Das Herz des Loewen
Flammen. „Damals war ich wütend, weil ich dich mit Lucais flüstern sehen hatte. Und was dein Bein betrifft, war ich belogen worden. Nur deshalb sagte ich Dinge, die ich längst tief bereue.“
„Du wolltest mich zurückweisen“, flüsterte sie.
„Aye, aber nur wegen deiner Lügen, Meg, niemals wegen deines kranken Beins.“ Seine Stimme klang so aufrichtig. Wie gern würde sie ihm glauben ... Er schien ihre Zweifel zu spüren, denn plötzlich riss er die Decke weg und presste seine Lippen auf die geröteten Narben.
„Nein!“, rief sie und versuchte davonzukriechen.
Aber Ross hielt sie auf der Strohmatte fest und schaute ihr eindringlich in die Augen. „Gemeinsam werden wir alle Narben ertragen, Meg, vielleicht sogar die unsichtbaren.“ Eine Träne rollte über ihre Wange, und er wischte sie sanft mit dem Daumen weg. „Du bist die tapferste, schönste Frau, die ich kenne“, beteuerte er, und nun flossen noch mehr Tränen. Ein heftiges Schluchzen erschütterte sie, und er nahm ihren zitternden Körper in die Arme, drückte sie an sich, bis der Sturm ihrer Gefühle, die sich zu lange in ihrem Innern ge-
staut hatten, allmählich verebbte. „Ist es jetzt besser?“, fragte er und trocknete ihre Wangen mit dem Leinentuch.
„Wahrscheinlich ist mein Gesicht ganz rot und geschwollen. Ich muss schrecklich aussehen.“
„Aber im Herzen fühlst du dich besser?“
Gequält lächelte sie. „Du hättest mir wenigstens widersprechen können.“
„Nein, von jetzt an werden wir uns immer nur die Wahrheit sagen. Schwörst du es?“
„Aye. Und diesmal werde ich Wort halten. Ich musste Siusan versprechen, niemandem von dem Kind zu erzählen, nicht einmal Mama und Chrissy.“
„Und schon gar nicht deinem grausamen Ehemann.“ „Manchmal warst du so freundlich, und ich wollte meine seelische Last mit dir teilen. Oh Ross, als ich hörte, Siusan sei erkrankt, hätte ich dich so gern um Hilfe gebeten.“
„Und dann stürmte ich ins Brautgemach, schrie dich an und stieß wilde Drohungen aus.“
„Nun ja, das hat mich ein bisschen entmutigt.“ Sie lächelte wieder, und ein Grübchen zeigte sich in ihrer rechten Wange. „Glücklicherweise gerätst du nicht allzu oft in Wut, denn das ist schlimmer als ein Gewittersturm. “
„Du bist auch nicht gerade ein sanftes Lamm.“ Er streckte ihr die Hand hin. „Wollen wir Frieden schließen?“
„Mit dem größten Vergnügen.“ Sie legte ihre Finger in seine, dann schmiegte sie sich an ihn. Ihre innere Anspannung begann, sich zu lockern, sogar der Schmerz in ihrem Bein ließ nach. Welch ein beruhigendes Gefühl, in Ross’Armen zu liegen, den Kopf auf seiner Brust, dem kraftvollen Schlag seines Herzens zu lauschen, dem Prasseln des Regens. Könnten sie doch in diesem sicheren Hafen bleiben, für den Rest ihres Lebens ...
14. KAPITEL
Eine schattenhafte Gestalt glitt unter den Felsvorsprung, wo Comyn kauerte, um sich vor dem Regen zu schützen. „Carmichael und sein Weib lassen sich nirgends blicken“, murrte Hakon. Wasser rann aus der Nasenöffnung seines Gesichtschutzes in den verfilzten schwarzen Bart. „Dass mein Pfeil ihr Pferd getroffen hat, könnte ich beschwören. Aber das verdammte Biest ging durch. Und ich weiß nicht, wohin sie verschwunden ist. “
„Was für ein Pech!“
„Sicher liegt’s an dem Fuchs, der unseren Weg gekreuzt hat. Wir hätten ihn erlegen sollen.“
„Unsinn! Ihr seid ein abergläubisches altes Weib, Hakon.“ Der Riese nahm seinen Helm ab und strich mit einem schmutzigen Finger über die Narbe, die seine linke Wange spaltete und seine Lippen zu einem dauerhaften höhnischen Grinsen verzerrte. „Mag sein, Mylord. Aber die Dinge entwickeln sich nicht so, wie wir’s möchten. Erst tötet Carmichael die Männer, die Mistress Megan festnehmen sollten.“ Das wussten sie von dem Söldner, den Ross hatte laufen lassen. „Und dann bricht das Unwetter über uns herein, als wir die Spur endlich finden.“
„Um diese Jahreszeit gibt’s viele Gewitter in dieser Gegend“, murmelte Comyn. „Und der Regen behindert Carmichaels Truppe genauso wie uns.“
Hakons Augen glitzerten bösartig, während er den Griff seines Schwerts berührte. „Ich freue mich schon auf die Stunde, wo ich die Schurken zwischen die Finger kriege, die unsere Burschen erstochen haben.“
„Spürt Megan und Lucais auf, mit den Carmichaels könnt Ihr machen, was Ihr wollt“, versprach Comyn zwischen zusammengebissenen Zähnen. Verdammt, mittlerweile
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