Das Herz Eines Highlanders
Berserker erledigt. Sein Name würde in Legenden weiterleben. Der Abgrund war so tief, dass nicht einmal eines von Odins Monstern den Sturz überleben konnte. Er hatte ihn sorgfältig mit dünnem Reisig abgedeckt und dann Staub darüber gestreut. Es war brillant gewesen, das musste er schon sagen.
»Brillant«, ließ Ramsay die Nacht wissen.
Hinter Ramsay blinzelte Grimm bei dem Versuch, den roten Schleier des Blutrausches zu lüften. Ein Teil seines Verstandes, den er scheinbar in einem endlosen Korridor verloren hatte, erinnerte ihn daran, dass er den Mann attackieren wollte, der neben der zusammengekauerten Frau stand, nicht die Frau. Die Frau war sein Leben. Wenn er sprang, musste er vorsichtig sein, sehr vorsichtig, denn eine einzige Berührung mit der Kraft eines Berserkerganges konnte sie umbringen. Ein leichtes Streifen seiner Hand konnte ihren Kiefer zerschmettern, das leiseste Streicheln ihrer Brust ihr die Rippen brechen.
Für die, die unten im Tal auf ihren Pferden saßen und Ramsay Logans Siegesschrei lauschten, schien die Kreatur mit einer solchen Geschwindigkeit aus der Nacht hervorzuspringen, dass sie unmöglich zu erkennen war. Eine nebelhafte Bewegung schoss durch die Luft, packte Ramsay Logan bei den Haaren und trennte säuberlich seinen Kopf ab, bevor irgendjemand eine Warnung ausstoßen konnte.
Da sie am Boden lag, konnten die unten versammelten Clans nicht sehen, wie Jillian sich zur Seite rollte, erschreckt von dem zischenden Geräusch der Klinge, die die Luft zerteilte. Doch die Kreatur auf dem Felsen sah, wie sie sich bewegte, und erwartete ihren Richterspruch, bereit, sich dem Urteil zu beugen.
Es war das Schlimmste, was Jillian je von ihm zu sehen bekommen würde. Auf dem Höhepunkt seines Berserkerganges thronte er über ihr und seine blauen Augen leuchteten weiß glühend. Er war zerschunden und blutig von einem Sturz, der jäh von einem schroffen Felsvorsprung gebremst worden war, und hielt Ramsay Logans abgetrennten Kopf in der Hand. Er starrte sie an, pumpte tiefe Luftzüge in seine Brust und wartete. Würde sie schreien? Ihn anspucken, zischen und ihm entsagen? Jillian St. Clair war alles, was er je in seinem Leben gewollt hatte, und während er darauf wartete, dass sie in Panik vor ihm zurückschreckte, spürte er, wie etwas in seinem Inneren zu sterben versuchte.
Doch der Berserker war nicht so leicht in die Knie zu zwingen. Die Wildheit in ihm wuchs zu voller Größe an und starrte aus verwundbaren, eisblauen Augen auf sie hinunter, wortlos um ihre Liebe flehend.
Jillian hob langsam den Kopf und sah ihn lange schweigend an. Sie richtete sich auf und legte den Kopf zurück, die Augen weit aufgerissen.
Berserker.
Die Wahrheit, die er so lange versucht hatte zu verbergen, hing zwischen ihnen, unverhüllt.
Obwohl Jillian schon vor diesem Moment gewusst hatte, was Grimm war, war sie kurzzeitig durch seinen Anblick wie gelähmt. Es war eine Sache zu wissen, dass der Mann, den sie liebte, ein Berserker war - es war eine völlig andere Sache, es zu sehen. Er sah sie mit solch unmenschlichem Ausdruck an, dass sie, hätte sie nicht tief in seine Augen geblickt, möglicherweise ihren Grimm nicht in ihm wiedererkannt hätte. Dort aber, tief in den flackernden blauen Flammen, erblickte sie eine solche Liebe, dass es ihre Seele erschütterte. Sie lächelte durch ihre Tränen zu ihm auf.
Ein verwundeter Laut des Unglaubens entfuhr ihm.
Jillian schenkte ihm das strahlendste Lächeln, zu dem sie fähig war, und legte eine Faust auf ihr Herz. »Und die Tochter heiratete den Löwenkönig«, sagte sie klar und deutlich.
Ein Ausdruck des Unglaubens legte sich über das Gesicht des Kriegers. Seine blauen Augen weiteten sich und er starrte sie in staunendem Schweigen an.
»Ich liebe dich, Gavrael Mclllioch.«
Als er lächelte, glühte sein Gesicht vor Liebe. Er warf den Kopf in den Nacken und schrie seine Freude in den Himmel.
Der Letzte der McKane starb am 14. Dezember 1515 im Tal von Tuluth.
Kapitel 34
»Sie kommen, Hawk!« Adrienne eilte in den Hauptsaal, den Hawk, Lydia und Tavis emsig für die Hochzeit dekorierten. Da die Zeremonie an Weihnachten stattfinden sollte, hatten sie die üblichen Dekorationen mit den fröhlichen Grün- und Rottönen der Saison kombiniert. Exquisite Kränze, gefertigt aus Tannenzapfen und getrockneten Beeren, wurden mit leuchtenden samtenen Schleifen und glänzenden Bändern geschmückt. Die feinsten Wandteppiche zierten die Mauern, unter
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