Das Herz des Südens
ein Stück die Straße hinauf, über dem Laden mit dem Schwein im Ladenschild.«
Der Metzger ließ das Beil sinken, mit dem er Fleisch zerteilte, als Cleo den Laden betrat.
Sie fühlte, wie sich ihr der Magen umdrehte, als sich ihre Augen an die schwache Beleuchtung gewöhnt hatten. Er hatte Blut und Fleischfetzen im Bart, und seine Arme waren bis zu den Ellbogen blutig.
Er wischte seine Hände an der Schürze ab. »Was soll’s denn sein, Mädchen?«, fragte er. »Die Schweinefüße sind heute günstig.«
»Ich suche Monsieur DeBlieux. Meine Herrin hat eine Nachricht für ihn«, schwindelte sie.
Der Metzger warf einen Blick auf das Baby und grinste. »Ach ja?«
Eine schwarze Frau mit einem Korb über dem Arm kam herein, und der Metzger wandte ihr sofort seine Aufmerksamkeit zu. »Na, Emily Jane, was soll’s denn heute sein?«
Die Frau nickte zu Cleo hinüber. »Sie war zuerst dran.«
Ganz Geschäftsmann, nickte der Metzger Cleo zu und zeigte ihr mit dem erhobenen Kinn den Weg zur Treppe im hinteren Teil des Ladens. »Da rauf«, sagte er.
Am oberen Ende der Treppe befand sich eine einzelne Tür. Cleo klopfte vorsichtig, dann drehte sie den Türknopf, aber die Tür war abgeschlossen. Sie setzte sich und lehnte sich mit dem Rücken an die Tür. Immerhin war sie der grellen Sonne entkommen, aber hier oben war es heiß und stickig. Irgendwann döste sie ein.
Lange nachdem der Laden geschlossen hatte, die Sonne untergegangen und Cleo hungrig geworden war und das Hungergefühl wieder überwunden hatte, hörte sie Schritte unten an der Treppe. Sie stand auf. »Phanor?«
Die Schritte hielten inne. »Wer ist da?«
»Phanor, ich bin’s, Cleo.«
Keine Antwort.
»Phanor, bist du das?«
Phanor nahm die restlichen Stufen immer zwei auf einmal. Cleo streckte die Hand aus und fand ihn in der Dunkelheit.
»Cleo! Was machst du denn hier?«, fragte er.
»Kann ich reinkommen?«
»Ja, natürlich. Warte einen Augenblick.« Er suchte in seiner Tasche nach dem Schlüssel und öffnete die Tür zu seinem Zimmer. Durch das eine Fenster kam gerade genug Mondlicht, dass er die Kerze auf dem Tisch fand. Schnell zündete er sie an und sah das Baby in Cleos Armen und die tiefen Augenringe der Müdigkeit in ihrem Gesicht.
»Er heißt Gabriel«, sagte Cleo.
Phanor zog ihr einen Stuhl heran. »Setz dich doch. Hast du Hunger? Irgendwo müsste noch etwas Brot und Wurst sein, wenn die Mäuse nicht alles aufgeputzt haben.«
»Hunger und Durst.«
Er öffnete eine Flasche Wein und band einen Jutebeutel auf, in dem sich ein halber Laib Brot und eine lange Wurst befanden. Das alles stellte er vor Cleo hin und ließ sie essen.
Als sie sich zufrieden zurücklehnte, sagte er: »So, und jetzt erzähl.«
Und sie berichtete ihm alles, was passiert war, seit er die Nachricht von Remys Tod gebracht hatte. Alles.
»Josie hätte doch nicht …«, stammelte er. »Ich meine, Josie ist doch nicht … Das kann sie dir doch nicht … Oder?«
»Ich weiß es nicht, Phanor. Sie hat sich benommen wie eine Verrückte. Ich habe mich so sehr gefürchtet, dass ich bloß Gabriel genommen habe und weggerannt bin. Die ganze Nacht bin ich gerannt.«
Phanor ging in dem kleinen Zimmer hin und her. »Sie war verliebt in den Kerl, in diesen Chamard, nicht wahr?«
»Ja.« Cleo spürte ihre Schuld, als er sie daran erinnerte. Sie hatte Josies Gefühle schwer verletzt, ebenso sehr wie Josie die ihren. »Ja, sie war verliebt in ihn.«
Phanor ließ sich auf einen Stuhl fallen und starrte zu Boden.
»Ich weiß, dass du sie gern hattest«, sagte Cleo.
Mit einem bitteren, trockenen Lachen sagte Phanor: »So könnte man es auch sagen.« Dann schüttelte er den Kopf, trank den restlichen Wein direkt aus der Flasche und stellte die Flasche dann mit Schwung auf den Tisch. Die Kerzenflamme leuchtete durch das Glas, und er starrte das Licht an. »Sie ist nicht mehr das Mädchen, das ich zu kennen glaubte«, sagte er.
»Sie hat ein schlimmes Jahr hinter sich«, versuchte Cleo eine Entschuldigung. Josie war wirklich nicht ganz bei sich gewesen, das erkannte sie jetzt. Aber sie bereute es nicht, mit ihrem Kind weggelaufen zu sein. Wer wusste schon, ob Josie jemals wieder ganz bei sich sein würde?
»Du siehst aus, als hättest du seit Tagen nicht geschlafen, Cleo.« Phanor deutete auf das Bett. »Willst du dich nicht hinlegen?«
Cleo warf einen sehnsüchtigen Blick auf das Bett. »Aber wo willst du dann schlafen?«
Phanor blickte forschend auf den harten Fußboden, dann
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