Das Herz des Loewen
geblieben“, bemerkte sie. „Aber wenn du mich auswickelst, können wir das vielleicht besser feststellen.“
Behutsam löste er das Laken von ihrem Körper, hielt zwischendurch inne und fragte, ob er ihr wehtue. Jedesmal schüttelte sie den Kopf und lächelte ermutigend. „Kümmerst du dich das erste Mal um einen verletzten Menschen?“
„Nein, auf dem Schlachtfeld habe ich schon oft verwundete Männer versorgt. Aber noch nie fühlte ich mich so ... “ „Hilflos?“ Als er nickte, vertiefte sich ihr Lächeln. Er mochte sie, viel mehr als er zugeben wollte. Und sie wünschte, sie würde sich besser fühlen, um diese beglückende Erkenntnis gebührend zu feiern. Aber ihr Kopf und alle Muskeln schmerzten, vor allem das linke Bein, in dem sich ein Krampf ankündigte. „Wahrscheinlich sehe ich aus wie eine ertränkte Ratte.“
„Warum müssen die Frauen ständig an ihr Aussehen denken? Sei froh, dass du noch lebst.“
„Das bin ich auch.“ Trotzdem wäre es nett, wenn sie jetzt ihr schönstes blaues Kleid trüge, eine hübsche, ordentliche Frisur. „Als ich das letzte Mal von einem Pferd stürzte, erlitt ich viel schlimmeren Schaden.“
„Wie ist es zu dem Unfall gekommen?“
„Daran erinnere ich mich nicht genau. Ich ritt mit meinen Geschwistern die Küste entlang, und plötzlich ging meine Stute durch. Ich versuchte, sie unter Kontrolle zu bringen, aber sie war völlig verschreckt, und ich konnte sie nicht zügeln, als wir uns einer Schlucht näherten. Wir stürzten über den Rand in den Abgrund, und sie landete auf mir.“ Und Ewan hatte sich den Hals gebrochen.
„Oh Gott“, flüsterte Ross.
„Für die Stute war’s noch viel schlimmer“, erwiderte sie und hasste das Mitleid, das seine Fürsorge verdrängt hatte. Mitgefühl war das Letzte, was sie sich von ihrem Ritter wünschte.
Ihre Tapferkeit respektierte er noch mehr als ihre Klugheit und Schönheit. „Ich bin so froh, dass du dich diesmal nicht ernsthaft verletzt hast ...“ Erschrocken unterbrach er sich, als er sie frösteln sah. „Am besten wickle ich dich wieder in das Laken.“
„Nein, ich würde lieber etwas Heißes trinken.“
„Etwas Heißes ...“ Er sprang auf und blickte sich um, als erwartete er, eine Dienerin würde ihm einen dampfenden Becher in die Hand drücken.
Sogar die stärksten Männer sind in manchen Situationen völlig unfähig, dachte Megan und lächelte trotz ihrer Schmerzen. „Sieh doch nach, ob dieser schwarze Kessel über dem Herd Wasser enthält. Heißes Wasser wird mir genügen, wenn du keine Kräuter finden kannst.“
Der Kessel war leer, aber Ross fand einen vollen Eimer. Während sich das Wasser erhitzte, suchte er vergeblich nach Kräutern. Schließlich wies Megan ihn auf den großen Korb hin, der auf einem Kasten stand, und er trug ihn zu ihr.
Mit gekreuzten Beinen saß er an ihrer Seite, während sie den Inhalt des Korbs erforschte, versuchte, ihr zu helfen, und hielt einige Säckchen ins Licht.
„Gib sie mir. Ich muss dran riechen.“ Als sie sich weiter aufrichtete, fuhr ein heftiger Schmerz durch ihr linkes Bein. Stöhnend sank sie auf die Strohmatte zurück.
„Oh Meggie!“ Besorgt neigte er sich über sie. „Ich suche Owain, er versteht ein bisschen was von der Heilkunde ... “ „Nein“, unterbrach sie ihn. Auf keinen Fall würde sie ihm erlauben durch den eisigen Regen zu reiten. „Wir kommen schon zurecht. Es ist nur ein Krampf in meinem - in meinem kranken Bein. Halt mir die Säckchen unter die Nase.“
Das vierte enthielt Kamille, und sie trank zwei Becher Kräutersud, um sich zu wärmen.
„Geht’s dir jetzt besser?“, fragte Ross und leerte einen dritten Becher, weil sie darauf bestanden hatte. „Kannst du schlafen?“
Megan nickte, obwohl sie wusste, dass sie kein Auge zutun würde. Das Bein tat viel zu weh. Sie schloss die Augen, biss die Zähne zusammen und stellte sich schlafend. Darin besaß sie eine gewisse Übung, denn im Lauf der Jahre hatte sie gelernt, ihre Gefühle zu verbergen, um kein Mitleid zu erregen. Ross breitete wieder die Decke über ihren Körper. Dann ging er zum Feuer und legte noch etwas Holz nach. Auf dem festgestampften Erdboden verursachten seine Schritte fast kein Geräusch, aber sie spürte, dass er zu ihr zurückkehrte und sie beobachtete. Vorsichtig strich er ihr das Haar aus der Stirn, und die zärtliche Geste trieb ihr Tränen in die Augen. „Gleich komme ich zurück“, flüsterte er. Die Tür knarrte, feuchtkalte Luft wehte in die
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