Das Herz des Mörders (17) - Imitation in Death (Death 17)
Inzwischen ist fast Mittag. Können Sie mir sagen, weshalb Sie heute noch einmal hierhergekommen sind, wenn Sie nicht denken, dass sie es schafft?«
Eve wollte etwas sagen, schüttelte dann aber den
Kopf und blickte wieder auf Marlene. »Ich könnte Ihnen sagen, dass das Routine ist. Aber, Mrs Cox, sie gehört nicht mehr nur Ihnen, sondern inzwischen auch mir. Das ist der Grund, weshalb ich heute noch einmal hierhergekommen bin.«
Als ihr Handy piepste, entschuldigte sie sich und trat lautlos durch die Tür.
»Kommen Sie, Peabody«, meinte sie nach Ende des kurzen Gesprächs.
»Gibt es etwas Neues?«
»Ich habe das Haus der Renquists beobachten lassen. Das Kindermädchen ist gerade ohne die Kleine mit dem Taxi zum Metropolitan Museum gefahren. Ich habe die ganze Zeit nach einer Möglichkeit gesucht, mich mit ihr zu unterhalten, ohne dass Mrs Renquist etwas davon mitbekommt.«
Während Sophia langsam durch den Raum mit den französischen Impressionisten schlenderte, entließ Eve ihre Bewacherin und trat dann selber auf sie zu.
»Sophia DiCarlo.« Sie zückte ihre Dienstmarke und sah, wie die junge Frau erschreckt zusammenfuhr.
»Ich habe nichts getan.«
»Dann sollten Sie nicht so schuldbewusst aussehen. Setzen wir uns doch.«
»Ich habe kein Gesetz gebrochen.«
»Dann fangen Sie auch jetzt nicht damit an, indem Sie sich weigern mit einer Polizeibeamtin zu sprechen.« Dass das kein Verbrechen war, wusste Sophia offenkundig nicht.
»Mrs Renquist hat gesagt, dass ich nicht mit Ihnen sprechen soll. Wie haben Sie mich hier gefunden? Ich
könnte meinen Job verlieren. Es ist ein guter Job. Ich mache meine Sache gut.«
»Das machen Sie bestimmt, und Mrs Renquist braucht ja nicht zu wissen, dass Sie mit mir gesprochen haben.«
Damit Sophia nicht doch plötzlich davonlief, nahm Eve sie sanft am Arm und zog sie mit sich zu einer mitten im Raum stehenden Bank. »Weshalb, glauben Sie, will Mrs Renquist nicht, dass Sie mit mir reden?«
»Wahrscheinlich will sie nicht, dass es irgendwelche Gerüchte über die Familie gibt. Wenn sie und die Angestellten von der Polizei vernommen werden, gibt das sicher irgendwelchen Tratsch. Ihr Mann ist ein sehr wichtiger und angesehener Mensch. Und über Menschen, die wichtig sind, tratschen die Leute eben gern.«
Sie rang unglücklich die Hände. Es kam nicht gerade häufig vor, dass Eve jemanden wirklich die Hände ringen sah. Dabei blitzten Aufregung und etwas wie Furcht wie Warnsignale in Sophias Augen auf.
»Sophia, ich habe Sie bei der Einwanderungsbehörde überprüft. Sie sind vollkommen legal hier in den USA. Weshalb also haben Sie solche Angst davor, mit mir zu sprechen?«
»Das habe ich doch schon gesagt. Mr und Mrs Renquist haben mir diesen Job gegeben und mich hierher nach Amerika gebracht. Wenn sie nicht mit mir zufrieden sind, schicken sie mich vielleicht fort. Aber ich liebe Rose. Ich will mein kleines Mädchen nicht verlieren.«
»Wie lange arbeiten Sie schon für sie?«
»Seit fünf Jahren. Rose war damals gerade ein Jahr alt. Sie ist ein so nettes Kind.«
»Was ist mit ihren Eltern? Ist es leicht, für sie zu arbeiten?«
»Sie … sie sind sehr fair. Ich habe ein wunderschönes Zimmer und werde gut bezahlt. Ich habe einen ganzen Tag und einen Nachmittag pro Woche frei. Dann komme ich gerne hierher ins Museum. Ich bilde mich auf diese Weise fort.«
»Wie kommen die Renquists miteinander aus?«
»Ich verstehe nicht.«
»Gibt es zwischen den beiden öfter Streit?«
»Nein.«
»Sie streiten wirklich nie?«
Sophia wirkte nicht mehr nur verschreckt, sondern regelrecht verzweifelt. »Sie benehmen sich immer vollkommen korrekt.«
»Das kaufe ich Ihnen nicht ab. Sie wollen doch wohl nicht behaupten, dass Sie seit fünf Jahren bei diesen Leuten leben und dass es in der ganzen Zeit nie zu irgendeinem Streit zwischen den beiden gekommen ist.«
»Es steht mir nicht zu -«
»Wenn ich Sie danach frage, steht es Ihnen zu, sich dazu zu äußern.« Fünf Jahre in einem gut bezahlten Job, überlegte Eve. In der Zeit hatte die junge Frau doch sicher etwas angespart, weshalb die vage Möglichkeit, ihre Stelle zu verlieren, kein Grund für echte Sorge war. »Weshalb haben Sie eine solche Angst vor den beiden?«
»Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
»Oh doch, das wissen Sie.« Eve sah es ihr überdeutlich an. »Kommt er abends in Ihr Zimmer, wenn die Kleine schläft? Wenn seine Frau in ihrem eigenen Zimmer ist?«
Tränen stiegen ihr in die Augen und kullerten
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