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Das Herz des Jägers

Titel: Das Herz des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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ihren Taschentüchern und putzte sich die Nase.
    »Und Mr. Mpayipheli?«
    »Mein Vater kannte ihn aus dem Freiheitskampf.«
    »Können Sie mir das genauer erklären?«
    Monica Kleintjes nahm ihre Brille ab und tupfte ihr Gesicht unterhalb der Augen trocken. »Vor zwei oder drei Wochen besuchte mein Vater mich bei der Arbeit. Das hatte er noch nie getan. Er hatte einen Zettel bei sich. Er sagte, das seien der Name und die Telefonnummer von jemandem, dem er vollständig vertraue. Wenn ihm irgend etwas geschähe, müßte ich Tiny Mpayipheli anrufen.«
    »Tiny?«
    »So stand es auf dem Zettel.«
    »Waren Sie überrascht?«
    »Ich war beunruhigt. Ich fragte ihn, wieso ihm etwas zustoßen sollte. Er sagte, es würde nichts geschehen, es sei nur |94| eine Art Versicherung, wie wir sie auch bei Sanlam verkaufen. Dann fragte ich ihn, wer Tiny Mpayipheli sei, und er sagte, ein Phänomen.«
    »Ein Phänomen?«
    Sie nickte. »Danach sagte er, Tiny sei ein Kamerad, sie hätten zusammen gedient. Er habe Tiny während des Freiheitskampfes aufwachsen sehen.«
    »Ihr Vater befand sich während des Freiheitskampfes in Europa?«
    »Ja.«
    »Und dort hat er Mpayipheli kennengelernt?«
    »Das vermute ich.«
    »Und?«
    »Und wenn irgend etwas schiefginge, sollte ich Tiny anrufen. Dann fragte ich ihn noch einmal, was schiefgehen könnte. Ich machte mir Sorgen, aber er sagte nichts, statt dessen fing er an, darüber zu reden, wie gut ihm mein Büro gefiele.«
    »Dann, als Sie den Anruf aus Lusaka bekamen, haben Sie sich an Mpayipheli gewandt?«
    »Erst habe ich den Safe geöffnet, um die Festplatte zu holen. Darauf lag ein Zettel mit Tiny Mpayiphelis Namen und Telefonnummer. Also habe ich ihn angerufen.«
    »Und dann haben Sie die Festplatte mit zu ihm nach Guguletu genommen?«
    »Ja.«
    »Und Sie haben ihn gebeten, sie nach Lusaka zu bringen?«
    »Ja.«
    »Er hat sich einverstanden erklärt?«
    »›Ich schulde Ihrem Vater etwas‹, hat er gesagt.«
    »Haben Sie ein Foto von ihm hier?«
    Monica Kleintjes schaute die Porträts an, als sähe sie sie zum ersten Mal. Sie zog ihre Krücken heran, erhob sich unter Schwierigkeiten. Williams wollte sie aufhalten, es tat ihm leid, daß er gefragt hatte. »Ich glaube nicht.« Sie schaute die Fotos an. Schon wieder standen Tränen in ihren Augen.
    |95| »Haben Sie seitdem von Mr. Mpayipheli gehört?«
    »Sie hören mein Telefon ab. Also wissen Sie das doch.«
    »Miss Kleintjes, haben Sie irgendeine Vorstellung davon, wo Mr. Mpayipheli jetzt ist?«
    »Nein.«
     
    Radebe rief Janina Mentz in den Einsatzraum.
    »Ja?«
    »Die Leute, die die Akten in Pretoria durchsehen, Ma’am …«
    »Ja?«
    »Dort gibt es nichts. Sie können Thobela Mpayipheli nicht finden.«

11
    Die Agentin stammte aus dem Büro in Bisho, am östlichen Kap. Sie wußte, daß sie sich, operativ betrachtet, am Arsch Südafrikas befand, in einem beruflichen Treibsand, in dem niemals irgend etwas passierte, was einem auch nur die mindeste Gelegenheit gab, aus der Routine auszubrechen und sich ins Hauptquartier zu katapultieren. Je länger man hierblieb, desto tiefer versank man in den Sand der Mittelmäßigkeit.
    Wenn also Radebe aus dem Hauptquartier anrief, um einem zu befehlen, jemanden in Alice zu verhören, dann beschwerte man sich nicht darüber, daß man so wenig Informationen hatte, sondern man klang zackig und möglichst nicht allzu dankbar, man stieg in den schmutzigen, klapprigen Volkswagen Golf Chico, der schon 174 000 Kilometer auf dem Tacho hatte, und freute sich, denn dies konnte die Fahrkarte nach oben sein. Dann konzentrierte man sich auf die Fragen, die man stellen wollte, auf den Ton, den es anzuschlagen galt. Man bereitete sich vor, bis die Gedanken abzuschweifen begannen, bis man davon zu träumen begann, wozu das alles führen könnte. Man sah vor sich, wie Mrs. Mentz den Bericht las, und dann rief die Chefin |96| Radebe zu sich und sagte: »Diese Agentin ist brillant, Radebe. Was macht sie in Bisho? Sie muß hier bei uns in der Zentrale arbeiten.«
    Bevor jedoch die Phantasie so richtig Formen annehmen konnte, bevor sie ihre Traumwohnung in Sea Point einrichten und sich den Ausblick vorstellen konnte, war sie auch schon da. Sie parkte vor dem Haus in Alice, das nur etwa einen Kilometer von den hübschen neuen Gebäuden des Campus von Fort Hare entfernt war. Es brannte noch Licht, und sie klopfte höflich, Aufnahmegerät und Notizblock in der Handtasche, die Waffe in dem Lederholster am Rücken.
    Das Haar des

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