Das Herz Eines Highlanders
von einer unbeschwerten Wehrhaftigkeit und - bei Gott - mit Bannern dekoriert.
Banner, auf denen stand: »Willkommen zu Hause«.
Grimm sank auf die Knie, öffnete die Augen, so weit er nur konnte, schloss und rieb sie und öffnete sie dann erneut. Jillian beobachtete ihn interessiert.
»Es ist immer noch da, nicht wahr?«, sagte sie schlicht und ergreifend. »Ich habe es auch schon probiert«, setzte sie mitfühlend hinzu.
Grimm warf ihr einen schnellen Blick zu und war verblüfft, ein leichtes Lächeln auf ihren Lippen zu sehen. »Was ist daran so komisch, Mädchen?«, fragte er, unnötigerweise beleidigt.
Sofort überflutete Mitgefühl ihre Gesichtszüge. Sie legte ihm sanft eine Hand auf den Arm. »O nein, Grimm. Glaube nicht, dass ich mich über dich lustig mache. Ich mache mich nur darüber lustig, wie verblüfft wir beide sind, und das nicht ohne Erleichterung. Ich hatte mich auf einen schrecklichen Anblick eingestellt. Auf so etwas waren wir nicht gefasst. Ich weiß, dass der Schock dich doppelt so schwer getroffen hat, aber ich fand es komisch, weil du so aussiehst, wie ich mich fühlte, als du nach Caithness zurückkamst.«
»Und wie wäre das, Mädchen?«
»Nun ja, als ich klein war, schienst du so groß zu sein. Ich meine riesig, monströs, der größte Mann der Welt. Und als du zurückkamst, da ich ja nun größer geworden war, erwartete ich, dass du endlich kleiner aussehen würdest. Nicht kleiner als ich, aber zumindest kleiner als das letzte Mal, als ich dich aus der Nähe gesehen hatte.«
»Und?«, ermutigte er sie.
Verwirrt schüttelte sie den Kopf. »Du tatest es nicht. Du sahst größer aus.«
»Und was willst du damit sagen?« Er wandte seinen Blick vom Tal ab und sah sie an.
»Nun, du hast etwas Kleineres erwartet, nicht wahr? Ich vermute, dass das Schloss heute viel größer ist. Schockierend, oder?«
»Ich verstehe immer noch nicht, worauf du hinauswillst, Mädchen«, sagte er unterkühlt.
»Ich muss feststellen, dass man dir in der Kindheit mehr Sagen hätte erzählen sollen«, neckte sie ihn. »Der Punkt ist der, dass das Gedächtnis einem schon mal einen Streich spielt«, klärte sie ihn auf. »Vielleicht ist das Dorf nie gänzlich zerstört worden. Vielleicht hatte es nur den Anschein, als du fortgingst. Bist du bei Nacht gegangen? War es zu dunkel, um klar sehen zu können?«
Grimm nahm ihre Hände in seine, während sie zusammen am Rande der Klippe knieten. Es war tatsächlich Nacht gewesen, als er Tuluth verlassen hatte, und dichter Rauch hatte in der Luft gehangen. Für den vierzehnjährigen Jungen war es ein furchtbarer Anblick gewesen. Er war in dem Glauben gegangen, dass sein Dorf und sein Zuhause zerstört waren und dass aus ihm ein gefährliches Untier geworden war. Er war voller Hass und Verzweiflung fortgegangen und hatte nicht mehr viel vom Leben erwartet.
Heute, fünfzehn Jahre später, kauerte er auf demselben Grat, hielt die Hand der Frau, die er mehr liebte als sein Leben, und hatte einen undenkbaren Anblick vor Augen. Wenn Jillian nicht bei ihm wäre, würde er möglicherweise den Schwanz einziehen und davonrennen; niemals würde er sich erlauben, darüber nachzudenken, welch seltsamer Zauber in diesem Tal gewirkt hatte. Er hob ihre Hand an seine Lippen und küsste sie. »Meine Erinnerung an dich war niemals trügerisch. Ich erinnerte dich immer als das Beste, was das Leben zu bieten hatte.«
Jillians Augen weiteten sich. Sie versuchte zu sprechen, doch stattdessen brachte sie nur ein würgendes Geräusch hervor. Grimm versteifte sich, denn er hielt den Laut für einen Ausdruck des Unwohlseins. »Hier stehe ich nun und halte dich von der Wärme fern, wo du doch krank bist.«
»Das ist nicht, was ... nein«, stammelte sie. »Ehrlich, ich fühle mich schon viel besser.« Als er sie misstrauisch ansah, fügte sie hinzu: »Ooooh, aber ich muss irgendwo ins Warme, bald, Grimm. Und die Burg sieht zweifellos warm aus.« Sie sah ihn hoffnungsvoll an.
Grimms Blick schoss zurück zum Tal. Die Burg sah tatsächlich warm aus. Und wehrhaft. Vermutlich der sicherste Ort, an den er sie bringen konnte, und warum auch nicht? Überall waren Banner aufgezogen, auf denen »Willkommen zu Hause« stand. Wenn die McKane ihm folgten, welchen besseren Platz gäbe es, sich ihnen entgegenzustellen und zu kämpfen? Wie seltsam war es doch, nach all diesen Jahren nach Tuluth zurückzukehren, wieder einmal mit den McKane auf den Fersen. Würde sich der Kreis endlich schließen?
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