Das Herz des Yoga: Körper, Geist, Gefühle - Die drei Säulen der Transformation
keine Freundlichkeit und Güte hat, wird nicht weit kommen. Auch wenn jemand die Bibel oder den Koran, die Thora oder alle Veden auswendig könnte – ohne Freundlichkeit und Güte hat er nichts erreicht. Er hat nur erreicht, was auch sein Laptop kann: Wissen ohne Verständnis. Die ungebildete Person, die ihren Mitmenschen Freundlichkeit und Güte entgegenbringt, hat mehr erreicht und verkörpert eine der essenziellsten Lehren aller Zeiten.
Und wenn ich prophetisch reden könnte und alle Geheimnisse wüsste und alle Erkenntnis hätte, wenn ich alle Glaubenskraft besäße und Berge damit versetzen könnte, hätte aber die Liebe nicht, wäre ich nichts. 1. Korinther 13,2
Die Selbstliebe wiederentdecken
Im Yoga wird das »Selbst« üblicherweise in Form zweier verschiedener Wesenheiten definiert. Die erste ist das kleine Selbst, das, was wir den Egogeist nennen. Die ihm einzig bekannte Art von Liebe ist der Narzissmus oder die Selbstbewunderung, und er kennt die Angst. Das große Selbst hingegen ist unsere persönliche Seele, die zuweilen als die Liebe selbst definiert wird. Mit anderen Worten: Liebe ist unsere wahre Natur. Die Liebe selbst ist unsere wahre Essenz. Wenn wir nicht das Gefühl haben, dass dem so ist, dann liegt das daran, dass unser Geist von den Wolken der Illusion verdunkelt wird, so wie Gewitterwolken das Sonnenlicht verdecken können. Die Sonne ist noch da, aber wir können sie durch die dunklen Wolken hindurch nicht sehen oder spüren.
Wie kommen wir also durch diese dunklen Wolken hindurch?
Ich habe in meiner eigenen Praxis die Erfahrung und als Lehrer die Beobachtung gemacht, dass Hatha Yoga das Leiden lange genug von Herz und Geist fernhält, dass sich das heilende Gefühl von Dankbarkeit wieder einstellen kann. In dieser vom Kommerz getriebenen Welt verlieren wir unsere Dankbarkeit so leicht und betrachten unsere Gesundheit, unsere Freundschaften, unsere Nahrung, unser warmes Obdach, unser fließendes Wasser als Selbstverständlichkeiten. Wir können so verbogen sein, dass wir tatsächlich das Gefühl haben, das Universum würde sich gegen uns verschwören, wenn uns kein Oscar verliehen wird oder wir nicht so berühmt sind wie U2.
Wäre es möglich, dass wir uns nur in dem Maße selbst lieben können, wie wir uns selbst vergeben haben? Wenn wir mit durchdringendem Blick tief und ehrlich in uns hineinblicken, dann können wir, so meine ich, bestätigen, dass wir eine ganze Reihe von Unzulänglichkeiten mit uns herumschleppen – die viele Gründe in sich bergen, sich selbst zu hassen. Wut und Zorn auf sich selbst oder Abneigung gegen sich selbst haben zur Folge, dass das Herzzentrum zugedeckt wird, ähnlich den Wolken der Illusion, die den Geist verdecken. Solange wir uns nicht selbst vergeben, bleibt unser Herz verdeckt, verborgen, bewacht – praktisch eingesperrt. Vergeben wir uns selbst, werden diese Gefängnismauern beseitigt und das Herz befreit. Wenn wir nicht versuchen, diese Bedeckung zu entfernen, werden wir nicht so bald zur Freude finden.
Wenn wir unsere geistige Gesundheit – unsere Dankbarkeit – wiedergewinnen, strömt die Gnade des Lebens auf uns herab, und wir können unseren Weg zur Selbstvergebung finden. Diese Energie kann nach außen gerichtet werden mit der Absicht, anderen – und hier letztlich auch unseren Widersachern – zu vergeben. Von der Dankbarkeit können wir zu Augenblicken absolut bedingungsloser Liebe übergehen und ein unvergleichlich strahlendes Aufblühen erleben.
ÜBUNG
Vier Schritte zur Wiederentdeckung der Selbstliebe
1. Praktizieren Sie Ihre Asanas (Körperstellungen) mit intensiver Konzentration auf den Atem. Atmen Sie in Ihr Herzzentrum; atmen Sie Licht ein, füllen Sie sich damit auf; atmen Sie Ihre Vergangenheit aus, all das, was Sie nicht mehr brauchen. Wenn Sie eine eigene spirituelle Praxis haben, bedienen Sie sich während des Einatmens Ihres eigenen Gottesbildes oder Gottesnamens.
2. Praktizieren Sie Dankbarkeit. Nachdem Sie eine Stunde lang die Körperstellungen in Verbindung mit einer hingebungsvollen und andächtigen Atmung geübt haben, setzen Sie sich bequem und aufrecht hin. Die Augen sind geschlossen. Sitzen Sie still mit sehr gerade aufgerichtetem Rücken, jedoch sehr entspannten Schultern. Lenken Sie nun Ihre ganze Aufmerksamkeit auf das Herzzentrum und lassen Sie einfach zu, dass es weich wird. Es wird weich werden, weil Entspanntsein sein natürlicher Zustand ist. Konzentrieren Sie sich nun auf eine Person in Ihrem Leben,
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