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Das Herz ist eine miese Gegend

Das Herz ist eine miese Gegend

Titel: Das Herz ist eine miese Gegend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thommie Bayer
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egal. Einmal allerdings war es wie ein Gürtel um die Brust gewesen, als er »First Cut Is the Deepest« zum ersten Mal hörte. Aber da war es nicht die Musik, sondern ganz allein die Zeile. Und das Weinen war nicht ohne Augen.
    Vielleicht ist ja Rod Stewart ihr Nachbar, dachte er jetzt, und sie bittet ihn auf jeder Party, diesen Song für sie zu singen, und denkt an mich und fragt sich, wieso ich mich nie gemeldet habe. Ach was, unterbrach er sich und zog sich aus dabei. Blödsinn, Kitschfilm, Schnulze. Ich denke das nur, weil zu Hause niemand wartet. Und weil ich mich nach Jahren getraut habe, Stefan diesen Linda-Text zu zeigen. Bin selber schuld, wenn es mich wieder einholt. Morgen ist es weg. Und morgen wird gesungen. Und nicht geschnulzt.
    Tatsächlich klappte das Singen am nächsten Tag so gut, daß schon am Abend die letzten vier Songs fertig waren. Sie tranken Sekt auf Giovannis Zimmer und genossen die Euphorie, die sich immer so kurz vor der Fertigstellung einer Platte, nach Abschluß aller Aufnahmen, einstellte.
    Noch waren die Songs nicht gemischt, aber das letzte Wort der Musiker war gesprochen. Was jetzt noch kam, war die Arbeit des Toningenieurs, des Produzenten und Stefans, ein letzter Schliff, der nur von der Qualität des Aufgenommenen profitieren, sie aber nicht mehr beeinflussen konnte. Was man jetzt nicht geschafft hatte, würde man mit dieser Platte auch nicht mehr schaffen.
    In dieses lässige Wohlgefühl des Professionellen, in diese aus Hoffnung auf Erfolg und Stolz auf Eigenes gemischte Stimmung dudelte plötzlich das Telefon, und eine verschlafene Stimme sagte: »Herr Burgat, entschuldigen Sie die späte Störung, aber ist Herr Moninger zufällig bei Ihnen? Ich hab hier seine Frau am Telefon.«
    »Ja«, sagte Giovanni erschrocken und gab Stefan den Hörer.
    Obwohl er sich mit Maja nie so recht verstanden hatte, schämte er sich doch, Mitwisser von Stefans und Karens Tourneeliebschaft zu sein. Karen schien das bemerkt zu haben, denn sie hielt eine freundliche, aber sichere Distanz zu ihm. Sie respektierte sein Loyalitätsproblem und zog ihn nicht auf ihre Seite.
    »Ja«, sagte Stefan jetzt in den Hörer und war bleich wie die Bettwäsche. »Wir sind schon früher fertig heut. Ich bin bei Giovanni und seiner Freundin. Ihr nehmt die Abfahrt Kamen Mitte und dann Richtung Zentrum bis zum Marktplatz. Nicht zu verfehlen. Ich versuch noch ein Zimmer für Carlo zu kriegen. Bis gleich.«
    »Schnell«, sagte er atemlos, als der Hörer wieder auflag, »Zimmer tauschen!« Er nahm Giovannis Koffer, offen, wie er war, und rannte damit nach nebenan. Auch Karen reagierte, nach einem kurzen Blick in Giovannis Augen, und hastete ins Bad, nahm wahllos Zahnbürste, Necessaire und Rasierwasser, alles, was sie zusammenraffen konnte, um es nebenan gegen die entsprechenden Utensilien aus Stefans Besitz zu tauschen.
    Nach drei, vier Minuten war der Wechsel perfekt, und Giovanni nahm den Gauguin von der Wand. Als die häßliche Badende von Renoir an ihrem alten Platz hing, sagte er: »Wie willst du das Hotelpersonal am Verplappern hindern?«
    »Weiß nicht - Geld«, sagte Stefan noch immer atemlos und ging zur Tür. »Wir sind mitten in einer Party, bitte helft mir jetzt.« Und zu Karen gewandt: »Entschuldige bitte.«
    Karen schwieg.
    Giovanni warf sich aufs Bett. War das Stefans oder Karens? Auf keinen Fall würde er in Stefans Bett schlafen. »Stehst du das durch?« fragte er sie.
    »Ja«, antwortete sie und biß sich auf die Unterlippe. »Aber den Preis weiß ich noch nicht.«
    Welchen Preis meinte sie? Den Preis, den Stefan, oder den, den sie selbst zu zahlen hätte? Vielleicht beide, dachte Giovanni und hörte schon Geräusche auf der Treppe.
    Er war noch so schlau gewesen, den vollen Aschenbecher aus seinem Zimmer zu holen und dort die Fenster aufzureißen. Sie rauchten alle drei, und einem mißtrauischen Auge hätten die leeren Aschenbecher alles verraten. Majas Bruder Carlo schaute auch etwas unsicher drein, als die drei das Zimmer betraten.
    »Wir wollten euch überraschen«, sagte er, aber es klang, als hielte er das jetzt nicht mehr für eine so gute Idee. Wußte er was? Nicht mein Problem, dachte Giovanni, soll Stefan selber ausbaden. Ich spiele hier nur Theater. Wider Willen. In seinem Stück.
    Er küßte Maja und spürte wie immer, daß sie ihn nicht leiden konnte. So war es immer gewesen. Von Anfang an. Schon bald hatte er sich abgewöhnt, bei den beiden zu übernachten, wenn er in Hamburg war. Er ging

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