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Das Herz des Werwolfs (German Edition)

Das Herz des Werwolfs (German Edition)

Titel: Das Herz des Werwolfs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Andersen
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dass ihre Lippen auf einmal nur noch eine Haaresbreite voneinander entfernt waren.
    In diesem Augenblick hätte sie zögern sollen, sie wusste es genau, in diesem einen Augenblick wäre es klüger gewesen, zu erstarren, und sicherer. Hier, in dieser fremden Welt, beinahe in einer Umarmung mit einem Mann, mit dem sie überhaupt nichts gemeinsam hatte, sollte sie einfach zurückweichen und fliehen. Aber die Hitze, die durch sie hindurchraste, ließ sie sich lebendig fühlen. Und das, nachdem sie so lange betäubt gewesen war, dass sie diesen Zustand schon für normal gehalten hatte. Außerdem stand ihr Ziel bereits fest: der Bogen von Meriden, in achtundvierzig Stunden.
    Zwei Tage, dachte sie, was kann schon passieren?
    Also wich sie nicht zurück, floh nicht, sondern stellte sich ihm entgegen, als er sich rasch und heftig über sie beugte. Und sie küsste, als ginge es um sein Leben.

5. KAPITEL
    W eiche Wärme an seinen Lippen. Seidige Hitze auf seiner Zunge. Gewürze und Blumen. Kurven. Die Empfindungen stürzten auf Dayn ein. Vorbei war es mit aller Zurückhaltung und Selbstbeherrschung. Er konnte nur noch handeln und reagieren, nicht mehr denken oder planen.
    Mit einem leisen Stöhnen tief in seiner Kehle drängte er sie zurück gegen den Baumstamm, bis ihre Körper sich aneinanderrieben, gegeneinander gepresst waren, sich von Knie bis Brust berührten. Er legte ihr die Hände ans Gesicht und brauchte den letzten Rest seiner Willenskraft, um sie dort zu halten, denn er wusste, wenn er sie berührte – richtig berührte, wie er es so dringend wollte –, wäre er endgültig verloren. Auch wenn er in diesem Augenblick nicht hätte sagen können, was daran so schlimm sein sollte.
    Es war zwei Jahrzehnte her, dass er eine Frau so gehalten hatte, ohne dazu gezwungen zu sein. Zwei Jahrzehnte waren vergangen, seit er ein Brennen gespürt hatte, das über das Körperliche hinausging. Aber jetzt, als ihre Zungen sich berührten und umeinanderglitten, als sein ganzer Körper sich anspannte, war ihm, als küsste er nicht nur eine Frau. Er küsste einen Traum, von dem er bisher noch nicht gewusst hatte, dass er ihn träumte.
    Sie hielt sich für einen Feigling, und doch war sie in ihrem Herzen so stark. Sie hatte jemanden verloren, der ihr nahegestanden hatte, und gab sich selbst die Schuld dafür. Und sie verstand nicht – konnte nicht verstehen –, wie sehr er das nachvollziehen konnte. Er wusste nicht, ob die Trauer und die Schuldgefühle, die in ihrem Kuss lagen, vonihm oder von ihr kamen, aber diese Gefühle ließen nach, je heißer es zwischen ihnen wurde. Und zum ersten Mal seit langer, so langer Zeit fühlte er sich nicht allein.
    Warme Haut unter seinen Händen. Drängende Finger an seiner Taille, seinem Rücken, seinen Schultern, in seinen Haaren. Ein laut klopfendes Herz. Angespannte Muskeln. Ein Hauch von Magie und Mondlicht, und …
    „Beim Abgrund.“ Er beendete den Kuss und legte seine Stirn gegen ihre. „Wir dürfen das jetzt nicht tun.“ Prioritäten.
    Sie atmete genauso schwer wie er, und ihre Finger schlossen sich fest um seine Handgelenke, aber sie nickte. „Ja.“ Und keiner von ihnen erwähnte das „jetzt“ oder dass es ihnen die Option auf „später“ ließ.
    Er trat einen Schritt zurück und zwang sich, sie nicht noch einmal zu berühren. „Wir gehen zuerst zu Candida. Sie hat ein paar Dinge, die ich mitnehmen möchte.“ Zum Beispiel das Gift, das sie für den Magier hergestellt hatte, und vielleicht ein oder zwei Tricks, die ihm dabei helfen konnten, Reda zu beschützen. Denn auch wenn sie nicht seine oberste Priorität sein konnte, war er doch auf jeden Fall verantwortlich für sie.
    Der Gedanke stand im Widerspruch zu dem Versprechen, das er dem Geist seines Vaters geleistet hatte, aber das beunruhigte ihn nicht. Er war dorthin unterwegs, wo er sein sollte, mit der Frau, die ihm als Führerin bestimmt war. Und wenn er Elden erreicht hatte, würde er allein weitermachen.
    Sie brachen auf, immer den Pfad entlang.
    Die kalte mondbeschienene Nacht war jetzt still, das Rudel schien weitergezogen zu sein. Reda hielt leicht mitihm Schritt, auch wenn sie drei Schritte machen musste, wo er nur zwei brauchte. Er versuchte, sich darauf zu konzentrieren, worum er Candida bitten wollte und welchen Weg sie am besten einschlugen, um den Bogen von Meriden sicher zu erreichen. Er wollte den Rudeln, durch deren Territorien sie wandern mussten, dabei nicht in die Quere kommen. Dennoch kehrten seine

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