Das Herz des Werwolfs (German Edition)
ihre Zungen sich berührten und aneinander entlangglitten. Und zum ersten Mal machte etwas in ihr klick, und eine leise Stimme flüsterte: Ja. Das ist es. Du kannst das hier auf keinen Fall aufgeben.
Sie dachte nicht zum ersten Mal voller Sehnsucht daran, dass Dayn vielleicht die Liebe ihres Lebens war. Aber jetzt glaubte sie zum ersten Mal, dass es möglicherweise irgendwie funktionieren könnte. Vorher hatte sie sich, selbst wenn sie sich vorstellen konnte, dass sie Elden zurückeroberten, nie an der Seite eines Prinzen gesehen. Doch jetzt … ihre Gedanken wirbelten durcheinander, als erseine Lippen von ihren löste und ihre Wangen küsste, ihre Stirn.
Dann trat er einen Schritt von ihr zurück, auf den Pfad zu, der nach oben führte, und streckte einladend die Hand aus. „Komm mit mir, meine süße Reda. Hab Vertrauen. Sei mutig.“
Vor ihr tauchte das Bild des Jägers auf, der Rotkäppchen bat, alles und jeden zurückzulassen und mit ihm zu kommen, ohne dass er irgendetwas an seinem eigenen Leben verändern musste. Damals hatte sie das unfair gefunden. Jetzt war ihr klar, dass es manchmal nicht anders ging.
„Ich … Pass auf! “, kreischte sie, als sie plötzlich einen beige-grauen Fleck den Pfad hinaufrennen und dann springen sah.
Er wirbelte sofort herum, um den Angriff abzuwehren, aber er kam nicht einmal mehr dazu, sein Schwert zu ziehen, bevor der riesige Wolfyn auf ihn prallte und ihn mit einem furchtbaren Brüllen zu Boden warf.
Sie griff nach ihrem Bogen, aber er wurde ihr aus der Hand gerissen. Jemand legte ihn ihr um den Hals, und sie spürte, wie die Sehne sie zurückzog und ihr dabei in die Haut schnitt. „Nein!“ Panik erfasste sie, als grobe Hände sie von der Stelle fortzerrten, wo der riesige Wolfyn – sie glaubte, es war Kenar – auf Dayn losging und ihn zu zerreißen versuchte. Sie sah Blut, hörte ihn brüllen … und dann, noch schlimmer, sah sie, wie er schlaff und still wurde. Sie wollte zu ihm, brüllte: „Dayn!“
Es kam keine Antwort.
Er hörte Redas Schrei wie aus weiter Ferne, wie in einem Traum, aus dem er nicht erwachen wollte, weil sein Bewusstseinschreckliche Qualen litt. Er starb. Vielleicht war er schon tot.
Kämpfe, verdammt. Du kannst sie nicht dem Rudel überlassen. Die innere Stimme war seine eigene, und ihre Beweggründe waren edelmütig, aber es schien zu spät. Er schwebte, wie losgelöst von seinem Körper. Er sah auf sich selbst hinab und beobachtete, wie Kenar über seinem regungslosen Körper stand, die blutbefleckte Schnauze in den Himmel reckte und seinen Sieg herausheulte, während der Vortex im Hintergrund immer schneller wirbelte und sich in der Luft weiße Nebelschwaden bildeten.
Der Rest des Rudels stand im Kreis um ihn herum, manche als Wolf, manche in Menschengestalt. Reda hatten sie an den Rand gezerrt und von vier Wachen umstellt, je zwei in Menschen- und Wolfsgestalt. Ihr Gesicht war aschfahl, sie zitterte, und Tränen liefen ihre Wangen hinab, während sie das Gemetzel anstarrte. Dayn sah sich nach seiner einzigen Verbündeten um, aber Keely war nicht dabei. Wo war sie? Hatte Kenar herausgefunden, dass sie ihnen zur Flucht verholfen hatte?
Götter, dachte Dayn, bitte, noch nicht. Gebt mir nur ein wenig mehr Zeit, um alles in Ordnung zu bringen. Er strebte zu seinem Körper zurück, versuchte, sich wieder in das zerfetzte Fleisch zu versetzen, das einst er selbst gewesen war.
Er verspürte einen Anflug von Schmerz und leitete all seine Energie in diese Richtung, all die Magie, die er in seinem körperlosen Zustand aufbringen konnte. Qualen durchfuhren ihn, und die Szene unter ihm verschwamm, als er zurück in die Hülle seines sterbenden Körpers gezerrt wurde.
Er versuchte, weitere Magie zu beschwören, um die Verbindung zu vollenden, aber es reichte nicht aus. Er verdoppelte seine Anstrengungen, als Kenar einen Befehl bellte und Bewegung in das Rudel kam; sie bildeten eine Gasse, sodass Redas Wachen sie in die Mitte des Kreises bringen konnten. Panik ergriff von Dayn Besitz, und eine Sekunde lang glaubte er, sein totenstilles Herz flattern zu spüren. Bitte, Götter. Lasst mich zurück in meinen Körper, damit ich sie retten und meinen Eid erfüllen kann.
Eine Sekunde lang geschah nichts. Dann dröhnte eine Stimme in seinem Kopf: Wirst du deine Zukunft dafür opfern? Die Stimme war nicht seine eigene, auch nicht die seines Vaters, sie war nichts, was er je zuvor gehört hatte. Sie war tief, mächtig und Angst einflößend, und er
Weitere Kostenlose Bücher