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Das Herz des Yoga: Körper, Geist, Gefühle - Die drei Säulen der Transformation

Das Herz des Yoga: Körper, Geist, Gefühle - Die drei Säulen der Transformation

Titel: Das Herz des Yoga: Körper, Geist, Gefühle - Die drei Säulen der Transformation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Strom
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der positiv eingestellt bleibt und sagen kann: »Das ist hart, aber alles wird gut; das haben wir alles schon mal durchgestanden«? Wenn der zweite die Art von Mensch ist, mit dem Sie lieber zusammen wären, dann ist zu vermuten, dass Ihr Partner und Ihre Freunde ebenso empfinden.
    Über all die Jahre hinweg habe ich viele Menschen getroffen, die als spirituelle Meister, Heilige, Gurus, christliche Führer und daoistische Mystiker betrachtet werden. Doch bisher bin ich nur einer einzigen Person begegnet, die ich für ein erleuchtetes Wesen halte, und das war eine Obdachlose in einer Gasse in Indien. Eine Frau so Ende zwanzig, ihren Namen kenne ich nicht. Sie wirkte bemerkenswert vital und gesund, sah man von ihren spindeldürren Beinen ab, die ganz offensichtlich durch Kinderlähmung verkrüppelt waren. Da saß sie in ihrem Rock und Pullover auf dem Boden, lächelte alle an, bat aber nie um Geld. Während alle Bettler, die ich bisher gesehen hatte, einem bittend die Hand entgegenstreckten, tat sie das nicht. Doch zuweilen gaben ihr Passanten respektvoll Geld. Ich blickte ihr in die Augen und lächelte, und sie lächelte zurück und sagte: »Hallo«, offensichtlich das einzige englische Wort, das sie kannte. Dann bemerkte ich, dass diese Frau etwas Außergewöhnliches an sich hatte: Sie hatte das freudigste Herz, das ich je irgendwo erlebt habe. Als unsere Blicke sich trafen, empfand ich in meinem Herzen ein Gefühl von Stärke und Wissen. Sie schien keine Panzerung, keinen Hochmut, keinen sichtbaren Kummer, keine Boshaftigkeit in sich zu haben, nur einen Geist und eine Seele wie eine warme Sonne.
    Als ich sie das zweite Mal sah, beobachtete ich sie ein Weilchen aus einer gewissen Entfernung, und mir wurde klar, dass ich einen außergewöhnlichen Menschen entdeckt hatte. Mir fiel auf, dass die meisten Leute einfach an ihr vorübergingen und sie gar nicht bemerkten, doch einige behandelten sie mit großem Respekt, als könnten auch sie sehen, dass diese Frau etwas ganz Besonderes war. Da saß sie: ohne jede gesellschaftliche Stellung, mit verkrüppelten, nutzlosen Beinen, ohne Geld, ohne Hoffnung auf einen Ehemann oder Kinder. Es gab keine logische Erklärung dafür, dass sie glücklich war, es ergab überhaupt keinen Sinn. Doch sie war nicht nur glücklich – sie war von tiefer Freude erfüllt.
    Schließlich ging ich zu ihr hin. Sie lächelte mich strahlend an und streckte mir die Hand entgegen. Zunächst dachte ich, sie bäte um Geld, doch dann merkte ich, dass sie meine Hand wollte. Sie veranlasste mich, mich neben ihr auf dem schmutzigen Boden niederzulassen, und dann saßen wir gemeinsam in Schweigen da. Hier saß ich neben ihr, im Staub und Dreck, Hand in Hand. In den ersten Momenten war mir unbehaglich zumute, und es war mir auch peinlich, aber ich blieb. Obgleich sie jünger war als ich, fühlte sich ihre Energie eher an wie die einer weisen Großmutter denn wie die einer jungen Frau. Und plötzlich dämmerte es mir: Ich fühlte, dass ich der Unglückliche war – dass ich derjenige war, um den man sich hier kümmerte. Sie war die Lehrerin, und ich war ein neuer Schüler, der, als ihre Präsenz meine Seele berührte, etwas über Freude und ein offenes Herz lernte. Mein Herz brach auf, und Tränen rannen mir übers Gesicht. Abgesehen vom »Hallo« gab es keine Worte, die wir in der gleichen Sprache hätten sprechen können, und das war gut so.
    Ich weiß nicht, wer sich um sie kümmerte, aber jemand tat es, denn ihre Kleider waren nicht zerlumpt, und ihr Haar war sauber und gekämmt. Alles das ergab für mich keinen Sinn, doch sie war die glücklichste Person, der ich je begegnet bin. Sie schien die Aufgabe bewältigt zu haben, den Panzer vom Herzen zu lösen und die von Gott gegebene Essenz hervorscheinen zu lassen. Wir alle kennen den Spruch, dass man Glück nicht mit Geld kaufen kann. Dies war das extremste Beispiel dafür, das ich je erlebt habe. Sie war die Essenz von Glück, und sie besaß gar nichts. Das alles war für sie bedeutungslos. Sie weigerte sich, unglücklich zu sein.
    Und wie sah es mit ihrer Wirkung auf andere aus? Ich glaube, manche betrachteten sie als junge Heilige. Ihre Herzenergie, die von keiner Panzerung beeinträchtigt war, berührte vorübergehende Fremde – zumindest jene, die Augen hatten zu sehen, wie Jesus im Neuen Testament oft sagte. Ich vermute, dass viele Leute, von ihrem eigenen Panzer abgeschirmt, nichts spürten; sie sahen nichts weiter als eine Obdachlose, wenn sie sie

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