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Das Herz einer Löwin: Roman (German Edition)

Das Herz einer Löwin: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz einer Löwin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Scholes
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ins Flugzeug gesetzt hatte und hierhergekommen war, um die Leiche seiner Schwester zu überführen, bedeutete doch sicher, dass er einigermaßen wohlhabend war. Er wäre wohl in der Lage, Angel eine gute Erziehung zu ermöglichen. Sie würde Sport treiben, Musikunterricht bekommen und in die Ferien fahren wie andere englische Kinder. Es fiel Emma nicht leicht, sich Angel in so einer Welt vorzustellen – geschweige denn, dass dieses Leben sie für den Verlust der Kamele, der Löwen und ihrer Heimat entschädigen würde. Aber sie war stark. Sie würde sich anpassen. Sie würde überleben.
    Sie kehrte weiter die Teppiche ab und dachte dabei, dass sie einen Moment lang wirklich ernsthaft überlegt hatte, ob sie nicht doch hierbleiben und das Sorgerecht für Angel beantragen sollte. Verwundert schüttelte sie den Kopf. Es gab Dutzende von Gründen, warum es unmöglich war. Das Gleiche galt für ihre Idee, ihr eigenes Forschungsprojekt im Stich zu lassen und mit Daniel in dieser entlegenen Station zusammenzuarbeiten. Sie kam sich vor, als sei sie beinahe in einen reißenden Strom geraten und hätte sich gerade noch selbst gerettet.
    Jetzt saß sie am Feuer und betrachtete Daniel aus dem Augenwinkel. Mit hängenden Schultern saß er da und blickte in die Glut. Emma spürte die Kluft zwischen ihnen. Es gab keinen rationalen Grund dafür – Daniel hatte ihr wegen ihrer Entscheidung keinen Vorwurf gemacht. Aber es war so, als sei ihre Beziehung ein Organismus mit einem Eigenleben, der auf alles, was passiert war, auf unvorhersehbare und nicht zu kontrollierende Weise reagierte. Emma überlegte, wie sie am besten das Schweigen zwischen ihnen brechen konnte.
    »Ich habe gesehen, wie Sie und George sich über eine Landkarte gebeugt haben«, sagte sie. »Worüber haben Sie gesprochen?«
    »Er hat mir das Gebiet gezeigt, das die Regierung seiner Meinung nach zum Nationalpark erklären soll. Es erstreckt sich von hier bis zur anderen Seite des Berges. Dort ist in der Nähe des Ol Doinyo Lengai ein sehr großer Natronsee. Flamingos brüten da und bedecken die ganze Wasserfläche mit ihrem rosafarbenen Gefieder. Es ist sehr schön. Es gibt auch einen Wasserfall, an dem man schwimmen kann. Die Einheimischen nennen ihn den ›Ort der zwei Wasser‹. Ein heißer Strom fließt vom Vulkan herein, und ein kalter kommt von der Hochebene. Wenn man mittendrin steht, kann man sich von beiden umspülen lassen.« Während er sprach, wurde seine Stimme lebhaft, und seine Augen begannen wieder zu leuchten. »Ich glaube, Touristen würde ein solches Erlebnis gut gefallen.«
    »Es klingt wundervoll.« Emma schluckte die Worte herunter, die ihr auf der Zunge lagen. Dort würde ich gerne einmal hinfahren.
    »Ein Nationalpark wäre wirklich eine gute Sache für dieses Gebiet. Er bietet viele Chancen für die Einheimischen. Und wenn wir einen Impfstoff gegen Olambo entwickeln können, dann wäre das alles möglich.«
    Emma runzelte die Stirn. »Was hat denn das Olambo-Fieber damit zu tun?«
    »Selbst wenn hier ein Nationalpark wäre, würde niemand in Hotels und Lodges investieren wollen, solange Olambo-Fieber droht.«
    »Für Touristen ist das Risiko doch nur sehr klein«, protestierte Emma. Es kam äußerst selten vor, dass Touristen sich mit Viren wie Ebola oder Lassa infizierten. Diejenigen, denen das passierte, waren Ärzte und Krankenschwestern oder Forscher wie Susan.
    »Das stimmt, aber Touristen haben eine irrationale Angst vor solchen Dingen. Jeder weiß, dass in unserem Land die meisten Autounfälle passieren – aber davor haben die Touristen keine Angst. Sie fürchten sich vor Überfällen oder Krankheiten.«
    Emma nickte. Sie wusste, dass er recht hatte. Sie dachte an ihre eigenen Vorbereitungen für die Reise, was sie alles in ihre Schultertasche gepackt hatte. Sie hatte sich gesagt, es läge daran, dass sie Virologin war und sich mit tropischen Krankheiten beschäftigte – sie kannte schließlich die Risiken nur zu gut. Aber jetzt wurde ihr klar, dass es die Angst vor dem Unbekannten gewesen war, die sie so vorsichtig gemacht hatte. Autounfälle gab es auch in ihrer Welt; diese Schrecken kannte sie. Was sie fürchtete, war das wilde, unbekannte Afrika. Sie blickte auf die Umrisse der Hütten, den Zaun, das Land dahinter. Sie hatte keine Angst mehr, stellte sie fest. Der Aufenthalt hier hatte sie verändert, obwohl er nur kurz gewesen war. Sie spürte jetzt schon, wie sie das alles hier vermissen würde.
    Daniel schwieg eine

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