Das Herz einer Löwin: Roman (German Edition)
Zeitlang. Als er weitersprach, klang seine Stimme nicht wirklich interessiert. Emma vermutete, dass er bloß das Schweigen zwischen ihnen durchbrechen wollte. »Was machen Sie, wenn Sie wieder zu Ihrer Arbeit zurückkehren?«
»Ich beginne mit neuen Untersuchungen über Krankheiten im alternden Gehirn. Auf mich warten bereits Mäuse, und ich muss sie untersuchen. Sie sind mit Mutationen gezüchtet worden; sie leben nicht sehr lange …« Emmas Stimme erstarb. Normalerweise konnte sie gar nicht mehr aufhören zu reden, wenn sie solche Fragen beantwortete, aber auf einmal fühlte sie sich völlig leer und konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Sie betrachtete das Feuer. Kleine Rauchwolken stiegen aus den Kohlen auf. Sie stellte sich vor, wieder im Institut zu sein. Sie würde mit dem Laborleiter, vielleicht sogar mit dem Dekan über Daniels Forschungsarbeit reden. Natürlich würde die mögliche Interaktion zwischen den beiden Fiebern Aufmerksamkeit erregen – und sie würden sofort überlegen, welchen Nutzen das Institut daraus ziehen könnte, wenn es mit der Arbeit in Zusammenhang gebracht würde. Aber letztendlich würden sie über das Olambo-Fieber in Tansania so reden wie über das Dengue-Fieber in Thailand oder den Ebola-Virus in Zaire. Emma wusste genau, dass sie ihnen niemals vermitteln könnte, wie sehr sie sich diesem Ort verbunden fühlte – diesem Ort und dem Veterinärmediziner Daniel Oldeani.
Emma wandte sich zu Daniel. »Ich werde meinen Aufenthalt hier nie vergessen«, sagte sie. »Es war die wundervollste Erfahrung meines Lebens. Die Erinnerung daran werde ich auf ewig wie einen Schatz hüten.« Sie blickte Daniel in die Augen. »Und ich werde Sie niemals vergessen.«
Daniel lächelte. Er schien hin- und hergerissen zu sein zwischen Traurigkeit und Freude über ihre Worte. »Ich werde Sie auch nie vergessen.«
Emma überlegte, ob sie hinzufügen sollte, dass sie aus beruflichen Gründen vielleicht wiederkommen würde, um ihm bei seinen Untersuchungen zu helfen oder um über den Fortgang seiner Forschungen zu berichten. Aber sie wusste, dass in dem Moment, in dem sie in ihre eigene Welt zurückkehrte, der Zauber, der sie verband, zerbrechen würde. Und was sie jetzt miteinander teilten, würde dann nur noch ein Traum sein.
Daniel ergriff den Stock, mit dem Emma in den Flammen gestochert hatte, und warf ihn ins Feuer. Stumm saßen die beiden da und beobachteten, wie die Flammen die Rinde umzüngelten und sich schließlich ins Holz fraßen.
Schließlich brach der Stock auseinander und zerfiel zu Asche.
16
L angsam und vorsichtig hob Angel den prall gefüllten Sack aus dem leeren Benzinfass. Der Geruch des Sackleinens, vermischt mit altem Diesel, stieg ihr in die Nase. Der Mond stand hoch am Himmel und warf ein kaltes, silbernes Licht über sie, als sie zum Tor ging. Sie stieß gegen ein Bündel getrockneter Palmwedel, die laut raschelten. Angel erstarrte und blickte zu den drei Feldbetten. Niemand schien wach geworden zu sein. Sie schaute zu den Löwenjungen, neben denen sie gelegen hatte. Auch sie bewegten sich nicht. Erleichtert atmete sie auf und drehte sich zu Moyo um. Die Augen der Löwin glänzten im Mondlicht. Lautlos folgte sie Angel zum Tor.
Angel hielt den Schlüssel fest umklammert. Das Metall drückte sich tief in ihre Haut. Wenn sie den Schlüssel hier fallen lassen würde, würde sie ihn im Schatten der Bäume wahrscheinlich nicht mehr finden. Sie fühlte sich nicht wohl bei dem Gedanken, dass sie den Schlüssel nicht wieder an den Haken hängen konnte, wo Ndisi ihn aufbewahrte. Sie hatte ihm dabei geholfen, abends die Tore zu verriegeln, und sich eingeprägt, wo sich der Schlüssel befand. Am besten ließ sie ihn einfach im Schloss stecken, wo ihn morgen früh jemand finden würde.
Ihr Atem ging rascher. Morgen früh würde sie schon weit entfernt vom Camp sein. Wenn es Tag wurde, würden sie merken, dass sie weg war und keine Spur hinterlassen hatte.
Es dauerte lange, bis sie das Tor aufgeschlossen hatte. Leise entfernte sie das Schloss und hängte es wieder an die Kette, wobei sie sorgfältig darauf achtete, dass das Metall nicht klirrte. Die Tore waren hoch und schwer. Angel musste sich mit ihrem ganzen Gewicht dagegen drücken, um den Holzrahmen wenigstens ein Stück weit nach vorn zu schieben. Als die Öffnung breit genug war, dass sie hindurchschlüpfen konnte, legte sie den Beutel ab und wandte sich zu Moyo.
Sie schlang beide Arme um den Hals der Löwin.
»Leb
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