Das Herz des Yoga: Körper, Geist, Gefühle - Die drei Säulen der Transformation
gewissen Grad mit Zigaretten »selbst behandeln« kann. So lassen sich die Gefühle unten und im Zaum halten. Der heiße Rauch zieht in die feuchten Lungen und stopft den Kummer hinunter, dämmt ihn ein, und gleichzeitig gibt das Nikotin das Gefühl von vermeintlicher Macht und sorgt so für einen kleinen Auftrieb. Aber den Rauchern ist natürlich nicht klar, dass die Gefühle damit nicht verschwunden sind, sondern einfach nur weggesteckt wurden, und dass diese Methode, sie zu unterdrücken, irgendwann Folgen haben wird.
Den Theorien der chinesischen Medizin zufolge haben die Energien der Lungen zum Teil mit dem Überleben des physischen Körpers zu tun. Wenn sich der physische Körper in Aufruhr befindet, ist es also gar nicht so abwegig, dass jemand, der über kein besonderes Unterstützungssystem verfügt, Rauchen dazu einsetzt, durchzuhalten und mit schmerzlichen Gefühlen fertig zu werden. Dieses Phänomen zeigt sich ganz deutlich bei Soldaten im Kriegseinsatz. Von diesen Soldaten rauchen extrem viele, vielleicht weil sie so viel Traumatisches erleben. Dem Center for Tobacco Research and Intervention an der University of Wisconsin zufolge kamen etwa 50 Prozent der in den Irak geschickten Soldaten tabaksüchtig zurück.
Wenn Sie es schon einmal nach großen Mühen geschafft haben, mit dem Rauchen aufzuhören, und dann nach drei oder vier Jahren wieder damit angefangen haben, wissen Sie sehr gut, was die Ursache dafür war. Es war nicht eine Reklametafel für Zigaretten, nicht die Werbung in einer Zeitschrift, und es war auch niemand, der sagte: »Hier, rauch doch eine.« Es war eine neuerliche Tragödie. Es war ein gebrochenes Herz oder eine Zurückweisung, Sie haben vielleicht Ihren Arbeitsplatz verloren oder mussten mit einem Verlust fertig werden. Die Gefühle kommen wieder hoch, und Sie greifen nach etwas, das wirklich erprobt ist – etwas, von dem Sie das Gefühl haben, dass es Ihnen helfen wird, die nun wieder aufsteigenden heftigen Gefühle zu bändigen.
In meinem Yogaunterricht stelle ich die Atmung in den Mittelpunkt, und ich fordere meine Schüler nie auf, mit dem Rauchen aufzuhören. Es gibt schon genug Leute in ihrem Leben, die das tun, da braucht es nicht noch jemanden. Ich lehre sie einfach, zu atmen und zu atmen und zu atmen. Früher oder später kommen dann die meisten mit einem Lächeln zu mir und sagen: »Wissen Sie was? Ich habe vor drei Monaten mit dem Rauchen aufgehört.« Das ist die natürliche Folge davon, wenn man gut atmen lernt.
Ozean-Atemübung
Die Ozean-Atemübung ist ein elementares Werkzeug, um den Schutzpanzer abzulegen und das Herzzentrum zu öffnen und auf diese Weise den emotionalen Heilungsprozess in Gang zu setzen. Im Hier und Jetzt zu atmen hilft uns, im Hier und Jetzt zu sein.
Tun Sie nichts, ohne auf den Atem zu achten. Jede Bewegung sollte durch ein Einatmen oder Ausatmen initiiert werden. Sofern Sie Yoga im Rahmen eines Gruppenunterrichts praktizieren, sollten Sie ihn zu einer atem-zentrierten Praxis machen. Außerdem empfehle ich Ihnen, die Ozean-Atemübung mindestens einmal am Tag zehn Minuten lang zu praktizieren. Sie können sie zu jeder Tageszeit ausführen, vorausgesetzt, Ihre letzte Mahlzeit liegt eine Stunde oder länger zurück. Wenn es Ihnen möglich ist, praktizieren Sie nach dem Aufstehen am Morgen und dann noch einmal am Abend, durchaus auch kurz bevor Sie zu Bett gehen. Begeben Sie sich dazu möglichst ins Freie oder üben Sie bei offenem Fenster. Sollte beides nicht möglich sein, dann praktizieren Sie trotzdem. Ich praktiziere auf internationalen Flugreisen bei bestenfalls trostlos zu nennender Luftqualität und fühle mich trotzdem besser. Vielleicht fällt Ihnen auf, dass auch Ihre Haustiere und Ihre kleinen Kinder Ihre Atemübungspraxis zu genießen scheinen.
Die Ozean-Atemübung, die so klingt, als brandeten die Wellen des Ozeans gegen das Ufer und zögen sich wieder zurück, belebt die Lungen und dehnt sie aus, zieht auf dynamische Art Luft ( prana ) in sie hinein und stößt abgestandene Luft und Stress ( apana ) aus. Sie ist bekannt dafür, dass sie den Geist beruhigt, und sie kann auch eine sehr wirkungsvolle Hilfe bei der Verarbeitung von Trauer und Kummer sein.
In der Welt des Yoga wird die Ozean-Atemübung traditionellerweise Ujjayi-Atmung genannt, sie ist die gängigste Atmung im Hatha Yoga. Ich nenne sie Ozean-Atemübung oder Ozean-Atmung, weil sie sich wie die Gezeiten anhört und weil sich dieser Begriff leichter merken
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