Das Herz kennt die Wahrheit
Whit." Eine leichte Röte stieg ihr in die Wangen, da sie Gryfs Blicke spürte. Plötzlich war sie froh, dass sie sich die Zeit genommen hatte, die Kleidung zu wechseln.
"Aber warum habt ihr Euch so angezogen?"
"Damit die braven Leute in diesem Dorf nicht empört sind. Ich glaube nicht, dass sie jemals zuvor eine Frau in Männerhosen gesehen haben."
Der Bursche kicherte. "Ich auch nicht. Ihr seid die erste Frau."
"Bin ich das?" Jetzt musste auch sie lachen. "Dann solltest du meine Schwestern kennen lernen."
"Ihr habt noch Schwestern? Wie heißen sie?"
Gryf war froh, dass der Junge diese Fragen stellte, denn er war genauso begierig auf die Antworten wie er. Es war offensichtlich, dass Darcy viel unbekümmerter über sich selbst sprach, wenn sie dachte, nur Whit würde zuhören.
"Meine Schwestern heißen Ambrosia und Bethany." Als sie die Namen aussprach, wurde ihre Stimme weicher, und sie merkte, wie sehr sie ihre Geschwister vermisste. "Ambrosia ist die Älteste. Sie ist mit einem Captain verheiratet, Riordan Spencer. Dann kommt Bethany; sie ist mit Kane Preston vermählt, dem Earl of Alsmeeth."
"Ein Earl?" Der Junge schien tief beeindruckt zu sein. "Lebt sie in einem großen Haus mit vielen Dienern?"
"Ja. Aber deswegen hat sie ihn nicht geheiratet. Es war eine Liebesheirat."
Gryf bemerkte ihren sehnsuchtsvollen Tonfall und war überrascht, dass es ihn berührte.
"Haben Eure Schwestern auch das Kommando über ein Schiff?" fragte der Junge.
"Ja. Wir sind abwechselnd Captain auf der 'Undaunted'."
"Können sie so kämpfen wie Ihr?"
Darcy lachte. "Sie sind wilder als ein Pirat. Ambrosia ist groß genug, um den Säbel führen zu können. Bethany kann sehr gut mit einem Paar Duellpistolen umgehen." Sie berührte den Knauf ihres Messers an ihrem Gürtel. "Das ist meine Waffe. Als ich so alt war wie du, Whit, konnte ich ein einzelnes Blatt mit der Klinge vom Baum holen."
Der Junge wandte sich Newton zu. "Stimmt das wirklich? Oder macht sie nur Spaß?"
Der alte Mann nickte. "Das ist die Wahrheit, Junge. Keiner in unserem kleinen Dorf wollte sich mit den Lambert-Schwestern anlegen. Nichts liebten sie mehr als eine gute Rauferei. Manch einen kühnen Burschen haben sie verängstigt zu seinem Papa nach Hause geschickt."
Gryf konnte sich eines Lächelns nicht erwehren, als er sich vorstellte, dass die Jungen aus dem Dorf mit Tränen in den Augen von einem zierlichen blonden Dämon nach Hause gejagt wurden. Hätte er ihre Fähigkeiten und ihre Furchtlosigkeit nicht selbst gesehen, wären ihm vermutlich auch Zweifel gekommen.
Als das Boot am Kai anlegte, warf ein Seemann Gryf ein Tau zu, mit dem er das Boot sicherte. Bevor der Mann ihr eine Hand anbieten konnte, hatte Darcy bereits die Röcke gerafft und war aus dem Boot gesprungen.
Sie drehte sich um, als Whit hinter ihr an Land stieg. "Willkommen in Schottland, Junge."
"Schottland. Wer hätte das gedacht? Vor Wochen glaubte ich noch, den nächsten Morgen nicht mehr zu erleben. Und jetzt bin ich in Schottland."
Der Junge überraschte sie, als er ihre Hand ergriff. Sie schaute auf die Finger, die sich um die ihren schlossen. In seiner Geste lag so viel Zutrauen, dass sie in ihrem Herzen eine tiefe Zuneigung zu dem Burschen empfand. Es musste Whit schwer fallen, jemandem zu vertrauen, und daher war seine Geste umso erstaunlicher.
"Glaubt Ihr, wir können uns das ganze Dorf vor Anbruch der Dunkelheit ansehen, Captain?"
Sie drückte seine Hand. "Das glaube ich kaum. Aber es gibt auch gewiss nicht allzu viel zu sehen. Für gewöhnlich gleicht ein Fischerdorf dem anderen. Lass uns versuchen, so viel wie möglich anzuschauen."
"Aye." Er drehte sich zu Gryf um, der ein paar Schritte hinter ihnen ging. "Beeile dich. Der halbe Tag ist schon rum. Wir müssen schon bald wieder zum Schiff zurück."
Darcy wandte sich Newton zu. "Kommst du mit uns?"
Der alte Seemann schüttelte den Kopf. "Nein, Mädchen. Ich werde mit den Männern ein Ale in der Schenke trinken." Er sah Gryf geradewegs in die Augen. "Das Boot legt bei Sonnenuntergang ab. Ich erwarte von Euch, dass Ihr pünktlich seid."
"Wir werden da sein." Gryf ging neben Whit und ließ dem Jungen absichtlich den Platz zwischen sich und Darcy. Er konnte förmlich spüren, dass der alte Mann sie beobachtete; vermutlich machte er sich Sorgen, das Mädchen für einige Stunden nicht in seiner Obhut zu wissen.
"Wo gehen wir zuerst hin, Gryf?" fragte Whit.
"Lass uns einfach ins Dorf gehen, bevor wir uns entscheiden." Er
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