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Das Herz meines Feindes

Das Herz meines Feindes

Titel: Das Herz meines Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rexanne Becnel
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das zu be merken. Mit geschickten Händen leerte sie die Tasche, die diese schlimme Situation in Gang gesetzt hatte. Außer dem Bündel Papiere, das er auf das Bett gelegt hatte, gab es nur noch die üblichen Gepäckstücke eines Mannes. Zwei Hem den, Beinlinge zum Wechseln, Schnürschuhe und die dazugehörigen Schnüre und drei hübsche Tuniken.
    Sie wählte eine eisengraue Tunika, die aus einer seltenen Seidenart gewoben war, welche sie bis zu diesem Tag nur einmal gesehen hatte. Sie war von Silberfäden durchzogen, die sie im Licht schimmern ließen, und sie konnte nicht wi derstehen und ließ ihre Hand leicht darüber fahren.
    »Sie ist aus türkischer Seide. Ich habe das Gewand in der Türkei nähen lassen.«
    Lilliane warf ihm einen schrägen Blick zu. »Es ist eine wunde r schöne Arbeit«, gab sie leise zu.
    »Ich habe Truhen mit solchen Gewändern in meinen Wa gen.«
    Diese Bemerkung war ohne besondere Betonung gemacht worden. Doch Lilliane fühlte sofort, dass er mit diesen Wor ten mehr sagte. Seine Augen waren nicht länger geschlossen, sondern hatten sich auf sie geheftet. Glaubte er, ein armes Dienstmädchen mit einer Elle feinen Stoffes betören zu kön nen? Sie war nicht sicher, und sein Gesicht war ausdrucks los.
    Als sie nicht antwortete, hievte er sich in Sitzpos i tion, sei ne Arrne ruhten auf seinen gebeugten Knien.
    »Ich besitze Juwelen, Gewürze, Parfüms.« Er ließ Wasser auf seine Brust klatschen und rieb mit der Hand langsam über das nasse, lockige Haar. »Teppiche, Wandbehänge. Sel tene Pelze.« Er fuhr zu sprechen fort, aber Lilliane schenkte seinen Worten keine Beachtung. Sie war zu fasziniert von der geistesabwesenden Bewegung seiner Hände. Sie bewegten sich immer wieder in beruhigenden Kreisen, während er sich wusch. Ihre Augen glitten flüchtig über den gebräunten Oberkörper, der aus dem leicht dampfenden Wasser ragte.
    Trotz der unbesiegbaren Pose, die er vorher ang e nommen hatte, als er so arrogant in den Schlosshof geritten war, konn te sie deutlich erkennen, dass er schließlich doch nur ein Mann war. Sie hatte die hässliche Narbe bemerkt, die seine Stirn verunzierte und seiner Augenbraue eine geradezu teuf lische Schwingung verlieh. Sie hatte ihn auf merkwürdige Weise eher weniger menschlich erscheinen lassen. Aber die Narben, die sie jetzt sah, waren anders. Ein langer klaffender Schnitt zog sich über seine Brust von seinem Arm fast bis zur Kehle. Ein anderer kleiner Bogen verunzierte die weiche Haut seiner Seite. Doch am meisten wurde sie von der merk wü r digen, sich neigenden Narbe gefesselt, die an einer Schulter über den Rücken hinablief. Drei parallel verlaufende Narben, die sehr wahrscheinlich von ein paar großen Bä renklauen stammten.
    Unwillkürlich schauderte sie bei dem Gedanken, wie die gebogenen Krallen eines wilden Tieres sich auf das warme Fleisch legten und es aufrissen. Sie spürte, wie seine Augen auf ihr ruhten, und sie hob zögernd die Augen, um seinem Blick zu begegnen. Sein Gesicht war leicht zynisch und seine Stimme klang beißend. »Also sag mir, wird deine behütete Herrin von den ehrlichen Narben, die ich trage, abgestoßen sein? Wird auch sie voller Furcht bei ihrem Anblick erzit tern?«
    Lilliane konnte ihm nicht antworten, denn sie spürte nur eine merkwürdige Verwirrung. Wenn sie ehrlich war, musste sie zugeben, dass – ja – Lady Lilliane of Orrick tatsächlich aus Angst vor ihm und seinem harten, kriegsgezeichneten Kör per erzittern würde – dass sie es ja tatsächlich tat. Aber es war keineswegs Abscheu vor den Narben, was sie so sehr bewegte. Sie konnte nicht genau sagen, was es war, aber er hatte etwas an sich, das all ihre Sinne in Habtach t stellung brachte. Wie das arme Opfer eines Raubvogels wusste sie, dass sie darauf achten musste, nicht einen falschen Schritt zu tun, sonst würde er sie bald in seinem gnadenlosen Griff haben. Ob Magd oder Lady, er war eine Gefahr für sie, welche Rolle sie auch spielte.
    Als sie weiterhin schwieg, schnaubte er vor Abscheu. Dann deutete er auf den hölzernen Eimer. »Begieße mich gründlich. Lady Lilliane erwartet mich.«
    Ihre Hände zitterten, als sie den Wassereimer hochhob und ihn ohne Vorwarnung vollständig über ihm ausgoss. Das Wasser war eiskalt, so dass er überrascht in die Höhe sprang.
    Lilliane wich erschrocken zurück und wandte sofort die Augen ab. Mit einem Fluch stieg er aus dem Zuber und schlang sich ein Stück gebleichten Leinens um die Taille. Sie war sicher,

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