Das Herz des Südens
sich in seinen großen schwarzen Augen, als sie ihn ansah, fast wie beim ersten Mal. »Geht es Ihrer Familie gut?«
»Ja, alle sind wohlauf.« Der Augenblick zog sich in die Länge, bis Phanor schließlich mit dem Hut gegen sein Knie schlug. »Nun, ich werde dann mal zu Madame gehen.« Aber ungeachtet seiner eigenen Ankündigung blieb er stehen, und nun sprudelten die Worte nur so aus ihm heraus. »Hören Sie, Josie, manchmal treffen wir uns auf dem Deich, Cleo und ich und ein paar andere, am Abend, und wir machen Musik. Wir könnten Ihnen etwas vorspielen, wenn Sie kommen wollen.«
Ihr Lächeln überstrahlte das düstere Kleid, die bleiche Haut. »Aber schrecklich gern, Phanor!«
Fasziniert sah er zu, wie das Grün in ihren Augen noch grüner wurde, aber er zwang sich, zur Tagesordnung zurückzukehren. »Gut, aber jetzt muss ich wirklich zu Madame. Vielleicht morgen, hm, Cleo?« Und als sie nickte: »Also morgen, Josie.«
Cleo brachte ihn zu Madames Arbeitszimmer und schloss die Tür hinter ihm.
Dann blieb sie vor der Tür stehen, um zu erlauschen, was durch das Schlüsselloch zu hören war, wobei sie Josie mit einem Auge aufmerksam betrachtete.
Nach ein paar Minuten flüsterte Josie: »Worüber reden sie?«
Cleo hielt einen Finger in die Luft: »Warte noch ein bisschen.«
Endlich kam sie leise und schnell zu Josie gelaufen. »Madame hat etwas von Monsieur Cherleu gesagt. Und von New Orleans. Sie wird doch Phanor nicht hinunter nach New Orleans schicken wollen?«
In diesem Augenblick öffnete sich die Tür des Arbeitszimmers, und Phanor erschien, ein breites Lächeln auf dem Gesicht. Er marschierte geradewegs hinüber zu den beiden Mädchen und vergewisserte sich, dass Laurie die Tür hinter ihm geschlossen hatte.
»Stellt euch bloß vor!«, sagte er zu ihnen. »Ich soll für Monsieur Cherleu Weinhändler in New Orleans werden. Madame hat das für mich eingefädelt. Ich, Phanor DeBlieux!«
»Na, meinen Glückwunsch, Phanor«, erwiderte Cleo. »Ich wusste doch, dass du irgendwann in New Orleans landen würdest.«
Phanor warf einen schnellen Blick über seine Schulter Richtung Tür und senkte die Stimme. »Josie«, sagte er, »das heißt aber auch, ich kann Ihnen morgen schon nichts mehr auf der Geige vorspielen. Heute aber …«
Madame Emmeline trat aus ihrem Arbeitszimmer. »Nun, bist du noch da, Phanor DeBlieux?«
»Ich war gerade dabei, zu gehen, Madame.« Er zwinkerte Cleo zu, bevor er sich förmlich vor Josie verneigte. »Au revoir, Mademoiselle Josephine.«
Als die Tür hinter ihm ins Schloss gefallen war, blickte Josie ihre Großmutter fragend an.
»Monsieur Cherleu wird allmählich alt, Josephine. Er ist müde, wohl auch zu müde, um nach dem Hochwasser noch einmal von vorn anzufangen.« Grand-mère setzte sich erschöpft auf die Bank am Fenster und bedeutete Cleo, ihr ein Glas Wasser einzuschenken. »Er ist jetzt von seinem Weingeschäft abhängig, und er braucht jemanden, der ihn in New Orleans vertritt. Der junge Phanor ist ein intelligenter Bursche, er wird das schnell lernen.«
Phanor würde den Winter in New Orleans verbringen! Ob sie ihn dort treffen würde? Wohl kaum bei den Abendgesellschaften, zu denen er sicher nicht eingeladen würde, aber vielleicht auf der Straße, auf irgendeinem Platz?
Als das Abendessen vorbei war und die Sonne nur noch knapp über den Bäumen stand, schlichen sich Josie und Cleo aus dem Haus und holten Thibault bei Louella ab. Einen besseren Anstandsbegleiter als ihn konnten sie unter diesen Umständen nicht auftreiben, und außerdem – und das war ihnen bedeutend wichtiger – versprach Thibaults helle, wunderbare Singstimme himmlische musikalische Freuden.
Thibault lief vor ihnen her zu Phanors Maultier, das schon auf dem Deich graste. Er streichelte Toine über die Nase und rupfte ein Büschel Gras aus, um ihn zu füttern. »Gutes Maultier, Toine. Du bist mein Freund«, sagte er.
Phanor stocherte in einem kleinen Feuer, das er mitten auf der Lichtung entzündet hatte. »Hallo Cleo! Thibault liebt ihn wirklich, den alten Toine«, sagte er, übers ganze Gesicht grinsend. »Bon soir, Josie.«
Josie lächelte ihm zu, nicht ganz so selbstbewusst wie er und unsicher, wie es weitergehen würde. Phanor klopfte auf den Baumstamm, wo neben ihm ein Platz frei war, und sie setzte sich.
Nur nicht zu nahe! Sie war sicher ohnehin nur wegen Cleo eingeladen worden.
»Kommt Remy auch?«, fragte Phanor.
Cleo beschirmte ihre Augen mit einer Hand. »Er ist noch auf
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