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Das Herz des Satyrs: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Das Herz des Satyrs: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Das Herz des Satyrs: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Amber
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Ehemann sterben? Kinderlos? In ein paar Jahren wird unsere Schönheit zu welken beginnen und dann verkümmern. Ich werde fortlaufen, bevor der nächste Vollmond kommt. Bevor es zu spät ist. Du musst mit mir kommen.«
    Bei dem Gedanken an Pontifex’ Reaktion auf eine solche Flucht schauderte Silvia. Sie musste Michaela von der Vermessenheit ihres Plans überzeugen. »Ich habe gehört, dass es Dinge gibt, die man tun kann. Wir könnten eine Schafsblase besorgen, oder so etwas.«
    »Das ist nicht nötig. Niemand wird auf den Gedanken kommen, mich zu untersuchen, nicht bevor ich heirate«, sagte Michaela. »Aber du hast recht, eine Schafsblase würde einen neuen Ehemann wohl täuschen; also werde ich daran denken, in meiner Hochzeitsnacht eine zu verwenden. Es ist dumm, aber Männer wollen immer der Erste sein, bei allem, was sie tun.« Sie verdrehte die Augen.
    Trotz ihrer Betrübnis musste Silvia lächeln.
    »Das ist besser. Ich hasse es, wenn du wütend auf mich bist.«
    »Ich bin nicht wütend. Ich habe Angst um dich.«
    Michaela zuckte mit den Schultern. »Das musst du nicht. Niemand wird darauf kommen, dass ich irgendwie anders wäre.«
    Silvia bemerkte, dass die Flamme wieder schwächer wurde, und machte Anstalten, aufzustehen. »Vesta wird hungrig.«
    Michaela hielt sie zurück. »Ich gehe schon«, sagte sie und stieg zum ersten Mal an jenem Tag die drei Stufen hinauf, blieb vor dem Herd stehen, formte die Hände zu einer Schale und blies auf den Herd, wie Silvia es vorher getan hatte, um die ewige Flamme zu nähren.
    Doch dieses Mal geschah nichts. Die Flamme wurde nur noch schwächer. Sie versuchte es wieder. Nichts. Michaela wirbelte herum, ihre Miene verriet Panik. »Die Flamme! Ich kann nicht – es passiert nichts!«
    Silvia eilte zu ihr, schob sie beiseite und formte ihre Hände ebenfalls zu einer Schale.
    Plötzlich war ein Aufkeuchen zu hören. »Ihr habt die Flamme ausgehen lassen?«
    Die beiden Mädchen wirbelten herum, um Occia und Aemilia auf der anderen Seite des Tempels stehen zu sehen. Sie waren zur Ablösung gekommen. Occias Blick ging zwischen Michaela und Silvia hin und her und leuchtete mit befriedigter Bosheit auf.
    Eilig brachte Silvia die Flamme wieder zum Lodern.
    Michaela fing hastig an: »Es war meine …«
    »Die Schuld liegt bei mir«, unterbrach Silvia. »Ich hätte schneller sein müssen. Aber, wie ihr seht, es ist alles in Ordnung.« Sie zeigte auf die lodernde Flamme.
    Aber Occia war schon verschwunden, um die Neuigkeit zu verbreiten. Aemilia stand mit gerunzelter Stirn da. »Seid ihr in Schwierigkeiten?«
    »Versuche, sie aufzuhalten«, befahl Silvia dem Mädchen, das augenblicklich davoneilte, ihre Anordnung zu befolgen.
    »Das mache ich«, versprach sie und rannte hinter Occia her. Wie alle anderen war auch Aemilia für den Tempel erwählt worden aufgrund ihrer körperlichen Makellosigkeit und der Wärme ihrer Handflächen. Doch obwohl sie ein freundliches Herz hatte, brachte sie ihre Lehrer zur Verzweiflung, da sie augenscheinlich nicht einmal in der Lage war, lesen und schreiben zu lernen. Sie war leicht ablenkbar, und man konnte sich nicht darauf verlassen, dass sie die Flamme allein hütete. Sie würde nie eine Lehrerin für künftige Novizinnen werden, und manchmal machte Silvia sich Sorgen, dass Pontifex einen Vorwand finden könnte, um sie aus der Vestalischen Gemeinschaft auszuschließen.
    Michaela versuchte erneut, das Feuer noch höher anzufachen, doch ohne Erfolg. Verzweifelt drückte sie ihre Handflächen auf Silvias Arm und sah die Freundin fragend an.
    »Die Wärme ist noch immer in deinen Händen«, versicherte Silvia ihr. »Es hat sich nichts geändert.«
    Also versuchte Michaela ein drittes Mal, die Flamme zu nähren. Als sie es nicht schaffte, schimmerte echte Angst in ihren Augen. »Du irrst dich. Einst konnte ich diese Flamme nähren, doch jetzt – es muss daran liegen, dass ich nicht mehr unberührt bin. Je früher ich von hier fortgehe, desto besser. Aber ich werde dich nicht die ganze Schuld dafür tragen lassen. Ich werde lange genug hierbleiben, um die Strafe auf mich zu nehmen.«
    Als Silvia ihre liebste Freundin ansah, tanzten die unheilvollen Worte des Philosophen Plutarch in ihrem Kopf und nährten die aufsteigende Furcht in ihr vor der Strafe, die für Vergehen gegen Vesta vorgesehen war:

    Für geringere Vergehen wurden diese Vestalinnen mit Peitschenhieben bestraft; und manchmal vollzog Pontifex Maximus die Strafe am nackten Körper, an

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