Das Herz des Südens
ändern. Ich würde dir eine Abendschule empfehlen, solange du in der Stadt bist.«
Phanor musste zugeben, dass sie recht hatte. Seine Mutter hatte ihm Lesen und Schreiben beigebracht, und er war ein braver Schüler gewesen, aber sie hatte ihm nur so viel zeigen können, wie sie selbst wusste.
»Ich werde dir eine französische Grammatik mitgeben.«
»Sie sind sehr freundlich, Madame. Ich werde sie Seite für Seite auswendig lernen, das verspreche ich Ihnen.«
»Und Englisch musst du lernen«, befahl sie ihm.
»Ja, Madame, ich habe schon ein wenig damit angefangen.«
»Sehr gut, das habe ich nicht anders erwartet.«
Als der Abend zu Ende war, verabschiedete sich Phanor, das Grammatikbuch in der Tasche. Cleo reichte ihm den Hut und öffnete ihm die große Tür zur vorderen Veranda.
»Fünf Minuten«, flüsterte sie ihm zu.
Phanor wartete auf einem Hocker zwischen den Weinregalen. Als er Cleos Gestalt in der Tür stehen sah, flüsterte er ihr zu: »Hier bin ich!«
Sie stolperte über ein Fass und streckte die Hand nach ihm aus. Er nahm sie und führte sie zu den Kisten, wo sie neben ihm sitzen konnte.
»Wirst du Remy helfen?«
»Louis und ich, und du natürlich. Louis wird den größten Teil des Risikos tragen müssen, aber er ist einverstanden. Ich glaube, er liebt die Gefahr ebenso sehr wie die Möglichkeit, Remy zu helfen.«
»Und du? Ich glaube, du liebst sie auch.«
»Du weißt doch, wie wir Cajuns sind. Ein bisschen Risiko macht uns froh.«
»Was wollt ihr tun?«
Phanor erklärte die Rollen, die er und Louis spielen würden. Cleo hatte noch einen Vorschlag. »Entschuldige bitte, Phanor, ich will wirklich niemanden beleidigen, aber Louis darf auf keinen Fall wie ein armer Cajun aussehen, wenn er als Remys Herr durchgehen soll.«
»Ich dachte, ich gebe ihm eins von meinen neuen Hemden.«
»Das musst du nicht, Phanor. Monsieur Emile hat dutzendweise Hemden hinterlassen, und sie liegen im Schrank und modern vor sich hin. Ich hole eins für Louis, und vielleicht hat Louis dann ein altes Hemd für Remy, damit man die wunden Stellen auf seinen Schultern nicht so sieht.«
»Und was ist mit LeBrec?«, fragte Phanor. »Kannst du nachts zu Remy?«
»Mit LeBrec werde ich schon fertig, der tut mir nichts mehr.«
Das klang wie die Cleo, die Phanor von früher kannte, aber mit einem Mann von LeBrecs Statur war nicht zu spaßen. »Ich komme mit«, schlug er vor.
»Nein, das ist mein Risiko, nicht deins«, sagte sie. »Aber vor allem müssen wir diesen elenden Käfig wegkriegen.«
Phanor wollte ihr nicht sagen, dass er keine Ahnung hatte, wie man das Gestell von Remys Schultern bekam. Er hatte es noch nicht genau gesehen, aber alle seine Ideen hatten bisher zu nichts geführt. Er dachte daran, Remys Hals abzupolstern und dann mit Hammer und Meißel auf das Halsstück des Käfigs loszugehen. Aber wenn der Meißel abrutschte oder er mit dem Hammer danebenschlug und den Kopf traf … Cleo hatte gesagt, es gäbe einen Verschluss unten an der Vorrichtung. Vielleicht konnte er den zerschlagen. Vielleicht aber auch nicht.
»Wir kriegen das Ding schon ab«, sagte er.
Wochenlang hatte Cleo an nichts anderes gedacht als an den Käfig und wie sie ihn von Remys Kopf bekommen könnte. In ihrer Verzweiflung war sie noch einmal beim Schmied gewesen. »Du musst gar nichts machen, du musst ihn nicht mal anfassen«, hatte sie ihn angefleht. »Du musst mir nur sagen, wie du das Schloss gemacht hast.«
Der Schmied war ein Hüne von einem Mann, dessen mächtige Armmuskeln sich unter dem dünnen Hemd schwarz abzeichneten. Aber so stark er auch war, er hatte Angst vor Le-Brec. Cleo bot ihm alles Mögliche an, aber er schüttelte nur den Kopf.
Doch sie hatte nicht aufgegeben, und allmählich hatte sie ihn mürbe gemacht. Für den Preis einiger Vorräte, die Cleo im Haus stehlen und ihm bringen konnte – Öl, Baumwolle, Kerzen, ein wenig Essen –, war er endlich bereit, ihr zu zeigen, wie der Mechanismus funktionierte.
Jetzt wusste sie, was sie wissen musste. »Ich kenne das Schloss«, sagte sie.
Phanor versuchte, in der Dunkelheit ihr Gesicht zu erkennen. »Du weißt …«
»Ja, ich kann es aufmachen. Aber es reicht nicht, dass man den Käfig abnimmt, diesmal braucht Remy Hilfe, um wegzukommen. Denn wenn er wieder eingefangen wird … er darf einfach nicht wieder eingefangen werden. Deshalb habe ich gewartet.«
Phanor atmete erleichtert durch. »Na, das war das schwierigste Stück, dieses verdammte Ding.«
Am
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