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Das Herz ist eine miese Gegend

Das Herz ist eine miese Gegend

Titel: Das Herz ist eine miese Gegend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thommie Bayer
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hatte kein Wort gesagt. Die Stimmung war angespannt, und er wußte, daß etwas Gefährliches passierte.
    »Ich hab noch nicht mal Geld dabei«, sagte jetzt Sabine. Ihre Stimme war fast tonlos; den Kopf hielt sie in den Händen, hatte das Gesicht darin vergraben, und einzelne Haarbüschel ragten zwischen den gespreizten Fingern hervor.
    »Du kannst nicht mehr nach Hause und nicht mehr zu mir. Wir sind einen Tag zu spät dran«, sagte Paul.
    »Sie kann in meinem Zimmer schlafen«, sagte Giovanni, und beide nachtgrauen Köpfe drehten sich zu ihm her, als sei er ein Lichtblick.
    »Das ist gefährlich für dich«, sagte Paul leise, »sehr gefährlich.«
    »Erklär’s mir doch, Paul, ich sitz ja eh schon mittendrin.«
    »Das ist ja die Katastrophe.« Paul suchte nach Worten. »Weißt du . es ist . man will .«
    »Laß mich», unterbrach Sabine und legte ihm die Hand auf den Arm. »Ich bin verheiratet mit Jürgen Kunolt. Sagt dir der Name was?«
    »Das ist unser hiesiges Baader-Meinhof-Mitglied?« Giovanni erschrak, aber gleichzeitig fühlte er eine fiebrige Euphorie. Er war hart an der Wirklichkeit. Ganz hart. Oder gar mittendrin.
    »Nicht das einzige«, sagte Sabine, »aber der erste bekannte hier. Hör zu, es ist kompliziert. Ich gehöre nicht dazu, habe ihm aber geholfen, weil er mein Mann ist. Wir sind schon lange getrennt, aber ich weiß Sachen von ihm, die ich besser nicht wüßte. Wenn ich aussage, kriegen sie ihn vielleicht. Undjetzt kommt das Komplizierte an der ganzen Sache ...«
    Paul hatte eine Zigarette angezündet, die er ihr nun zwischen die Lippen schob. »Ich hab Angst, dich da mit reinzuziehen, Giovanni«, sagte er.
    »Bin schon drin«, antwortete Giovanni, stolz auf seinen Platz in dieser Geschichte.
    »Also«, fuhr Sabine fort, »die Bullen halten mich nicht für ein Mitglied der RAF, aber sie suchen mich seit gestern als Zeugin. Das weiß ich von einem ehemaligen Freund meines Bruders, der bei der Staatsanwaltschaft ist. Vergiß das gleich wieder, ich bin bescheuert, dir das alles zu erzählen. Das Wichtigste: ich muß weg. Ich kann nicht aussagen gegen Jürgen, das bring ich nicht fertig. Ich kann auch nicht in den Knast, ich weiß nicht, was ich tue, wenn ich drin bin. Außerdem hab ich Angst vor Jürgens Freunden. Die können sich ja denken, was ich weiß, und haben allen Grund, mich sozusagen zum Schweigen zu bringen. Ich hab Angst vor denen. Inzwischen trau ich denen alles zu. Ich muß weg. Jetzt komm ich noch raus, bevor sie die Fahndung nach mir einleiten. Morgen kann es schon zu spät sein.«
    »Also«, sagte Giovanni, »du kannst in meinem Zimmer schlafen, und wir gehen aus dem Haus, bevor meine Eltern aufstehen. Das ist völlig ungefährlich.«
    »Könntest du denn morgen den Kurier spielen?« fragte Paul. »Sie braucht noch Geld, und mich scheinen sie ja schon zu beobachten.« - »Natürlich.«
    »Also komm kurz nach neun in mein Büro im Institut, dann hab ich Geld, und Sabine kann fahren.«
    Er startete den Wagen, und sie fuhren los. Ein paar Häuser von Giovannis Elternhaus entfernt hielt er an und Giovanni stieg aus, um die beiden allein zu lassen. Es dauerte nicht lange, bis auch Sabine ausstieg und sagte: »Gehn wir.«
    »Du bist ja schon erwachsen«, flüsterte Giovanni ihr auf der Treppe zu. »Bei euch hieß das vielleicht noch sturmfreie Bude.«
    »Nein, nein«, lachte sie leise, »so erwachsen bin ich auch noch nicht. So hieß das bei meinen Eltern.«
    Er nahm sich eine Decke aus dem Schrank, zeigte ihr die Dusche nebenan und verzog sich in die leere Gästewohnung, wo er sich auf das unbezogene Bett legte. Den Wecker plazierte er neben sich, stellte ihn auf sechs Uhr und hoffte einzuschlafen.
    Noch bevor der Wecker klingeln konnte, drückte Giovanni den Knopf an der Oberseite, stand auf und zog sich an. Sabine schlief, als er leise die Tür öffnete, aber kaum hatte er ihren Namen geflüstert, schnellte ihr Oberkörper hoch, und sie sah mit wachen Augen her. Er wartete vor der Haustür, bis sie geduscht und angezogen sein würde, und zündete sich eine Zigarette an. Die schmeckte scheußlich, doch er rauchte sie zu Ende.
    Es war Viertel nach sechs, als Sabine herauskam, und sie gingen einfach zu Fuß in die Stadt, um einen Teil der Zeit bis neun Uhr totzuschlagen.
    »Was wirst du machen?« fragte Giovanni, aber noch bevor sie antworten konnte, wurde ihm bewußt, daß sie nichts sagen würde. »Schon klar«, sagte er, »hoffentlich kannst du bald wieder zurück.«
    Statt dessen

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