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Das Herz des Ritters

Das Herz des Ritters

Titel: Das Herz des Ritters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Adrian schreibt als Tina St. John
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brodelte in Zahirah auf, als sie an die Ereignisse jener Nacht zurückdachte, und sie musste sich zwingen, dem beharrlichen Blick seiner graugrünen Augen standzuhalten. »Nicht viele würden es wagen, gegen Assassinen zu kämpfen, Mylord. Man sagt, sie bewegen sich wie Schatten durch die Dörfer und Berge. Manche behaupten, sie seien von schwarzer Magie verzaubert und vom Teufel besessen.«
    Der Hauptmann schnaubte höhnisch. »Bevor er mir einen Dolchstoß versetzt hat, habe ich diesen besonderen Teufel in den Händen gehabt. Ein Wesen aus Fleisch und Blut, wie Ihr und ich, kann ich Euch versichern. Und wenn ich ihn wiedertreffe, wird er genau wie ein solches Wesen bluten.«
    Zahirah schluckte schwer, als sie die Entschlossenheit bemerkte, die in seiner Stimme lag. Sebastian hatte seine Aufmerksamkeit schon wieder auf das Spiel gerichtet, nahm den bedrohten Bauern und entfernte ihn aus der Gefahrenzone. Durch diese Entscheidung hätte er die Partie nach vier Zügen verloren, falls sein Gegner auch nur halb so geschickt in diesem Spiel war wie Zahirah. Sie spielte es seit ihrer Kindheit.
    Auf einen Blick sah sie, was Sebastian im Schilde führte. Ungeduldig wollte er den Weg für die weiße Dame frei machen, damit er die schwarze Dame bedrohen konnte. Ein kühner Zug, das musste sie zugeben, aber hätte er gründlicher überlegt, hätte er seinen Fehler gewiss erkannt. Zahirah blickte auf den weißen
Rukh
, der durch Sebastians unbedachten Zug angreifbar geworden war, und es juckte sie in den Fingern, Abduls Platz einzunehmen.
    »Wie blutrünstig ihr Engländer doch seid«, meinte sie leichthin, wenngleich herausfordernd. »Ihr verhaltet Euch im Krieg ebenso wie beim
Schatrandsch

    Sebastian lachte. »Ihr klingt ganz wie Abdul. Er behauptet, dieses Spiel würde mich die Tugend des Wartens auf den rechten Augenblick lehren. Spielt Ihr, Mylady?«
    Unter ihrem Schleier lächelte Zahirah. »Ein wenig.«
    »Bitte«, sagte er und deutete auf die Bank ihm gegenüber.
    Zahirah nahm den Platz des schwarzen Spielers ein und zog, ohne auch nur eine Sekunde lang zu zögern, ihren
Faras
zwei Felder nach vorn und drei nach rechts. Die Pferdefigur schlug unerbittlich den ungeschützten
Rukh
des Hauptmanns.
    Er brummte unwillig und erwiderte ihren ungerührten Blick mit sarkastischer Miene. »Wie ich sehe, kann ich von Euch kein Erbarmen erwarten, Mylady.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, Mylord.«
    Er schenkte ihr ein Lächeln, bei dem das Herz einer jeden Frau von England bis Palästina dahingeschmolzen wäre. »Dann sehe auch ich mich nicht in der Verpflichtung zu mildtätigen Gesten, holde Dame.«
    »Glaubt Ihr etwa, ich werde in die Verlegenheit geraten, Euch darum zu bitten, Sir?«
    Er lachte laut, und so begann der spielerische Reigen.
    Sofort beherrschte Zahirah das Brett, vereitelte jede seiner Strategien und trieb ihn mit einer steten Offensive, die Saladin höchstpersönlich zur Ehre gereicht hätte, zurück in die Verteidigung. Sebastian schien die Herausforderung zu genießen, obwohl er das Spiel gegen eine Frau verlor – oder vielleicht, so dachte sie, genau deswegen. Mehr als einmal ertappte sie ihn dabei, wie er sie mit einem Blick betrachtete, den man als warmherzig oder interessiert, vielleicht auch ein wenig bewundernd beschreiben konnte. Oh, er schimpfte und grollte bei jeder verlorenen Figur, und er fluchte auch ein wenig, doch gleich darauf folgte immer ein Lachen, und bald schon stellte Zahirah fest, dass sie ebenso viel Vergnügen an dem Spiel hatte wie er.
    Schlimmer noch, sie stellte fest, dass sie seine Gesellschaft aufrichtig genoss. So sehr, dass sie, als sich das Spiel seinem Ende zuneigte, fast bedauerte, so rasch vorgegangen zu sein. Ein schneller Blick auf das Brett verriet ihr, dass sie seinen König beim nächsten Zug schlagen konnte, wenn er nicht achtgab. Sie lehnte sich zurück und hoffte, dass er die Lücke in seiner Verteidigung entdeckte und durch einen entsprechenden Zug das Spiel noch ein wenig verlängern würde.
    Zu ihrer Enttäuschung schwebte seine Hand über der weißen Dame, der Figur, die ihren schnellen Sieg im Augenblick noch verhinderte. Nach kurzem Nachdenken hob er sie hoch.
    »Mylord, seid Ihr sicher?«, murmelte sie, verblüfft über die Warnung, die ihr wie von selbst über die Lippen geschlüpft war.
    Er hielt inne und blickte sie einen Moment lang an, als ob er ihren Rat erwog. Sie sah die Überraschung in seinem Gesicht. Ganz offensichtlich fragte er sich

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