Das Herz des Yoga: Körper, Geist, Gefühle - Die drei Säulen der Transformation
Kampf ist ein einziges heftiges Vorandrängen, und diese Intensität kann ihnen ein falsches Gefühl von Wichtigkeit verleihen. Unterbewusst sind wir der Ansicht, dass etwas extrem wichtig sein muss, wenn es einer riesigen Anstrengung bedarf. Also benutzen wir immer weiter dieselben Werkzeuge und Methoden in der Hoffnung auf neue Resultate. Wenn wir dann am Endes des Tages, erschöpft von viel zu viel Arbeit und viel zu wenig Schlaf, auf unserem Bett zusammenklappen, fühlen wir uns geradezu heroisch. Selbst wenn der Körper uns mitzuteilen versucht, dass wir es übertreiben, rechtfertigen wir unsere häufigen Erkältungen, Magenbeschwerden und Kopfschmerzen als erträgliche Nebenwirkungen unserer Opfer für die Karriere. Wir haben mit uns selbst einen unausgesprochenen Teufelspakt geschlossen: Indem wir heute Gesundheit, Schlaf und Glück opfern, werden wir morgen etwas sehr viel Bedeutsameres gewinnen, nämlich Macht, Respekt, Geld, Position.
Wir reden uns ein, wir könnten den schon lange überfälligen Urlaub nehmen, wenn wir diese Ziele erreicht haben, wir würden dann schlafen, uns erholen, mehr Zeit mit unserer Familie verbringen, wir könnten dann glücklich sein. Unsere Gesundheit leidet, was sich oft in merkwürdigen Symptomen manifestiert wie Verdauungsproblemen, Schlafstörungen oder Hautausschlägen, die wir mit Medikamenten »zum Verschwinden« zu bringen versuchen. Und bei alledem haben wir insgeheim große Angst, was sein wird, wenn wir es endlich an die Spitze der Karriereleiter geschafft haben. Unsere Kinder werden erwachsen sein und uns kaum mehr kennen, unsere vernachlässigten Partnerinnen werden nicht mehr an uns interessiert sein, unsere Gesundheit wird ruiniert sein, und, am Allerschrecklichsten, unsere Leiter könnte an der falschen Wand stehen.
Aufgrund dieses Syndroms sind viele von uns in sich verschlossen und beherbergen in ihrem Körper und Nervensystem eine Spannung, die sich mit dem Spannungslevel von unter posttraumatischem Stress leidenden Kriegsveteranen vergleichen lässt. Deshalb knirschen wir nachts mit den Zähnen. Deshalb wachen wir um drei Uhr morgens auf und können nicht wieder einschlafen. Ist es also schlecht, hart zu arbeiten? Im Gegenteil. Harte Arbeit ist eine Tugend, solange sie Bestandteil unserer Transformation und nicht deren Vermeidung ist.
Wenn wir besessen und übermäßig zielorientiert werden, tauschen wir eine Reihe von Problemen für eine andere Reihe von Problemen ein. Wir erreichen vielleicht unsere materiellen Ziele, entfernen uns aber immer weiter von Freude und Zufriedenheit. Dieses Getriebensein scheint uns alles bekommen zu lassen, was wir haben wollen, außer Glücklichsein. Und ich habe es schon einmal gesagt: Das ist vielleicht der Grund dafür, dass Antidepressiva, Medikamente gegen Angstzustände und Schlafmittel die in den USA am meisten verkauften Pillen sind.
Trotzdem nehmen wir dieses Getriebensein mit in unsere spirituelle Praxis und hoffen, mit demselben kaputten, nicht funktionierenden System neue Resultate zu erhalten. Doch das funktioniert nicht. Wir können nicht mit Methoden, die uns angespannt und ängstlich machen, lernen, wie man sich entspannt und nicht obsessiv ist. Das ist das Dilemma.
Das ganze Paket
Ich hatte einmal einen dreiundsiebzigjährigen Schüler – ich werde ihn Lance nennen –, einen distinguierten und welterfahrenem Mann. Er war ein prominenter Filmproduzent und lebte in einem Anwesen in den Hollywood Hills. Seine Karriere war das, was die meisten als äußerst erfolgreich bezeichnen würden. Er fuhr einen makellosen Luxusoldtimer, hatte zwei Scheidungen hinter sich und unterhielt diverse Beziehungen mit Models, die nicht einmal halb so alt waren wie er. Man könnte sagen, er spielte seit über fünfzig Jahren dasselbe Spiel.
Mit dreiundsiebzig war er noch immer ziemlich fit und kräftig, und nun war er von Yoga fasziniert. Nachdem er in den ersten paar Monaten mit Sport-Logik darangegangen war, kam er eines Tages zu mir und sagte, er hätte eine Offenbarung gehabt: Er habe nun nicht nur eine neue Sicht auf seine Praxis, sondern auch auf das Leben selbst. »Weißt du, Max«, sagte er, »ich hasse es inzwischen, ans Telefon zu gehen. Jedes Mal, wenn ich abnehme, erfahre ich, dass noch einer meiner Freunde an Krebs erkrankt ist. Das passiert jetzt fast alle zwei Wochen! Es sind alles reiche Kerle, in meinem Alter. Sie haben das ganze Paket – Geld, Macht, Karriere, ein großes Anwesen und eine Vorzeigefrau.
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