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Das Herz des Loewen

Titel: Das Herz des Loewen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Barclay
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Wollkleid wirkte viel schlichter als die Roben der Ladies, die Ross in Edinburgh gesehen hatte. Beinahe glaubte er an das Bild der Unschuld, das sie bot - die Augen groß und neugierig, das Gesicht glatt wie Seide, das Haar glänzend wie eine frischgeprägte Münze.
    Nur beinahe. Was ihre schauspielerische Begabung betraf, stand sie den raffinierten Hofdamen in nichts nach. Er zwang sich, den Blick von ihrer verlockenden Schönheit abzuwenden und in die Gassen zu spähen, die von dichtem grauem Nebel überschattet wurden.
    Verbargen sich in diesem Dunkel jene Männer, die letzte Nacht ihre Klingen mit ihm gekreuzt hatten? „Ich hätte mehr Leute mitnehmen sollen“, murmelte er.
    „Zehn genügen vollauf. Normalerweise wandere ich ganz allein durch Curthill - oder mit Chrissy. Sollen die Sutherlands glauben, mein Verlobter wäre feige?“ Sie musterte ihn mit sanftem Spott, dann neigte sie sich näher zu ihm und wisperte: „Wenn du so finster die Stirn runzelst, wird man befürchten, du wärst nicht in mich verliebt.“
    Sein verräterisches Herz schlug schneller. „Bin ich das etwa?“ Nein, niemals ...
    „Natürlich. Warum sonst sollten ein Carmichael und eine Sutherland Arm in Arm durch Curthill schlendern und einander anschmachten wie Tristan und Isolde?“
    Ja, warum? Die Antwort war so kompliziert wie die Gefühle, die er für Megan zu empfinden begann - Begierde, ganz sicher, widerwilligen Respekt. Aber Liebe? Nein, die Liebe, zu der er fähig gewesen war, hatte er an die niederträchtige Rhiannon vergeudet. Jetzt verspürte er nur noch Lust, und die konnte er im Zaum halten. „Welch ein romantischer Unsinn!“, entgegnete er.
    „Legenden sind nicht unsinnig, sondern ein wichtiger Teil unserer Vergangenheit. Wir Hochländer sind ein leidenschaftliches Volk, zu oft entzweit durch Habgier, Zorn und Eifersucht. Aber die Traditionen vereinen uns immer wieder.“
    „So habe ich das nie gesehen“, gestand er nachdenklich. „Du hast die Rolle des Barden übernommen und versuchst, mit deinen Geschichten den Clan zusammenzuhalten.“ „Darin habe ich stets meine Lebensaufgabe gesehen.“ Bis jetzt, fügte Megan in Gedanken hinzu.
    „Und was soll geschehen, wenn du von hier fortgehst?“
    „Ein Junge aus dem Dorf kann die Legenden erstaunlich gut wiedergeben.“ Seinen Namen - Lucais - verriet sie nicht. „Wenn ich Curthill verlasse, wird er an meine Stelle treten. Ich habe schon viele Geschichten für ihn aufgeschrieben.“ Weil Lucais nicht mehr bei ihr in die Lehre gehen konnte ...
    „Hm - kein Wunder, dass dir das Schauspielern so leichtfällt.“
    „Du meinst, ich vermag nicht zwischen Fabel und Wirklichkeit zu unterscheiden?“ Nur zu gut konnte sie das, und die beiden Lügen, die sie ihrem Verlobten notgedrungen erzählt hatte, lasteten schwer auf ihrer Seele. „Nun, du sollst eine wahre Geschichte von mir hören. Schon bei der ersten Begegnung verliebten wir uns, und jetzt sehnen wir die Hochzeit herbei. Heute führe ich dich im Dorf herum, und du freust dich, meine Clansleute kennenzulernen.“
    Sehr überzeugend, dachte Ross zynisch. Nichts in ihrem schönen Gesicht wies auf Lug und Trug hin. Ja, in der Tat, eine meisterhafte Schauspielerin ...
    Offenkundig glaubten die Dorfbewohner, was sie sahen, denn alle eilten herbei, um die Tochter ihres Lairds und deren Bräutigam zu begrüßen. Ross lächelte gezwungen, machte errötenden Mädchen Komplimente, nahm von einem Mann einen Becher Ale entgegen und küsste sogar ein oder zwei Kinder. Schließlich wandten sie sich mit ihrem Gefolge zum anderen Ende des Dorfs.
    „Da ist die Hütte, die Sim beobachtet hat“, erklärte Owain und deutete in die Richtung des Häuschens. „Und er sah, wie mehrere Sachen hineingebracht wurden.“
    Ross kniff die Augen zusammen und starrte durch den Nebel. Ein perfektes Versteck für Diebesbeute. Die ebenerdige, fensterlose steinerne Kate stand einsam am Dorfrand, die Rückseite stieß an die Felswand, nur eine einzige Tür führte hinein.
    Gespannt beobachtete Ross, wie seine Begleiter auf die Hütte zugingen. Die Tür flog auf, und zwei große, kräftige Männer traten heraus. Unter ihren dunklen Überwürfen trugen sie Kettenhemden, an den Hüften sah er Schwerter schimmern.
    „Guten Tag! “,flötete Megan mit einem arglosen Lächeln und trat vor, die Röcke anmutig gerafft, damit sie vom Schlamm der Straße nicht beschmutzt wurden. „Ich bin Megan Sutherland, Laird Eammons Tochter, und ich glaube, wir kennen

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