Das Herz des Mörders (17) - Imitation in Death (Death 17)
dem Gleichgewicht bringen. Sie dürfen mir nicht einfach drohen.«
»Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich Ihnen gedroht habe, und solche Sachen merke ich mir für gewöhnlich ziemlich gut. Officer Peabody, habe ich Mr Smith mit irgendwas gedroht?«
»Nein, Madam, das haben Sie nicht.«
»Sie glauben, nur weil ich ein ordentliches, privilegiertes Leben führe, wären mir die dunklen Dinge fremd.« Jetzt bleckte er die Zähne, ballte seine verletzte Hand zu einer losen Faust und hob sie an sein Herz. »Sie wollen Geld von mir erpressen, dafür, dass Sie nicht über Dinge sprechen, die Sie gar nichts angehen. Frauen wie Sie wollen immer, dass man sie bezahlt.«
»Frauen wie ich?«
»Ihr denkt doch alle, dass ihr uns Männern überlegen seid. Ihr nutzt eure Schläue oder euer Geschlecht, um uns zu kontrollieren und nach Kräften auszusaugen. Ihr seid nicht besser als Tiere. Nicht besser als läufige Hündinnen. Ihr habt es verdient …«
»Was haben wir verdient?«, fragte Eve, als er sich unterbrach und mühselig um Fassung rang. »Zu leiden, zu sterben, endlich einmal selber zu bezahlen?«
»Sie legen mir keine derartigen Worte in den Mund.« Er sank wieder in seinen Sessel, umfasste die verletzte Hand am Handgelenk und wiegte sich tröstend hin und her.
Li kam mit einem flauschig weißen Handtuch, einer Flasche Wasser und genug Verbandszeug für eine ganze Kompanie verwundeter Soldaten durch die Tür gestürzt.
»Lassen Sie das besser den Officer machen«, riet Eve dem Verwundeten. »Ihre Assistentin würde sicher das totale Chaos anrichten und Ihnen vor allem ziemlich wehtun.«
Smith nickte kurz und drehte dann den Kopf etwas zur Seite, damit er weder Peabody noch die blutende Wunde sah.
»Li, bitte geh wieder raus und mach die Tür hinter dir zu.«
»Aber, Carmichael …«
»Ich will, dass du verschwindest.«
Seine Stimme traf sie wie ein Peitschenhieb, und so blinzelte sie nur und floh dann eilig aus dem Raum.
»Wie haben Sie von … ihr erfahren?«, wandte sich Smith wieder an Eve.
»Es gehört zu meinem Job, Dinge herauszufinden.«
»Wissen Sie, wenn das bekannt wird, könnte mich das ruinieren. Meine Fans wollen nichts von solchen Dingen hören. Sie wollen von mir nichts Unanständiges, Abstoßendes hören. Sie kommen in meine Konzerte, weil dort alles wunderschön ist, weil ihnen dort eine romantische
Fantasie geboten wird, die sie die Hässlichkeit des wahren Lebens kurzfristig vergessen lässt.«
»Ich habe nicht die Absicht, mit dieser Geschichte an die Öffentlichkeit zu gehen, solange meine Arbeit das nicht von mir verlangt. Wie gesagt, ich habe kein Interesse an Publicity.«
»Das hat doch jeder«, widersprach er ihr.
»Denken Sie doch, was Sie wollen. Dadurch ändert sich der Grund meines Erscheinens nicht. Ihre Mutter war eine Prostituierte. Und sie hat Sie misshandelt.«
»Ja.«
»Trotzdem wird sie finanziell von Ihnen unterstützt.«
»Solange sie versorgt ist, hält sie sich von mir fern. Sie ist schlau genug, um zu wissen, dass sie vielleicht auf die Schnelle etwas Geld verdienen könnte, wenn sie mit ihrer Story zu irgendeiner Zeitung ginge, aber damit wäre die Gans geschlachtet, die seit Jahren brav goldene Eier für sie legt. Wenn ich nicht mehr genug verdiene, kriegt sie ebenfalls nichts mehr. Das habe ich ihr ausführlich erklärt, bevor sie den ersten Scheck von mir bekommen hat.«
»Ihre Beziehung zu Ihrer Mutter ist also alles andere als gut.«
»Wir haben keine Beziehung. Ich denke möglichst nie darüber nach, dass es zwischen uns beiden eine Verbindung gibt. Das bringt mein Chi aus der Balance.«
»Jacie Wooton war ebenfalls eine Prostituierte.«
»Wer?«
»Jacie Wooton. Die Frau, die in Chinatown ermordet worden ist.«
»Das hat nichts mit mir zu tun.« Inzwischen war er
wieder etwas gefasster und winkte mit seiner unverletzten Hand. »Und ich ziehe es vor, die dunkleren Seiten der Welt möglichst zu ignorieren.«
»Am Sonntag wurde eine zweite Frau ermordet. Die Mutter eines erwachsenen Sohnes.«
Als er sie jetzt ansah, lag ein Hauch von Furcht in seinem Blick. »Auch das hat nichts mit mir zu tun. Ich habe die Misshandlungen, die ich als Kind erlitten habe, überlebt. Ich setze sie bestimmt nicht fort.«
»Oft sind es gerade ehemalige Opfer, die selbst zu Tätern werden. Kinder, die geschlagen werden, neigen als Erwachsene besonders häufig zu Gewalt. Manchmal kommt ein Mensch als Mörder auf die Welt, manchmal wird er erst dazu gemacht. Eine
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