Das Herz einer Frau
hinüberzuschauen. Er beobachtete sie noch immer. Sie spürte es, während sie sich auf ihre Antwort konzentrierte.
„Es ist eins der Lieblingsprojekte meiner Mutter“, erklärte sie. „Sie hat mein Interesse dafür geweckt. Shelters Ziel ist, Menschen, die mit ihrer Arbeit nicht genug verdienen, ein ordentliches Dach über dem Kopf zu verschaffen. Einen großen Teil dieser Gruppe bilden allein stehende Frauen mit kleinen Kindern.
Ihnen gilt meine ganze Leidenschaft.“
„Benachteiligten Frauen und Kindern?“
„Absolut.“ Sie hätte hinzugefügt, wie privilegiert sie sich fühlte, weil sie für diese besonders
schutzbedürftigen
Menschen
etwas
tun
konnte,
aber
Matts
Anwesenheit lenkte sie immer mehr ab.
Von der anderen Seite des Maschendrahtzauns, der die Landebahn von dem winzigen Flugplatzgebäude trennte, eilte ein weiterer Reporter mit seinem Kamerateam auf sie zu. Tony Taktlos hatte Angst um seinen Platz in der ersten Reihe und schob sich noch näher an Ashley heran. In der Hitze nahm ihr sein After Shave fast die Luft.
„Shelter ist eine gemeinnützige Organisation“, begann er. „Sitzen Sie oder Ihre Mutter im Vorstand?“
„Nein“, erwiderte sie und war nicht sicher, worauf er mit der Frage hinauswollte.
„Sind Sie mit jemandem aus dem Vorstand befreundet?“
„Ich bin den Vorstandsmitgliedern begegnet“, gab sie vorsichtig zu. „Sie waren alle bei der Gala im letzten Monat in Richmond.“
„Was ist mit Ihrem Bruder?“
„Mit meinem Bruder?“
„Senator Kendrick.“
Er fischte. Sie hatte keine Ahnung, wonach.
„Mein Bruder hat mehr Freunde, als ich zählen kann. Außerdem hat er einen Mitarbeiterstab, der Fragen über ihn besser beantworten kann als ich. Ich bin hier, um ein Haus zu bauen.“
Tony schwieg eine Sekunde lang, und Paula nutzte ihre Chance.
„Wann fangen Sie mit der Arbeit an?“
„Heute.“
Der Neuankömmling streckte ihr seine Hand entgegen. „Ron Conway. Bei Network für Spezialprojekte zuständig“, stellte er sich vor. „Ich mache den Dokumentarfilm. Der Typ mit der roten Kappe dort drüben ist Andy.“ Er zeigte auf einen jungenhaft wirkenden Mann. „Er kümmert sich um den Ton. Der Typ mit dem Pferdeschwanz ist Steve, der Kameramann. Tun Sie einfach so, als wären wir gar nicht hier. Die meisten Gespräche können wir aus acht Metern Entfernung aufnehmen, Sie brauchen also keine Angst zu haben, dass uns etwas entgeht. Wir bleiben die ganze Zeit in Ihrer Nähe.“
Sie sagte ihm lieber nicht, wie sie das fand. „Ich freue mich, Sie kennen zu lernen, Mr. Conway. Lassen Sie mich einfach nur wissen, was ich tun soll.“
„Für uns? Gar nichts. Wir werden nichts stellen. Ignorieren Sie die Kamera einfach.“
„Unsere auch.“ Paula gab einem der Kameraleute vor ihnen das Signal, mit dem Drehen aufzuhören. „Wir brauchen noch etwas von der Baustelle.“
Mikrofone wurden ausgeschaltet und Kameras abgesetzt, als jeder zum offenen Tor im Zaun eilte. Aber Ashley atmete nicht auf, denn sechs Wagen weiter stieß Matt sich von der Stoßstange seines Pickups ab. Hinter ihr jammerte der WFAZKameramann über die Temperatur. Jemand anderes wollte unterwegs kalte Getränke holen.
„He, Tony“, hörte Ashley eine Reporterin fragen, während Matt langsam auf sie zukam. „Worauf hast du mit deinen Fragen gezielt?“
„Auf eine Story. Ich will etwas Handfestes. Ich kann mir nichts Langweiligeres vorstellen, als über irgendeine verwöhnte HighSocietyGöre zu berichten, für die es ein traumatisches Erlebnis ist, wenn sie sich die Maniküre ruiniert.“
„Sie ist eine Kendrick. Bei jedem Sender, der was über sie bringt, geht die Quote um mindestens zehn Punkte hoch.“
Offenbar rechneten sie nicht damit, dass sie sie hörte, denn sie hatten die Stimmen gesenkt und gingen einige Meter hinter ihr. Ashley wusste, dass die Leute sich nicht in erster Linie für sie interessierten. Was die Leute faszinierte, war das königliche Blut ihrer Mutter und der Reichtum ihres Vaters, dessen Grundstein schon kurz nach dem Bürgerkrieg gelegt worden war. Die wenigstens kannten sie wirklich. Was die meisten kannten, war ein Image. Und erst recht gab es auf diesem Planeten niemanden, der sie so gut kannte wie Matt. Nicht einmal der Mann, den sie einmal hatte heiraten wollen, hatte von ihrer tief sitzenden Sehnsucht nach Freiheit gewusst oder sie so sehr aus der Reserve gelockt.
Ein mulmiges Gefühl breitete sich in ihr aus, als der Einzige, dem das gelungen
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