Das Herz des Südens
bist eine schöne Frau, Josie. Nicht nur ein hübsches Mädchen. Und du bist zäh, genau wie deine Großmutter.«
Josie hielt ihm die Tür auf. »Ich möchte, dass du gehst, Bertrand. Ich will dich hier nicht haben, und ich brauche dich nicht.« Würde er sich entschuldigen? Würde er sagen, dass es ihm leidtat? Dass es ihm leidtat, ihr Herz gebrochen zu haben? Dass es ihm leidtat, sie wegen des Geldes verlassen zu haben?
Bertrand erhob sich und setzte seinen Hut auf. »Ich habe einen schlechten Tausch gemacht, Josephine. Ich wäre besser dran, wenn ich dich nicht verloren hätte.«
Josie schloss die Tür hinter ihm. Es ist wahr, dachte sie. Ich brauche ihn nicht. Ich brauche überhaupt niemanden.
37
Der Winter ging dahin, und Josie fand eine grimmige Befriedigung darin, zu beobachten, dass viele Menschen, arme und reiche gleichermaßen, in schlechtesten Verhältnissen lebten, während sie, das verwöhnte, zarte Fräulein, in ihrer bescheidenen Garküche mit ihren Pasteten jede Menge Geld verdiente. An manchen Tagen standen die Arbeiter vor ihrer Theke Schlange bis zur nächsten Ecke hinauf, und Louella und sie hatten alle Hände voll zu tun, um allen Bestellungen gerecht zu werden. Sie stellte ein irisches Mädchen als Hilfe ein, nicht viel jünger als sie selbst, aber der Ofen fasste nur eine bestimmte Anzahl Pasteten, egal wie schnell sie sie vorbereiteten.
Josie besuchte Monsieur Moncrieff in seiner Bank. Sie zahlte ihm die Zinsen für ein weiteres Vierteljahr, aber statt wie geplant auch einen Teil des Darlehens zu tilgen, überredete sie ihn, noch ein bisschen Geduld zu haben. Sie würde das verdiente Geld gut anlegen, einen weiteren Laden eröffnen, diesmal näher am Hafen, und bis zum nächsten Jahr würde sie in der Lage sein, regelmäßig Teile des Darlehens zu tilgen.
Monsieur blickte sie über den Rand seiner Brille eindringlich an. Josie wusste, was er dachte: Sie war zu jung, um in finanziellen Dingen vertrauenswürdig zu sein. Aber sie hatte ihm ihr Rechnungsbuch mitgebracht, und sie legte ihm die Zahlen dar und beantwortete jede seiner Fragen.
»Nun gut«, sagte er schließlich. »Natürlich müssen Sie in der Zwischenzeit weiterhin Ihre Zinszahlungen leisten, aber ich werde die Tilgungen noch für eine Weile aussetzen. Ich gestehe, Mademoiselle Tassin, dass ich von Ihrem bisherigen Erfolg beeindruckt bin. Ich werde den Fortgang Ihres Unternehmens mit großem Interesse verfolgen, und wenn Sie irgendeinen Rat brauchen, bitte zögern Sie nicht, mich aufzusuchen.«
»Vielen, vielen Dank, Monsieur«, sagte sie und setzte ihr nettestes Lächeln auf, ganz die kleine Frau, die dem großen, klugen Mann dankbar ist. Innerlich dachte sie währenddessen: So weit kommt es noch, dass ich mir bei dir Rat hole. Ich glaube nicht, dass du irgendetwas davon verstehst, wie viel der Speck kostet oder wie viel meine Kunden für ein anständiges Frühstück bezahlen können, du aufgeblasener alter Esel.
Es dauerte nicht lange, dann hatte sie die zweite Garküche eröffnet und ein weiteres irisches Mädchen angestellt, eine zur Unterstützung für Louella und eine für sie in dem neuen Laden. Sobald die neue Niederlassung zufriedenstellend lief und Gewinn abwarf, dachte sie über die Eröffnung einer dritten nach, die Gebäck von besserer Qualität an die Restaurants im Vieux Carré liefern würde. Louella konnte einen wunderbaren Cremekuchen backen, und ihre Sahneballen waren die besten von ganz New Orleans. Aber dafür müsste sie mehr Angestellte haben, die von Louella angelernt wurden. Immer mit der Ruhe, rief sie sich zur Ordnung.
Erst einmal kaufte sie ein neues Kleid und feste Schuhe für Louella, ähnliche, wie sie sie selbst trug. Was Louella jedoch am meisten brauchte, war Ruhe. Sie war nicht mehr die Jüngste, und Josie sorgte dafür, dass Molly, das irische Mädchen, den nachmittäglichen Straßenverkauf übernahm. Louella hatte mit dem schweren Korb voller Pasteten zu kämpfen gehabt, während Molly ihn sich schwungvoll auf die Hüfte wuchtete und auf dem ganzen Weg zum Jackson Square sang, um die Pasteten unters Volk zu bringen. Mit ihren roten Locken, die unter der Haube hervorquollen, und ihrem fröhlichen Lächeln, war Molly eine wahre Verkaufskanone. An manchen Nachmittagen kam sie schon bald zurück in die Küche, um Nachschub zu holen.
An einem regnerischen Sonntag im Frühling schleppten sich Josie und Louella durch die verschlammten Straßen zu ihrer Küche. Der Sonntag war ihr einziger
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