Das Herz Eines Highlanders
Mark.
Halt mich. Ihre Worte hingen in der Luft. Oh, wie sehr er sich danach sehnte. Gott, wie oft er davon geträumt hatte. Er sah in ihre tiefbernsteinfarbenen Augen, gezeichnet von Furcht und Verwundbarkeit, und wider besseres Wissen reichte er ihr die Hände. Auf halbem Weg zog er sie zurück. Seine Schultern fielen herab und plötzlich war er erschöpft von dem inneren Kampf, den er auszufechten hatte. Er konnte ihr keinen Trost bieten. Er war der wahre Grund, weshalb sie Trost brauchte. Wäre er nicht nach Caithness gekommen, hätte er niemals Zerstörung über das Haus gebracht. Er würde sich niemals vergeben können, was er den Menschen angetan hatte, die ihm ihre Herzen geöffnet hatten, als niemand sonst sich darum geschert hatte, ob er lebte oder tot war.
»Du weißt nicht, was du sagst, Jillian«, sprach er, plötzlich unsäglich müde.
»Verlass mich nicht!«, schrie sie und warf sich in seine Arme.
Als sie sich an seine Brust schmiegte, schloss er instinktiv die Arme um sie. Er hielt sie fest und bot ihrem zitternden Körper den Schutz seines beinahe unbesiegbaren.
Er wiegte sie in den Armen, während sie schluchzte, und fühlte sich ihr unglaublich und schmerzhaft nahe. Nur allzu klar erinnerte er sich an den Verlust seiner eigenen Unschuld. Acht Jahre zuvor hatte er dagestanden und zugesehen, wie sein eigener Clan gegen die McKane gekämpft hatte. Der Anblick solcher Brutalitäten hatte ihn vor Schmerz und Wut beinahe gefühllos werden lassen und nun hatte seine junge Jillian dieselben Schrecken kennen gelernt. Wie hatte er ihr das nur antun können?
Würde sie Alpträume haben? Würde sie - wie es ihm widerfahren war - diese Schrecken mindestens tausendmal aufs Neue durchleben?
»Sch ... sch ... sch, süßes Mädchen«, flüsterte er und strich ihr über die Wange. »Ich verspreche dir, die McKane werden niemals zurückkommen. Ich verspreche dir, dass ich immer für dich da sein werde, egal, wo ich bin. Ich werde es niemals zulassen, dass irgendjemand dir wehtut.«
Sie zog die Nase hoch, ihr Gesicht in seiner Halsbeuge vergraben. »Du kannst mich nicht beschützen, wenn du nicht hier bist!«
»Ich habe mit deinem Papa geredet und ihm gesagt, dass ich fortgehe. Aber ich habe ihm auch gesagt, dass er mich nur rufen muss, solltest du mich jemals brauchen.« Obwohl Gibraltar verärgert war, dass er sie verlassen wollte, schien er beruhigt zu wissen, wo er Grimm finden konnte, wenn er ihn brauchte.
Jillian wandte ihm ihr tränenüberströmtes Gesicht zu, die Augen geweitet.
Als er sie ansah, verschlug es ihm den Atem. Ihre Wangen waren gerötet und ihre Augen funkelten vor Tränen. Ihre Lippen waren vom Weinen verquollen und das Haar fiel ihr wie eine Mähne goldenen Feuers ins Gesicht.
Er hatte keinesfalls vor, sie zu küssen. Aber einen Moment lang sahen sie sich in die Augen und im nächsten Moment hatte er seinen Kopf vorgebeugt, um ein Versprechen auf ihre Lippen zu pressen: ein zärtliches, inniges Versprechen des Schutzes.
In dem Moment, als sich ihre Lippen trafen, zuckte sein Körper jäh zusammen.
Er zog sich zurück und starrte sie verblüfft an.
»H-hast du das ge-gespürt?«, stammelte sie, und Unglauben verdunkelte ihre Augen.
Nicht möglich, versicherte er sich selbst. Die Welt wird nicht aus ihrer Bahn geworfen, wenn du ein Mädchen küsst. Um sich selbst zu überzeugen, küsste er sie noch einmal. Das Erdbeben begann genau unter seinen Füßen.
Sein unschuldiges Versprechen bekam ein Eigenleben, wuchs zu einem leidenschaftlichen, seelenverschmelzenden Kuss zwischen einem Mann und seiner Gefährtin. Ihre jungfräulichen Lippen öffneten sich verheißungsvoll unter seinen und sie verschmolz mit der Hitze seines Körpers.
Grimm presste seine Augen fest zusammen, als er sich dieses Kusses vor langer Zeit erinnerte, während er dem Triller von Jillians Flöte vor seinem Fenster lauschte.
Gott, wie lebendig er sich daran erinnerte. Und er hatte seitdem keine andere Frau berührt.
Quinn hatte darauf bestanden, dass sie gemeinsam ausritten, und obwohl Jillian sich ursprünglich geweigert hatte, war sie bald froh, doch eingewilligt zu haben. Sie hatte vergessen, wie reizend Quinn war, wie leicht er sie zum Lachen bringen konnte. Quinn war in dem Sommer nach Grimms Ankunft nach Caithness gekommen, als sie sieben war. Ihr Vater hatte die beiden Jungen - den ältesten Sohn eines Clanführers und einen heimatlosen Herumtreiber - als Ebenbürtige bei sich aufgenommen, obwohl in
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