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Das Herz des Menschen: Roman (German Edition)

Das Herz des Menschen: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz des Menschen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jón Kalman Stefánsson
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sieht, so schnell sie ihre steifen Beine tragen. Sie schnauft und ist rot im Gesicht, das steht ihr gut. Sie balanciert zum Ufer hinab, hält an den steileren Absätzen das Gleichgewicht, indem sie die Arme ausstreckt wie ein armer Vogel, dem das Leben die Flügel gestutzt hat.
    Du darfst nicht fahren, ohne vorher noch einmal ins Haus zu kommen, sagt sie zu Bjarni.
    Ich wollte es eigentlich damit bewenden lassen, Dank und schöne Grüße ausrichten zu lassen, gibt Bjarni entschuldigend mit einem Blick Richtung Westen zurück, von wo die Nacht kommt. Man muss den günstigen Wind nutzen.
    Ólafía erhebt keine Einwände, hier widerspricht man nicht den Argumenten des Windes, unter dem wir uns mehr als tausend Jahre gebeugt haben, doch einverstanden ist sie nicht und bleibt ziemlich plump stehen und wartet, als käme gar nichts anderes infrage, darauf, dass Bjarni mitkommt.
    In der Regel tut man besser, was Helga sagt, bemerkt der Junge und guckt, als würde er mit dem Boot sprechen. Sie hält niemanden auf, außer wenn es einen guten Grund dafür gibt.
    Na ja, dann, sagt Bjarni halbwegs resigniert.
    In der Küche werden sie erwartet, irgendwas ist passiert, der Junge spürt es im Moment, in dem er eintritt, er merkt es daran, wie die Frauen sich verhalten, es liegt etwas in der Luft. Geirþrúður ist dazugekommen, sie sitzt am Tisch und raucht ein Zigarillo, sie schlägt die Beine übereinander, und eines baumelt lose in der Luft, aber Schatten liegen über ihrem Gesicht, vielleicht hat sie zu wenig geschlafen, der Schlaf hat wenig Mitleid mit ihr, seit im Hafenbecken ein Schiff gekentert ist. Bjarni bleibt in der Tür stehen, als er Geirþrúður erblickt, ihm kommt gleich der Verdacht, wen er da vor sich hat, und er vergisst sich für einen Moment und guckt neugierig, dann blickt er zur Seite, räuspert sich, schweigt verunsichert. Helga sitzt am Ende des Tisches, und Andrea steht so am Herd, als sollte sie im nächsten Moment füsiliert werden, aber sie streckt die Brust heraus. Sie hat sich umgezogen und von Helga ein einfaches, bräunliches Kleid bekommen, so schlicht, als stünde Alltag darauf geschrieben, aber sie kann es gut tragen. Manchen steht der Alltag besser als anderen, und das sind wahrscheinlich die glücklicheren Menschen.
    Er hat mich einfach genommen, hat Andrea Helga anvertraut. Sie kochte gerade die Eier, und es roch noch nach Bjarni in der Küche, der sich zu der Zeit mit dem Jungen unten beim Boot befand und Eier auf die Trage lud.
    Sympathischer Mann, hat Helga gesagt.
    Ja, stimmte Andrea zu und hantierte mit den Eiern.
    Schade, fuhr Helga fort, dass so einem Mann auch nur ein Stückchen Glück versagt bleibt.
    Da blickte Andrea auf, leicht verblüfft, so etwas aus Helgas Mund zu hören, und während sie den Topf um ein paar Millimeter verschob, sagte sie, ohne es zu wollen: Er hat mich einfach genommen.
    Helga wusste sofort, wen sie meinte.
    Wann?
    Gestern Nacht.
    Er ist aber nicht hier gewesen. Ich habe ihn jedenfalls nicht gesehen.
    Nein, er hat draußen auf mich gewartet, und er tat mir leid, er war vollkommen durchnässt. Er ist mit mir gegangen, und er tat mir noch immer leid, und ich habe ihn eingelassen, er ist schließlich mein Mann, ich konnte ihm das doch nicht abschlagen. Dann hat er mich genommen, und ich habe mich nicht getraut, etwas zu sagen, dabei hat er mir wehgetan, ohne es zu merken, er tut mir jedes Mal weh, wenn ich noch nicht so weit bin, und es hat sich angefühlt, als würde er mich festnageln und ich könnte nie wieder aufstehen. Ich habe nur dagelegen und die Astlöcher gezählt. Und ich habe an Bárður gedacht, er war das Einzige, woran ich denken konnte, ich weiß auch nicht, warum. Er roch immer so gut. Es tat gut, in seiner Nähe zu sein. Dann war alles irgendwie leichter. Und ich habe überlegt, warum Pétur so lange damit gewartet hat, an Land zurückzufahren, warum hat er so viele Leinen eingeholt, alle, bis auf die von Einar, dabei weiß er ganz genau, was es bedeutet, auf See keinen Anorak zu haben, und erst recht so weit draußen, und ich habe überlegt, hätte er auch so lange weitergemacht, wenn einer von den anderen seinen Anorak vergessen hätte? Ich weiß, dass man nicht so denken soll, aber ich habe es trotzdem getan, und ich hätte ihn fast gefragt, aber da keuchte er seinen Schrei in die Matratze. Und was soll’s, jetzt noch danach zu fragen, wo Bárður tot ist, weder Fragen noch Antworten erwecken die Toten wieder zum Leben. Ich kann nicht

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