Das Herz ihrer Tochter
Wassers in Wein
in Block i gingen zwei Tage lang Klempner, Wissenschaftler und Angehörige der
Gefängnisverwaltung in unseren Zellen ein und aus. Offenbar hatte die Sache nur
in unserem Block stattgefunden, und der einzige Grund, warum die hohen Tiere
sie überhaupt glaubten, war der, dass die Aufseher nach der Durchsuchung
unserer Zellen die Shampooflaschen und Milchkartons und sogar Plastiktüten konfiszierten,
die wir mit Wein gefüllt hatten, ehe die Quelle gänzlich versiegte. Außerdem
hatten Proben aus den Wasserleitungen den Nachweis einer entsprechenden
Substanz geliefert. Es hatte uns zwar keiner offiziell die Ergebnisse der
Laboruntersuchung mitgeteilt, aber wie gemunkelt wurde, handelte es sich bei
der fraglichen Flüssigkeit eindeutig nicht um Leitungswasser.
Eine Woche lang wurden uns der Hofgang
und das Duschen gestrichen, als wären wir schuld an der ganzen Sache, und es
vergingen geschlagene dreiundvierzig Stunden, ehe die Gefängniskrankenschwester
Alma zu mir durfte, die nach Zitrone und frischer Bettwäsche roch und einen
mächtigen Turm aus zusammengerollten Haarzöpfen trug, der bestimmt erst
abgebaut werden musste, wenn sie schlafen wollte. Normalerweise kam sie zweimal
am Tag, um mir eine ganze Batterie kunterbunter Pillen zu bringen. Sie
verabreichte außerdem Salbe gegen Fußpilz, kontrollierte Zähne, die von diesem
Drogenzeug Crystal Meth angefault waren, und erledigte alles andere, was nicht
unbedingt einen Besuch in der Krankenstation erforderlich machte. Ich gestehe,
das eine oder andere Mal simuliert zu haben, nur damit Alma bei mir Fieber und
Blutdruck maß. Manchmal war sie wochenlang der einzige Mensch, der mich
berührte.
»Na«, sagte sie, als Aufseher Smythe sie
in meine Zelle ließ. »Wie ich höre, ist hier im Block ja ganz schön was los
gewesen. Erzählen Sie mir, was passiert ist?«
»Würde ich, wenn ich könnte«, sagte ich
und fügte dann mit einem Blick auf den Aufseher hinzu: »Oder vielleicht auch
nicht.«
»Ich weiß von nur einem Menschen, der
jemals Wasser in Wein verwandelt hat«, sagte sie, »und mein Pastor ist sich
ziemlich sicher, dass das nicht an diesem Montag in diesem Knast war.«
»Vielleicht kann Ihr Pastor bei Jesus ein
gutes Wort für uns einlegen, beim nächsten Mal hätten wir gern einen schönen,
vollmundigen Syrah.«
Alma lachte und steckte mir ein
Thermometer in den Mund. Über ihre Schulter hinweg betrachtete ich Aufseher
Smythe. Seine Augen waren rot gerändert, und statt aufzupassen, dass ich nichts
Dummes anstellte, starrte er geistesabwesend an die Wand hinter meinem Kopf.
Das Thermometer piepte. »Sie haben immer
noch Fieber.«
»Erzählen Sie mir was Neues«, erwiderte
ich. Ich spürte, wie sich Blut unter meiner Zunge sammelte, Folge der Entzündungen,
die zu dieser furchtbaren Krankheit dazugehörten. »Nehmen Sie die Medikamente?«
Ich zuckte mit den Achseln. »Sie sehen
doch jeden Tag, wie ich sie mir in den Mund stecke, oder?«
Alma wusste, dass es ebenso viele
Methoden gab, sich im Knast das Leben zu nehmen, wie es Häftlinge gab. »Nicht,
dass Sie mir hier den Löffel abgeben, Jupiter«, sagte sie und tupfte etwas Zähflüssiges
auf den roten Fleck auf meiner Stirn, der mir den Spitznamen eingebracht
hatte. »Wer soll mir denn sonst erzählen, was ich bei General Hospital verpaßt
hab?«
»Das ist ein ziemlich läppischer Grund,
um weiter auf Erden zu weilen.«
»Ich hab schon schlechtere gehört.« Alma
drehte sich zu Aufseher Smythe um. »Ich bin hier fertig.«
Sie ging, und die Zellentür schloss sich
wieder mit einem Geräusch, als würden Metallzähne knirschen. »Shay«, rief ich.
»Bist du wach?«
»Jetzt ja.«
»Halt dir lieber die Ohren zu«, riet ich
ihm.
Ehe Shay fragen konnte, warum, ließ
Calloway die gleiche Schimpfkanonade vom Stapel wie immer, wenn Alma versuchte,
sich ihm zu nähern. »Mach, dass du wegkommst, du Niggerschlampe«, brüllte er.
»Ich schwöre bei Gott, ich mach dich kalt, wenn du mich auch nur anfaßt -«
Aufseher Smythe drückte ihn gegen die
Zellenwand. »Menschenskind, Reece«, sagte er. »Müssen wir uns das Gezeter denn
bei jedem verdammten Pflaster anhören?«
»Allerdings, wenn das schwarze Miststück
es mir aufkleben will.«
Calloway saß ein, weil er vor sieben
Jahren eine Synagoge niedergebrannt hatte. Er hatte schwere Verbrennungen an
den Armen abbekommen, was größere Hauttransplantationen erforderlich gemacht
hatte, doch in seinen Augen war die Mission dennoch ein
Weitere Kostenlose Bücher