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Das Herz ihrer Tochter

Das Herz ihrer Tochter

Titel: Das Herz ihrer Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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den Strang sterben kann, um Erlösung zu erlangen.
Er wäre sofort bereit, sich gleich morgen hinrichten zu lassen, sofern er
gehängt wird.«
    »Wir schreiben das Jahr 2008, Ms Bloom. Wir richten
Menschen durch eine tödliche Injektion hin. Wir werden nicht auf eine
altertümlichere Exekutionsmethode zurückgreifen«, sagte Richter Haig.
    Ich nickte. »Aber, Euer Ehren, bei allem
Respekt, wenn die Strafvollzugsbehörde die tödliche Injektion für untauglich
befindet, kann die Strafe durch Erhängen vollstreckt werden.«
    »Die Strafvollzugsbehörde hat kein Problem
mit der tödlichen Injektion!«, sagte Greenleaf.
    »Das hat sie doch, und zwar wenn dadurch
Mr Bournes Grundrechte verletzt werden. Er hat ein Recht auf freie Religionsausübung,
selbst innerhalb einer Strafanstalt - bis zum Zeitpunkt seiner Exekution und währenddessen.«
    »Was reden Sie denn da?«, explodierte
Greenleaf. »Keine Religion besteht auf Organspenden. Bloß weil sich ein
Einzelner irgendwelche verrückten Regeln in den Kopf setzt, nach denen er leben
- oder sterben - will, geht das noch lange nicht als religiöser Glaube durch.«
    »Meine Güte, Gordon«, sagte ich. »Sind
Sie Gott oder was?«
    »Reißen Sie sich zusammen, alle beide«,
sagte Richter Haig. Er spitzte die Lippen, tief in Gedanken. »Wir haben hier
dringend ein paar Sachfragen zu klären«, sagte er, »und die erste lautet, Mr
Greenleaf, ob die Staatsanwaltschaft bereit ist, einer Änderung der
Exekutionsmethode zuzustimmen.«
    »Auf gar keinen Fall, Euer Ehren. Es
laufen bereits Vorbereitungen für die tödliche Injektion, und das ist die im
Urteil festgelegte Hinrichtungsmethode.«
    Richter Haig nickte. »Dann muss die Sache
im Prozess geklärt werden. Angesichts der drängenden Zeit wird ein möglichst
früher Termin anberaumt. In einer Woche will ich die Zeugenlisten auf meinem
Schreibtisch haben. Stellen Sie sich auf einen Prozesstermin in zwei Wochen
ein.«
    Gordon und ich sammelten unsere
Unterlagen zusammen und verließen das Büro des Richters. »Haben Sie überhaupt
eine Vorstellung davon, wie viel Steuergelder die Todeszelle schon verschlungen
hat?«
    »Regeln Sie das mit dem Gouverneur,
Gordon«, sagte ich. »Ein Vorschlag: Die reichen Gemeinden von New Hampshire
zahlen für die öffentlichen Schulen, die weniger gut bemittelten berappen die
Kosten für zukünftige Häftlinge in der Todeszelle.«
    Er verschränkte die Arme. »Was treibt die
ACLU hier für ein Spiel, Maggie? Ihr kriegt es nicht durch, dass die
Todesstrafe für verfassungswidrig erklärt wird, und da greift ihr in eurer Not
auf die Religion zurück?«
    Ich lächelte ihn an. »Vielleicht trägt
das ja dazu bei, dass die Todesstrafe irgendwann für verfassungswidrig erklärt
wird. Bis in zwei Wochen, Gordon«, sagte ich und marschierte davon, seine
Blicke im Rücken.
    Dreimal griff ich zum Hörer und wählte.
Dreimal legte ich wieder auf, als der Ruf durchging. Ich konnte es einfach
nicht.
    Aber mir blieb keine andere Wahl. Ich
hatte zwei Wochen, um mich kundig zu machen, und wenn ich für Shays Wunsch,
sein Herz zu spenden, kämpfen wollte, musste ich ganz genau wissen, wie das
ablaufen würde, damit ich es vor Gericht erklären konnte.
    Als sich die Krankenhauszentrale bei
meinem vierten Anlauf meldete, ließ ich mich mit Dr. Gallaghers Büro verbinden,
landete aber bei einer Sekretärin, bei der ich meinen Namen und meine
Telefonnummer hinterließ. Ich ging fest davon aus, dass er mich erst nach einer
Weile zurückrufen würde, sodass mir noch Zeit bliebe, für das Gespräch mit ihm
Mut zu tanken. Als dann das Telefon klingelte, kaum dass ich den Hörer
aufgelegt hatte, war ich richtig schockiert, seine Stimme zu hören. »Ms Bloom«,
sagte er. »Was kann ich für Sie tun?«
    »Ich war nicht darauf gefasst, dass Sie
so schnell zurückrufen«, platzte ich heraus.
    »Ah, tut mir leid. Ich sollte meine
Patienten wirklich länger warten lassen.«
    »Ich bin nicht Ihre Patientin.«
    »Stimmt. Sie haben sich nur als eine
ausgegeben.« Er schwieg einen Moment und sagte dann: »Sie hatten mich
angerufen?«
    »Ja. Ja, genau. Ich wollte Sie fragen, ob
Sie sich vielleicht mit mir treffen würden - rein beruflich natürlich -«
    »Natürlich.«
    »- um mit mir über Tod durch Erhängen und
Organspende zu sprechen.«
    »Mein absolutes Lieblingsthema, danke«,
sagte Dr. Gallagher. »Ich würde mich furchtbar gern mit Ihnen treffen. Rein
beruflich natürlich.«
    »Natürlich«, sagte ich ernüchtert.

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