Das Herz des Südens
starrte sie an. »Was für ein Spiel soll das denn jetzt werden?«
Seine unhöfliche Art würde am Ende dieses Tages keine Rolle mehr spielen, beschloss Josie. »Sie werden noch heute Ihre Sachen packen und die Plantage vor Einbruch der Dunkelheit verlassen, Monsieur.«
»Zum Teufel nochmal, ich lasse mir doch von einem kleinen Mädchen nichts befehlen! Das bespreche ich mit Madame Tassin.«
Dann wendete er sein Pferd und gab ihm die Peitsche. Josies erster Impuls war, mit ihm um die Wette zum Haus zu reiten und ihm bei ihrer Großmutter zuvorzukommen. Aber dann besann sie sich eines Besseren. Sie nickte den Sklaven zu, die dastanden und mit offenen Mündern der Szene zusahen, und dann ließ sie Beau zurück zum Haus traben. Ellbogen-John ritt hinter ihr her.
Als sie in den hinteren Hof kam, stand LeBrecs Pferd schweißnass in der prallen Sonne gleich neben der Treppe. »So kann man ein Tier doch nicht behandeln«, sagte sie zu John. »Bind es im Schatten an und gib ihm etwas zu trinken. Und dann komm zu mir ins Haus.«
Drinnen hatte Grand-mère LeBrec nur mit ihrem Blick auf einem Stuhl festgehalten. Sie sprach aufgeregt auf ihn ein und zeigte mit dem Finger auf ihn. Weder Laurie noch LeBrec verstanden sie, aber Josie wusste auch so, worum es ging. Sie legte ihrer Großmutter eine Hand auf die Schulter, um sie zu beruhigen.
»Keine Sorge, Grand-mère«, sagte sie. »Monsieur LeBrec glaubt, ich hätte keine Autorität auf dieser Plantage. Er wird gleich begreifen, dass er sich irrt. Monsieur, ich sage es Ihnen noch einmal, packen Sie Ihre Sachen und Ihre Familie zusammen. Ich schreibe Ihnen einen Scheck für den Lohn aus, den wir Ihnen schulden. Sie werden Toulouse noch vor Einbruch der Dunkelheit verlassen.«
»Aber so hören Sie doch …«, begann LeBrec und sah Madame an. Sie sagte nichts, aber ihr frostiger Blick sprach eine deutliche Sprache.
»John«, sagte Josie, als Ellbogen-John neben ihr auftauchte. »Wenn Monsieur nicht freiwillig geht, wirst du gemeinsam mit dem alten Sam und seinen Söhnen dafür sorgen, dass er sich auf den Weg macht.«
Sie hielt LeBrecs wütendem Blick stand, bis er aufgab, seinen schmutzigen Hut gegen sein Bein schlug und durch den Salon davonstapfte.
Erst jetzt ließ sie ihren Gefühlen freien Lauf. Ihre Knie zitterten, und sie ging am Rollstuhl vorbei zum Sofa. Grandmère würde schimpfen. Sie würde sie fragen, was sie sich eigentlich dabei dachte. Wie sollten sie ohne Aufseher zurechtkommen, jetzt, wo das Zuckerrohr fast reif für die Ernte war?
Josie wappnete sich und blickte ihre Großmutter an, entschlossen, sie anzuhören, bevor sie eine Antwort gab. Aber ihre Großmutter saß da, mit hochgezogenem Mundwinkel und einem beifälligen Funkeln in den Augen. Sie deutete mit der Hand auf Josie, und so mühsam ihr die Worte über die Lippen kamen, diesmal war sie sehr gut zu verstehen. »Herrin … Toulouse«, sagte sie.
Als die Sonne hinter den Baumwipfeln unterging, band Le-Brec mit einem Seil die Stühle, Betten und Kisten auf dem Wagen fest. Er bewegte sich ohne Eile und sehr geübt, das einzige Anzeichen für seinen Zorn lag in seinen dunklen Augen. Die Gruppe dunkelhäutiger Männer, die neben Ellbogen-John standen und ihm schweigend zusahen, schien er nicht zu beachten.
Auf der Veranda stand Madame LeBrec sehr aufrecht, während ihr die Tränen über die Wangen liefen. Yves stand wie ein kleiner Soldat neben ihr, während Sylvie sich an ihre Röcke klammerte, den Daumen im Mund.
Seine Frau und die Kinder würden heute Nacht irgendwo unter freiem Himmel in der Kälte schlafen müssen, als wären sie Landstreicher, wütete LeBrec. Die schlechte Nachtluft würde Sylvie schaden, wo sie doch gerade erst einen bösen Husten überstanden hatte. Ein Aas, diese Josephine, ihnen nicht einmal Zeit bis zum nächsten Morgen zu lassen. Wenn Sylvie wieder krank wurde …
Er legte die Hand an den frischen Verband, den Bettina ihm angelegt hatte. Er war schon wieder durchgeblutet, und die Wunde würde schlimmer schmerzen als ein böser Zahn. Er würde sie nähen lassen müssen, aber daran war jetzt nicht zu denken.
LeBrec zog seinem Pferd den Hafersack weg und warf ihn auf den Wagen. Er gehörte Toulouse, aber das war ihm jetzt egal. Das Aas hatte ihm den Lohn ausbezahlt, aber damit konnte sie nicht annähernd das ausgleichen, was sie seiner Familie antat. Zumindest für einige Tage würden sie heimatlos umherziehen müssen. Natürlich würde er in Baton Rouge Arbeit finden,
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