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Das Herz ist ein einsamer Jäger (German Edition)

Das Herz ist ein einsamer Jäger (German Edition)

Titel: Das Herz ist ein einsamer Jäger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carson McCullers
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sich schüchtern gegen die Wand, Highboy trat vor und verbeugte sich förmlich. »Ich habe schon so viel von Ihnen gehört«, sagte er. »Freut mich sehr, Ihre Bekanntschaft zu machen.«
    Portia und Doktor Copeland holten Stühle aus der Diele, und die vier setzten sich an den Herd. Alle fühlten sich unwohl, und keiner sagte ein Wort. Willie sah sich nervös im Zimmer um – die Bücher auf dem Küchentisch, das Spülbecken, das schmale Bett an der Wand, der Vater. Highboy zupfte grinsend an seinem Schlips herum. Doktor Copeland schien etwas sagen zu wollen, aber dann fuhr er sich doch nur mit der Zunge über die Lippen und schwieg weiter.
    »Willie, du hast sehr schön auf deiner Harmonika gespielt«, sagte Portia endlich. »Du und Highboy, ihr seht so aus, als wenn ihr bei jemand in die Ginflasche gefallen seid.«
    »Nein, Ma’am«, sagte Highboy sehr höflich. »Wir haben nichts getrunken seit Samstag. Wir haben bloß beim Hufeisenwerfen sehr viel Spaß gehabt.«
    Doktor Copeland sagte immer noch nichts; die anderen schauten ihn erwartungsvoll an. Die Küche war eng, und die Stille machte alle nervös.
    »Ich hab es wirklich schwer mit den Anzügen von den beiden da«, sagte Portia. »Ich wasch die weißen Anzüge jeden Samstag, und ich bügle sie zweimal die Woche. Und jetzt – sieh dir das an! Und das, obwohl sie sie nur nach der Arbeit tragen. Aber nach zwei Tagen sind sie wieder pechrabenschwarz. Ich hab die Hosen erst gestern Abend geplättet, und jetzt – keine Spur mehr von irgendeiner Bügelfalte!«
    Doktor Copeland schwieg noch immer. Er hielt den Blick auf das Gesicht seines Sohnes gerichtet. Als Willie das merkte, biss er sich in die plumpen, rissigen Finger und starrte auf seine Füße. Doktor Copeland fühlte seinen Puls in Händen und Schläfen hämmern. Er hustete und presste die Faust an die Brust. Er wollte mit seinem Sohn sprechen, aber es fiel ihm nichts ein. Die alte Bitterkeit stieg in ihm auf, aber es war ihm unmöglich, sie wie sonst zu unterdrücken. Sein Puls raste, er konnte keinen Gedanken fassen. Alle sahen ihn an; die Stille wurde unerträglich: Er musste sprechen.
    Seine Stimme war sehr hoch und klang fremd in seinen Ohren: »William, ich wüsste gern, wie viel du von dem behalten hast, was ich dir als Kind beigebracht habe.«
    »Ich weiß nicht, was du m-m-meinst«, sagte Willie.
    Bevor Doktor Copeland wusste, was er sagen wollte, war es schon heraus: »Ich meine, dass ich dir, Hamilton und Karl Marx alles mitgegeben habe, was in mir war. All mein Vertrauen und meine Hoffnung habe ich in euch gesetzt. Und dafür ernte ich nichts als Unkenntnis, Trägheit und Gleichgültigkeit. Keine meiner Anstrengungen hat Früchte getragen. Alles ist mir genommen. Alles, was ich versucht habe…«
    »Sei doch ruhig!«, sagte Portia. »Vater, du hast versprochen, nicht mehr zu streiten. Das ist ja verrückt. Das geht einfach nicht, dass wir uns immer streiten.«
    Portia stand auf und ging zur Haustür. Willie und Highboy folgten ihr rasch. Doktor Copeland ging als Letzter hinaus.
    Sie standen im Dunkeln vor der Haustür. Doktor Copeland versuchte zu sprechen, aber seine Stimme schien in seinem Inneren verlorengegangen zu sein. Willie, Portia und Highboy standen dicht beieinander.
    Portia hatte einen Arm um ihren Mann und ihren Bruder gelegt, den anderen streckte sie Doktor Copeland entgegen. »Wir müssen uns wieder versöhnen, bevor wir gehn. Ich halte diese Streitereien zwischen uns nicht mehr aus. Wir wollen uns nie wieder streiten.«
    Wortlos reichte Doktor Copeland den beiden Männern die Hand. »Es tut mir leid«, sagte er.
    »Ist schon in Ordnung«, sagte Highboy höflich.
    »Für mich auch«, murmelte Willie.
    Ihre drei Hände fest umschlossen, sagte Portia: »Das geht nicht, dass wir uns immer streiten.«
    Sie verabschiedeten sich, und Doktor Copeland blickte ihnen nach, wie sie zusammen die Straße hinuntergingen. Ihre Schritte klangen verloren. Er fühlte sich müde und matt. Als sie einen Block weiter waren, begann Willie wieder Mundharmonika zu spielen. Eine leere, traurige Musik.
    Doktor Copeland blieb auf der Veranda stehen, bis nichts mehr von ihnen zu sehen und zu hören war. Dann löschte er das Licht im Haus und setzte sich im Dunkeln an den Herd. Aber der Friede wollte nicht kommen. Er mochte nicht mehr an Hamilton, Karl Marx und William denken. Jedes Wort, das Portia zu ihm gesagt hatte, schrillte laut und hart in ihm wider. Abrupt stand er auf und drehte das Licht wieder

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