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Das Herz ist eine miese Gegend

Das Herz ist eine miese Gegend

Titel: Das Herz ist eine miese Gegend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thommie Bayer
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lieber ins Hotel oder zu Freunden. Was hatte sie nur gegen ihn? War es eine Art Eifersucht, das Gefühl, daß er Stefan wegzöge von ihr, hinaus auf die Bühne, wo ihn all diese Mädchen anhimmelten? Oder hatte sie ihn in Verdacht, gelegentlich genau das für Stefan zu tun, was erjetzt eben tat? Na, wenigstens war ihre Abneigung mal gerechtfertigt. Frech küßte er Karen lange auf den Mund.
    Das ist ein Lubitsch-Film, ging ihm durch den Kopf, als er feststellte, daß er das Theater genoß. Ihm gefiel Stefans unsicher-lässiger Blick. Auch Karen, die den Kuß nicht nur geschehen ließ, sondern erwiderte, schien sich in Richtung Vertauschungskomödie orientiert zu haben, denn sie kuschelte sich danach eng in seinen
    Arm und hielt ihr leeres Glas auffordernd in Stefans Reichweite.
    »Wir haben nämlich eine gute Nachricht«, sagte Maja jetzt, »du bist für den Schallplattenpreis nominiert.«
    »War ja geil«, sagte Stefan matt und griff nach der Sektflasche, um Karen nachzuschenken.
    Maja beschrieb den Stau, in dem sie noch eben gesteckt hatten, erzählte von ihrer Schwester und einem Streit zweier Freunde. Von Musik, gar von der neuen Platte, sprach sie nicht. Noch je, wenn die Sprache daraufgekommen war, hatte sie sich gelangweilt gezeigt.
    Spät genug, so daß es nicht feige wirken konnte, warf Giovanni die drei hinaus. »Ihr könnt ja bei dir drüben weitermachen«, sagte er zu Stefan, »ich fall um.« Er riß das Fenster auf.
    Pfeifend stieß Karen ihren Atem durch die Zähne. »Ich weiß nicht, wie ich mich fühle. Frag mich bloß nicht.«
    Genau das hatte er eben tun wollen. Sie stand am offenen Fenster und hatte beide Hände in ihrem dunkelbraunen Haar vergraben. Sie strahlte Kraft aus, so wie sie dastand und sich nach draußen streckte.
    Giovanni nahm den Aschenbecher mit ins Bad und schüttete seinen Inhalt ins Klo. Er warf sich Wasser ins Gesicht und putzte die Zähne. Er fühlte sich hellwach und wunderbar. Karen kam ins Bad, ließ Wasser in die Wanne ein und zog sich aus. Sie prüfte nicht, ob der Einfallswinkel seines Blickes im Spiegel den Ausfallswinkel zu ihrem Körper herstellte, und schien auch nicht auf das mit einem Mal viel gründlichere Bürsten seiner Zähne zu achten. Sie prüfte das Wasser mit der Zehenspitze und stieg hinein.
    »Komm«, sagte sie, »du paßt auch noch rein.«
    Er drehte den Kopf und sah hin zu ihr. Er wollte nicht verlegen werden, merkte aber, daß sein Blick sich nirgends festhielt. Nicht in ihren Augen und nicht auf ihrem Körper, den sie völlig unbefangen, als könne das nichts Neues für Giovanni sein, darbot.
    »Da müßtest du aber über eine vorübergehende Zusatzextremität an mir hinwegsehen.«
    »Wieso hinwegsehen?« Sie lachte frech. »Ich könnte mich doch auch dafür interessieren!«
    »Ja, könntest du auch.«
    Natürlich war da ein falscher Ton in der kecken Melodie dieses Wortwechsels, und natürlich hatten sie beide diesen Ton gehört. Aber es war auch so, daß sie sich jetzt aufeinander angewiesen wußten, denn sie waren beide durch Majas Besuch in eine Lage geraten, aus der es nur Auswege gab, die das Dilemma verschlimmerten. Auswege, die sie nicht mehr voneinander entfernen würden. Nach draußen ging es nur noch gemeinsam oder durch den anderen hindurch. Fragte sich, was besser war oder wo der Unterschied lag.
    »Aber Stefan ist mein Freund«, sagte Giovanni jetzt.
    »Oh, meiner auch.« Karen stellte das Wasser ab. Es reichte ihr bis über den Bauchnabel.
    Eigentlich stimmte das nicht. Stefan war nicht Giovannis Freund. Nicht wirklich. Sie waren Kollegen und hatten gelernt, miteinander umzugehen, aber Freundschaft war das nicht. Weder erzählten sie einander geheime Dinge, noch sorgten sie sich darum, wo der andere blieb. Da war einfach eine Routine zwischen ihnen, die es möglich machte, ohne große Reibungsverluste miteinander zu arbeiten, ein Respekt vor den Fähigkeiten des anderen und eine oberflächliche Kenntnis seiner Stärken. Schwächen und Leidenschaften. Das war alles. Zu eng waren sie miteinander verquickt; zu nahe lag es, bei Erfolgen am Gewicht des eigenen Anteils zu zweifeln, und zu groß war die Verlockung, einen Mißerfolg dem anderen zuzuschreiben. Es war ein bißchen so wie in dem Film »Bomber und Paganini«, der Blinde konnte nicht ohne den Lahmen und der Lahme nicht ohne den Blinden, und das gegenseitige Mißtrauen war dadurch garantiert.
    Mittlerweile hatte sich Giovanni ausgezogen und war ungelenk mit seiner sperrigen Erektion in

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