin ich hier. Genau so, wie Sie mich sehen.«
»Wir alle haben im Namen des Freiheitskampfes Dinge getan …« Sie war erleichtert.
»Ja«, sagte er. »Ich habe nach mir selbst gesucht. Jetzt habe ich mich gefunden. Ich weiß, wer ich bin, und ich weiß, was ich will. Ich laufe nicht mehr weg.«
Er hatte ihr in die Augen geschaut, und sie hatte ihm geglaubt.
»Rooivalk eins, wir haben ein Wetterproblem«, sagte der Tower in Bloemspruit. »Gewitterfront aus Westen, von Verneukpan bis Somerset East, und von vorne kommt auch was auf euch zu. Es könnte regnen.«
Der Pilot schaute auf seinen Flugplan. »Kommen wir durch?«
»Bestätigung, Rooivalk eins, aber es wird euch ganz schön durchrütteln«, sagte der Tower, der wußte, daß der Rooivalk nicht höher als zwanzigtausend Fuß steigen konnte.
»Rooivalk eins bereit zum Abheben.«
»Rooivalk zwei bereit zum Abheben.«
»Rooivalk eins und zwei freigegeben zum Abheben. Laßt es donnern.«
Der Lärm der beiden Motoren war ohrenbetäubend.
Thobela meisterte die R 1150 GS kurz vor dem Hex River Valley. Das wurde ihm klar, als er aus einer Kurve kam, Gas gab – und ein Vergnügen über die Kraft der Maschine verspürte. Er schaltete einen Gang hoch und suchte sich die richtige Linie für die nächste Kurve. Er kippte das Motorrad, seine Schulter senkte sich in die Kurve, und es war nicht unangenehm, er spürte keine Angst über den Winkel zwischen Maschine und Straße, nur Stolz über diesen kleinen |92| Sieg. Er war zufrieden damit, die Kraft des Bike kontrollieren zu können. Er beschleunigte, als er aus der Kurve herauskam, sein Blick konzentrierte sich schon auf die nächste, er sah die roten Lichter einen Kilometer vor sich, einen Lastwagen. Allmählich begann er Spaß zu haben, es ging immer besser, der Laster vor ihm, Kupplung und Schaltung und Gas, ein leises Flüstern der Vorderbremse, er schoß vorbei, und dann schaute er auf, und der Mond löste sich von den Berggipfeln, hell und voll. In diesem Augenblick wußte er, daß es klappen würde: Die Probleme lagen hinter ihm, vor ihm war nur die gewundene, freie Straße, und das Tal breitete sich vor ihm aus, eine Feenlandschaft im Silberlicht des Mondes.
Monica Kleintjes saß vornübergebeugt im Sessel im Haus ihres Vaters, die Streifen ihrer Tränen zogen sich über ihre Wangen. Ihr gegenüber hockte Williams auf der vorderen Kante seines Stuhls, als wollte er mitleidig die Hand ausstrecken.
»Miss Kleintjes, ich hätte genau dasselbe getan, wenn es mein Vater wäre. Es war ganz richtig von Ihnen«, sagte er leise. »Wir wollen Ihnen helfen.«
Sie nickte und biß sich auf die Unterlippe, ihre Augen waren groß und verweint hinter den Brillengläsern.
»Wir müssen nur zwei Dinge klären: die Beziehung ihres Vaters zu Mr. Mpayipheli und was für Daten er bei sich hat.«
»Ich weiß nicht, was auf der Festplatte ist.«
»Sie haben keine Ahnung?«
»Als ich meinen Vater fragte, worum es ging, sagte er, es wäre besser, wenn ich es nicht wüßte. Ich glaube … Namen …« Ihr Blick wanderte hinüber zu der Wand neben dem Kaminsims. Dort hingen Fotos, schwarzweiß, farbig. Leute.
»Was für Namen?« Williams folgte ihrem Blick und stand auf.
»Bekannte Namen.«
»Welche?« Er schaute sich die Fotos an. Eine farbige Familie |93| auf dem Trafalgar Square, Johnny Kleintjes, Monica, vielleicht fünf Jahre alt, mit kleinen, kräftigen Beinen.
»ANC. Die Regierung …«
»Können Sie sich an irgendwelche Namen erinnern?« Fotos von Kleintjes und Leuten, die inzwischen Mitglieder der Regierung waren. Moskau, Roter Platz. Ost-Berlin, Checkpoint Charlie, die Mauer im Hintergrund. Prag. Die Touristen des Kalten Krieges.
»Er hat es mir nicht gesagt.«
»Sie wissen gar nichts?« Williams betrachtete Johnny Kleintjes Hochzeitsfoto. Monicas Mutter in Weiß, keine schöne Frau, aber stolz.
»Nichts.«
Williams schaute von den Bildern wieder zu ihr hin. »Miss Kleintjes, wir müssen unbedingt wissen, was das für Daten sind. Es liegt im Interesse unseres Landes.«
Ihre Hände lösten sich aus ihrem Schoß. »Ich wollte es nicht wissen, und mein Vater wollte es nicht sagen. Bitte …«
»Ich verstehe, Miss Kleintjes.« Er ließ ihr einen Augenblick, sich zu beruhigen. Sie griff nach
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