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Das Herz des Menschen: Roman (German Edition)

Das Herz des Menschen: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz des Menschen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jón Kalman Stefánsson
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mit den Armen aufrecht, als die mächtigen Beine einen Moment lang zu versagen drohten, und dann standen sie beide oben und beobachteten, wie der Ort näher kam, wie die Berge höher wuchsen und Schatten auf die Welt warfen, und der Junge freute sich im Stillen an seinem Brief, auch wenn er vorläufig nur in seinem Kopf existierte, aber bald würde er hoffentlich das Wichtigste von allem tun können und zwei Leben zusammenführen, zwei einzelne Töne zu einem Akkord, zu einer Melodie, die wir dann fröhlich vor uns hin pfeifen können, und so wird die Welt ein kleines Stückchen besser.
    Was hast du vor?, fragte er Jens, nachdem er sich eine Weile gründlich über sich selbst gefreut hatte. Gehst du gleich nach Hause?
    Ja.
    Auf geradem Weg, ohne irgendwo anzuhalten?
    Man hält, wenn es nötig ist, und geht dann weiter. Jens glich unbeholfen die Wellenbewegungen aus, blass im Gesicht, doch seine grauen Augen waren harte Kugeln.
    Du weißt schon, was ich meine, sagte der Junge.
    Sie konnten jetzt die Häuser unterscheiden, sahen das Sodom und dachten beide an den Kahn, den man ihnen dort vor einer Woche geliehen hatte oder vor hundertundzwölf Jahren.
    Der Kahn muss noch geholt werden, sagte Jens, könntest du dich darum kümmern?
    Ja, sagte der Junge.
    Sie schwiegen, und die Berge wuchsen höher. Die Hoffnung lief in die Rinne ein, die schmale Passage zwischen Bergwand und Insel. Am Sodom regte sich nichts, doch Jens stand plötzlich mit vorgestreckter Hand vor dem Jungen, ein paar Augenblicke hing seine ausgestreckte Pranke in der Luft wie ein Missverständnis, bis der Junge begriff, grinste und seine Hand auch ausstreckte, sie verschwand für einen Moment in der riesigen Pranke des Briefträgers.
    Es fiel Jens sichtlich schwer zu laufen, es war keine Selbstverständlichkeit mehr, den linken Fuß vor den rechten zu setzen. Als Erstes gingen sie zu Geirþrúðurs Buchhalter Jóhann, um nach Jens’ Pferden, Krummi und Bleikur, zu sehen, und Jens stieß unterwegs ein paar Flüche aus, als ob er schwarze Steine spuckte. Der Junge wich ihnen aus und wiederholte seine Frage: Was hast du vor?
    Ich dachte, ich hätte schon darauf geantwortet, meinte Jens.
    Nein.
    Du fragst aber auch viel.
    Weißt du noch, was Hjalti gesagt hat?
    Der hat so viel gesagt.
    Wenn du nichts tust, hat er gesagt, dann verrätst du alle.
    Jens blickte den Jungen schnell an. Das weiß ich noch, sagte er scharf und weigerte sich anschließend kategorisch, sich in Geirþrúðurs Haus noch einmal hinzulegen. Etwas zu essen nahm er immerhin an und schrieb dann eine kurze Mitteilung an Sigurður, den Arzt und Postmeister am Ort, so etwas wie eine Kündigung in großen, eckigen Buchstaben, als würde er mit einem Stock etwas in den Sand kratzen.
    Lass dir etwas gegen deinen Husten geben, sagte Helga, und dein Zittern gefällt mir auch nicht.
    Lieber kratze ich ab, als mir von Sigurður etwas geben zu lassen.
    Ich hätte, ehrlich gesagt, nicht gedacht, dass du so dumm bist.
    Das hat mit Dummheit nichts zu tun, es geht mir nur noch nicht dreckig genug, dass ich Sigurður um etwas bitten würde.
    Dann saß Jens hoch aufgerichtet zu Pferd und blickte auf den Jungen hinab.
    Tja, dann hätten wir’s, sagte er, nahm den Zügel auf, und das Pferd, Krummi, hob den Kopf.
    Ich wüsste nicht, was wir hätten, gab der Junge zurück, außer das Leben.
    Jens erwiderte nichts, sah ihn aber weiterhin an, sodass der Junge noch hinzusetzte: Jetzt haben wir nicht einmal mehr unsere Gesellschaft, und ich weiß nicht, ob du das aushältst.
    Jens lächelte nur und ritt davon, das dunkle Pferd führte das helle, die Nacht den Tag.
    Und es wurde Abend.
    Bis nach elf saßen sie zu viert in der Stube.
    Jetzt bekommen wir aber eine Geschichte zu hören, hatte Geirþrúður gesagt, und so kam es auch, jedenfalls Teile der Geschichte.
    Dich sollten wir gleich wieder auf Fahrt schicken, meinte Kolbeinn, als der Junge abbrach, weil er zu müde war, um noch weiterzureden. Bis Vík waren sie gekommen, Fortsetzung am nächsten Abend. Bevor sie sich aber in Geirþrúðurs Stube gesetzt hatten und der Junge etwas zu essen bekam, war er zu Sigurður gegangen und hatte die Posttaschen abgeliefert. Eine war zur Hälfte mit Post aus Sléttueyri gefüllt, das meiste trockene Mitteilungen, Geld, Waren und Handel betreffend, all das, worum sich die Welt dreht, das einem aber nicht einen Deut weiterhilft, was keine Wunden heilt und weder Einsamkeit noch Sehnsucht lindert. Sigurður selbst erhielt

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