Das Herz des Yoga: Körper, Geist, Gefühle - Die drei Säulen der Transformation
irgendwann zusammenbrechen.
Viele Krankheiten werden dadurch verursacht, dass wir unsere Probleme in den Körper hineinstopfen und den Deckel draufhalten. Dann kann es passieren, dass wir vorzeitig an einem Herzinfarkt sterben oder Krebs bekommen. Wenn wir unsere Wunden anerkennen, können wir anfangen, uns selbst zu heilen; wenn wir uns selbst heilen, fangen wir an, alle um uns herum zu heilen. Verletzlichkeit ist nicht mit Passivität gleichzusetzen; Verletzlichkeit bedeutet, dass wir uns ehrlich anschauen und uns unsere Schwächen und Stärken eingestehen. So wie wir unseren Körper in der Yogapraxis stärken und kräftigen, wollen wir auch unseren inneren Körper da kräftigen, wo er schwach ist, und ihn öffnen, wo er verspannt oder verkrampft ist. Tun wir das nicht, werden wir immer im Ungleichgewicht sein. Und dieses Ungleichgewicht wird sich mit zunehmendem Alter verstärken. Legen wir unsere Panzerung ab, dann ist das der Beginn unserer Verwandlung des »Speichers des Leidens« in einen »Speicher der Freude«.
Durch Yoga werden zwar Muskeln aufgebaut, aber er hilft uns auch dabei, unseren energetischen Schutzpanzer abzulegen. Manche von uns haben ihn noch nie abgelegt, und der Gedanke daran jagt ihnen Angst ein: »Wenn ich meinen Panzer ablege, werde ich möglicherweise verletzt. Ich werde vielleicht zu verletzlich.« Tatsache aber ist, dass wir für andere zugänglicher und attraktiver werden, wenn wir unseren Schutzpanzer ablegen. Wir haben dann eine Ausstrahlung, die auf andere magnetisch wirkt. Wir werden zu einem Menschen, mit dem die Leute Zeit verbringen wollen. Je umfassender Sie sich dazu entscheiden, authentisch zu sein und Ihr inneres Licht scheinen zu lassen, desto umfassender werden Sie sich von einem maskierten Fremden in einen Leuchtturm und Leitstern verwandeln.
Dieser Panzer erfüllt zwar durchaus seine Funktion in unserem Leben, doch ist er nicht dafür gedacht, dass wir darin schlafen oder ihn tragen, wenn wir mit geliebten Menschen zusammen sind. Wir müssen lernen, wie wir ihn bewusst abnehmen und beiseitelegen, ja uns seiner vielleicht für immer entledigen können. Aber viele von uns haben ihren Panzer schon ihr ganzes Leben lang getragen und sind sich seiner längst nicht mehr bewusst. Also müssen wir vielleicht lernen, verletzlich zu sein und uns gleichzeitig sicher zu fühlen – uns emotional zu entblößen, ohne das bedrohliche Gefühl zu haben, lächerlich gemacht oder der Beschämung ausgesetzt zu werden, ohne dass unser Status des »Starkseins« aufs Spiel gesetzt wird.
Manchmal dient auch der Humor als eine Art Schutzpanzer. Vorgeblich setzen wir ihn ein, um uns und andere zu amüsieren, doch wenn wir genauer hinschauen, erkennen wir, dass wir damit die Leute dazu bringen, uns zu mögen, während wir zugleich auf sicherer Distanz bleiben. Häufig ist der Humor eine Taktik, um ein plötzlich eintretendes Schweigen beim festlichen Abendessen oder einen heiklen Gesprächsmoment zu überbrücken. Manchmal bringt er uns näher zusammen, aber oftmals hilft er nur, eine sichere Distanz zu bewahren. Es ist, als wollten wir andere bezaubern, jedoch gleichzeitig die Intimität meiden, die ein Schweigen heraufbeschwört. Manchmal sind Leute so sehr darum bemüht, amüsant und unterhaltsam zu sein, dass alle anderen um sie herum das Gefühl haben, nicht mehr gesehen und gehört zu werden. Nichts kann mehr gesagt werden, ohne dass es durch den Kakao gezogen oder klein gemacht wird. Der Witzbold stellt sich in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit und macht automatisch alle anderen zum passiven Publikum. Das kann dazu führen, dass andere sich eher abwenden, statt dass sich stärkere Bande knüpfen.
Der Humor hat seinen Platz und seine Zeit, aber für die Gesundheit unserer Beziehungen ist es wichtig, dass wir unser Bedürfnis, lustig oder spaßig oder ironisch zu sein, zügeln. Ein Großteil humoriger Äußerungen ist keineswegs freundlich. Unser Gelächter geht oftmals auf Kosten einer anderen Person. Wenn Sie in solchen Situationen genau hinsehen, werden Sie dies bemerken. Überprüfen Sie dann in aller Ehrlichkeit Ihre eigenen Gewohnheiten. Wenn Sie das nächste Mal einen Witz machen wollen, fragen Sie sich: »Ist mir unbehaglich zumute? Fühle ich mich verletzlich? Will ich deshalb einen Witz machen?« Wenn dem so ist, sollten Sie es bleiben lassen. Wenn Sie den Witz aber in Freude und Gutherzigkeit machen wollen, dann nur zu.
Der Humor ist nur eine von vielen Techniken, derer wir
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