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Das Herz des Satyrs: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Das Herz des Satyrs: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Das Herz des Satyrs: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Amber
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einem dunklen Ort, verborgen unter einem Schleier; doch wenn eine ihr Gelübde der Keuschheit gebrochen hatte, so wurde sie am Collinischen Tor lebendig begraben.

    »Nein«, beharrte Silvia, »wenn herauskommt, dass du unkeusch warst, wird man dich am Tor lebendig begraben. Ist es das, was du willst?«
    »Natürlich nicht, aber …«
    Silvia unterbrach sie mit einer entschiedenen Geste ihrer Hand. »Wir können nicht zulassen, dass irgendein Verdacht auf dich fällt. Ich werde jede Auspeitschung akzeptieren. So muss es sein.«

13
    A m Morgen nach Vollmon d erwachte Silvia spät. Sie lag in der Grotte auf einem duftenden Bett aus Anderweltmoos. Allein. Ihr Körper fühlte sich schlapp, befriedigt und wundervoll geliebt an. Aber ihr Gesicht war nass von Tränen. Michaela war tot. Tränen flossen aus violetten Augen und liefen ihr über die Wangen. Es waren die Tränen nicht nur einer Frau, sondern von zwei Frauen. Tränen zweier lebenslanger Freundinnen, die in nur einem Monat, mit dem nächsten Vollmond, für immer getrennt würden. Dann, wenn Silvia einen neuen Wirt finden musste.
    Langsam fühlte sie, wie ihre Stimmung sich änderte und sie sich unter dem Einfluss ihres gegenwärtigen Wirtes beruhigte. Michaela wollte nicht zulassen, dass sie jetzt an so düstere Dinge dachte. Noch nicht. Nicht solange sie beide noch ein wenig Zeit zusammen hatten.
    Sie wischte sich die Tränen mit der Decke ab, in die sie sich nach Sonnenaufgang zusammen mit Bastian gekuschelt hatte, satt und erschöpft. Im Salon unter der Grotte war es still an diesem Morgen, abgesehen von dem gelegentlichen Geräusch einer Tür, die auf- oder zuging, oder dem Klappern von Porzellan, wenn andere Bewohner frühstückten. Sie wusste, dass die männlichen Geschöpfe der Anderwelt heute schon früh ihren Geschäften nachgehen würden. Die Rufnacht hatte immer eine belebende Wirkung auf sie. Für ihre Frauen allerdings war es anders. Sie schliefen für gewöhnlich den Tag nach Vollmond durch. Zweifellos war es das, was Bastian auch bei ihr erwartete. Sie hatte jedoch eine Aufgabe: Feuersteine zu finden. Obwohl, vielleicht noch ein paar Minuten, bevor sie sich an die Arbeit machte.
    Sie streckte sich ausgiebig, gähnte und spürte ihre strapazierten Muskeln. Sie lachte leise und schüttelte reumütig den Kopf. Wie üblich hatte Michaela bekommen, was sie wollte, doch Silvia war dankbar dafür. Das hatte sie sich gewünscht, und nun wusste es auch Michaela und schien es zu akzeptieren.
    Es war ein glücklicher Umstand, dass Bastian das provisorische Nachtlager bereits verlassen hatte, denn so würde er ihre Tränen oder ihr Lachen nicht hinterfragen. Sie musste gehen, bevor er zurückkehrte. In den kommenden Wochen würde sie nicht vollständig aus seinem Leben verschwinden, nicht bevor sie die Feuersteine gefunden hatte, zu denen er sie unwissentlich führen würde. Doch in der Zwischenzeit würde sie sich rarmachen. Sie würde hier im Salon bleiben, statt zum Esquilin zurückzukehren. Sie würde sein Bett verlassen. Bei dem Gedanken wurde ihr das Herz schwer. Aber hierzubleiben und ihn für sich zu haben, während Michaela ihr Wirt war, erschien ihr als ein Verrat an der Freundin, den sie nicht begehen wollte. Vielleicht, wenn viel Zeit vergangen war und die Feuersteine alle gefunden worden waren … vielleicht, wenn sie mit Pontifex fertig war … vielleicht konnte sie dann eines Tages zurückkehren und sehen, ob ihre Leidenschaft von Dauer war. Aber heute war nicht dieser Tag. Nicht solange Michaela bei ihr war. Nicht solange noch sechs Feuersteine gefunden werden mussten.
    Beim Gedanken an die Steine stöhnte sie auf. Sie hatte den Opal in Bastians Hosentasche letzte Nacht völlig vergessen! Sie hätte ihn so leicht stehlen können, nachdem er eingeschlafen war. Närrin!
    Als sie so dalag und versuchte, genug Kraft zu sammeln, um sich bewegen zu können, drang ein Flüstern in ihre Gedanken wie ein leichtes Rauchfähnchen, das von einem ersterbenden Feuer aufstieg. Michaelas Stimme.
    Und was Aemilias Stein angeht … Ich habe ihn letzte Nacht nicht mitgenommen … nicht so dumm, wie Pontifex glaubt … er ist hier versteckt …
    Silvia setzte sich abrupt auf, so dass ihr die Decke bis zur Taille hinabrutschte. »Wo?«, fragte sie laut. Doch ihre Frage verklang, blieb unbeantwortet. Sie schlug die Decke zurück und erhob sich. Ging zum Teich, wusch sich eilig unter dem Wasserfall und reinigte dann ihre Zähne an einem nahen Brunnen. Ihre

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